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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Voll, Karl: Die Frühjahr-Ausstellungen der Münchener Secession und der Luitpoldgruppe
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https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0256

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IS?

Me FrühjHr-Ausftellungen der Münchener Secession und der Tnitpoldgruppe.

Non Or. Rarl Voll.


Februar sind die Frühjahr-
Ausstellungen der Secession
und der Luitpoldgruppe eröffnet
worden. Die erste enthält vor-
zugsweise die Arbeiten des jungen
Nachwuchses der Secession, wäh-
rend von den Führern nur Lud-
wig Dill erschienen ist. Am
meisten bemerkt wird, wie es
scheint, der Frankfurter Stein-
haufen, über den in diesem
Heft ausführlich gehandelt wird
und dem zwei Räume zur Ver-
fügung gestellt sind; außer-
dem aber auch Lugo, der mit
Steinhaufen und Thoma gleich-
es .w7 G°sch!ch.^°°n die Karlsruher Schule be-

Geburt unseres Herrn". Hat HkUtb, tvl) ^Hl)Ma

(Stuttgart, vereinsbuchtidlg). endlich zu Ehr und Würde ge-
langt ist, auch an dem Ruhm
teilnimmt, der seit wenigen Jahren die noch über-
lebenden Mitglieder der Schirmerschule für treues Aus-
harren belohnt; Böcklin gehört auch zu ihnen. Lugo,
der vielleicht am wenigsten sich den Wandlungen unserer
Kunst anbequemt hat, führt uns mit seinem zur Aus-
schmückung einer Villa bestimmten Bildercyklus noch
einmal in das alte vergessene Land der Romantik.

Die wilden Felsenklippen steigen wieder so fesselnd
und so unorganisch aus grünen Ebenen und schaurig ein-
samen Wäldern empor, Nymphen schlingen ihre freundigen
Reigen, kräftige Reiter ziehen gelassen ihres Weges,
lachende Landschaften dehnen sich weit vor uns und laden
ein zu Poetischen Wanderfahrten, wie sie in den Tagen
der Romantiker noch üblich waren. Auch jene metallisch
glänzende, bunte Farbe, die man die „schöne" nannte,
ist bei Lugo vorherrschend; sein treuer Sinn hält auch
immer mit Ueberzeugung an dem fest, was er als junger
Mann für recht erkannt hat.

Es mag diese Ueberzeugungstreue, die Freude am
Werk der eigenen Hand sein, die die verbindende Brücke
zwischen Lugo und den jungen Secessionisten bildet.
Derselbe unbefangene Sinn und dasselbe frische Empfinden
vereinigt sich bei ihnen mit einer vollständigeren, reiferen
Auffassung der Farbe und ihres formbildenden Charakters.
Jung wie sie sind, haben sie doch die Erfahrung der
vorausgehendcn Generationen als müheloses Erbe zum
Geschenk erhalten. Das oft überraschend hohe Maß von
Geschicklichkeit setzt mit Rücksicht auf ihre Jugend bei
manchen von ihnen in gerechtes Erstaunen. Vor allcm
ist Schramm-Zittau zu nennen, der berufenste unter
den Schülern des Tiermalers Zügel. Noch klebt ihm
vieles von der Schulweisheit an und einige Unselb-
ständigkeit läßt ihn in Wahl und Behandlung der Farben
und Themen allzu abhängig von seinem Lehrer erscheinen;
aber es steckt ein neues Element in seinen Arbeiten, das
ihn auf neue Wege führen will. Die Unmittelbarkeit
der Bewegungen seiner Tiere ist so verblüffend wahr
und so natürlich, daß er in diesem Punkte sein Vorbild
bereits übertrifft. Wenn bei Zügel die Tiere sich oft
etwas menschlich-bewußt bewegen, so gebärden sie sich bei

Schramm-Zittau einfach wie es Tiere thun. Das Treiben
der Hunde und des Geflügels wird von ihm viel freier
und ursprünglicher aufgefaßt; die Großartigkeit und Wucht
von Zügels Konzeption, die allerdings oft genug über
die Grenzen der Wahrheit und Glaublichkeit hinausging,
hat bei dem Schüler einer klaren Naivetät Platz gemacht.

Dills kleine Landschaften hängen still, aber viel
bewundert an einer schmalen Wand. Das Motiv ist der
unscheinbare, beliebig gewählte Ausschnitt aus irgend
einem Winkel des Dachauer Mooses, aber die eminent
feine Zusammenitimmung des zarten, liebenswürdig
empfundenen Tones machen sie — sobald sie nicht allein
auftreten — zu höchst erquickenden Kunstwerken. Sie
scheinen lauter zart verschwebender Duft zu sein; wie
viel Klarheit und Festigkeit ihnen aber eigen ist, sieht
man erst, wenn so verschwommene, haltlose Arbeiten wie
die der zahlreichen Nachahmer, z. B. von Emmi Walther
mit ihnen verglichen werden. Im gleichen Saale hängt
eine sehr bemerkenswerte Kollektion von kräftigen Land-
schastsskizzen Buttersacks. Viel lauter im Ton und
fetter in der Farbe halten sie sich doch sehr gut neben Dill,
ein Zeichen dafür, daß unsere Landschafter nicht im
Schlucken schottischer Rezepte ihr einziges Heil erwarten
brauchen, was ihnen so oft — und leider noch heute —
gepredigt wird.

Max Slevogt hat diesmal kein Figurenbild ein-
geschickt, aber ein Stilleben von entrückend silbergrauem
Ton und zwei Tierstücke, Wildhäher und ein toter Fuchs,
genügen, seinen außerordentlich reinen und kräftigen
Farbensinn zu bekunden. Die energische, zielbewußte
 
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