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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Schumacher, Fritz: Etwas vom Einrahmen
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https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0198

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Etwas vom Liiirahiiieii.

Dieses nicht mehr zu verwirklichende Ideal,
daß der Wandschmuck einem Raume fest und
unveränderlich angepaßt ist, müssen wir heut-
zutage auch da in gewisser Weise zu ersetzen
suchen, wo es sich nicht um die Schöpfung eines
Rahmens vom Künstler selber handelt, sondern
wo es gilt, ein vorhandenes Werk durch die
richtige Wahl eines im Handel vorhandenen
Rahmentypus abzuschließen; der Rahmen muß
dem Bilde eine Art Heimatrecht geben, er muß
es nicht nur in sich zum Abschluß bringen,
sondern er muß es auch von der Umgebung, in
der es sich befindet, isolieren. Diese beiden
Gesichtspunkte muß man im Auge haben, wenn
man in einem Einzclfall ein Bild zu rahmen hat.

Es ist natürlich, daß die Erfüllung dieser
Aufgabe beim selben Objekte unter verschiedenen
Außenbedingungen ganz verschieden erreicht
werden kann, und dadurch wird es in gewissem
Sinne zwecklos, darüber philosophieren zu
wollen, — der Geschmack läßt sich nicht auf
Flaschen ziehen. Wir müssen uns also darauf
beschränken, ganz bescheidentlich einige allgemeine
Gesichtspunkte zu berühren, von denen der ge-
schmackvolle Mensch wahrscheinlich sagen wird:
„Selbstverständlich!"; daß ihre Verkündigung
aber doch eine Daseinsberechtigung hat, em-
pfindet man mit einem gewissen Staunen immer
wieder, wenn man die Läden unserer Ein-
rahmungsgeschäfte — und zwar besonders die
eleganten — durchmustert und hier sieht, was
für „schön" gehalten wird.

Gott sei Dank sind die Zeiten ja im Ver-
schwinden, wo wir in einem eleganten Salon
einem Plüschrahmen, besonders bei miniatur-
artig durchgeführten Oelgemälden, kaum entgehen
konnten. Der Plüsch ist in jüngster Zeit, dank
England, überhaupt im Kurse gesunken, — in
Bezug auf jene Verwendung scheint man aber
doch allmählich zu fühlen, daß die Geschmack-
losigkeit schon in der bloßen Wahl des Material-
charaktcrs liegt; der Begriff des Einrahmenden,
Einfassenden ist mit dem Begriff eines Stoffes
nicht wohl vereinbar, — wir werden an den
Tapezier erinnert, und so bleibt der Eindruck
eiues unsoliden Aufputzes übrig, der den Wert
eines Kunstwerks herabdrückt. Auf gleicher Stufe
stehen alle jene sinnigen Verzierungen, die sich
in Gestalt von vergoldeten Bouquets und der-
gleichen kokett auf irgend einer Ecke von modernen
Rahmen umherzutreiben Pflegen. Ganz abgesehen
von ihrem eigenen künstlerischen Unwert, der
mit ihrem anspruchsvollen Auftreten in grellem
Kontrast steht, lenken sie die Aufmerksamkeit von
der Hauptsache ab und erschweren die Fähigkeit,
sich in die Welt des Bildes hineinzuversetzen,
Ivas doch Vorbedingung zu einem wirklichen
Kunstgenuß genannt werden muß. Ein Rahmen
muß also, wenn er nicht vom Künstler zum
erzählenden Teil seines Bildes miterhoben wird,
in erster Linie etwas Ruhiges haben; eine ge-
wisse systematische Wiederkehr des Ornamentalen,
sozusagen ein architektonisch gebundener Zug ist
 
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