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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Voll, Karl: Die III. internationale Kunstausstellung in Venedig
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https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0358

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von vr. Karl voll.

27Y

zum eisernen Bestand jeder internationalen Ausstellung
zu gehören scheinen, so oft bin ich ihnen schon begegnet.

Wenn man von Einzelleistungen absieht, so präsentiert
sich der schottische Saal als der weitaus glücklichste. Selten
oder eigentlich nie findet man auf den großen Ausstellungen,
wo der Zufall und die Jntrigue doch so viel mitzureden
haben, einen Raum von so geschlossener und feiner
Wirkung. Die bekannten Namen Fulton, Guthrie,
Hamilton, Paterson, Stevenson, Edward Walton
kehren alle wieder, als stärkster und feinster zugleich er-
scheint aber Lavery mit dem geistvollen weißen Porträt
einer Herzogin, das durch die letzte Jahresausstelluug
der Münchener Secession in Deutschland bekannt geworden
ist; daneben bringt die Ausstellung nach ihrem Princip,
auch ältere interessante Werke lebender Künstler aufzu-
nehmen, einen Lavery aus der Mitte der achtziger Jahre,
Von schwerer reicher Pracht der Farbe.

Neben der feinfühligen poetischen Eleganz Schott-
lands, hält sich die wenig reizvolle, süßliche Sentimen-
talität der Engländer herzlich schlecht; selbst des berühmten
Watts unglückliche Rubensimitation, „Die Bacchantin",
giebt einen ungünstigen Begriff von englischer Kunstübung,
die mehr mit „tiefsinnigem" Inhalt und altmeisterlicher
Haltung arbeitet, als uns heutzutage lieb ist. Ganz
wunderlich aber sind Walter Cranes Schwanenjung-
frauen und sein allegorisches Bild: „Die Eroberer der
Welt". Wenn der Name des berühmten Künstlers einmal

)n der Kirche. Gustav Wendling pinx.

Deutsche Kunstausstellung, Dresden.

Nach der Arbeit. Josef Kowarzik kec.

Deutsche Kunstausstellung, Dresden.

im Munde der Zukunft weiterlebt, so wird er sich diese
Ehre kaum durch seine Gemälde erworben haben. Die
englische Abteilung birgt jedoch einige hervorragende Kunst-
werke, die freilich von Nicht-Engländern herrühren: einen
Brangwyn von einer bei diesem Maler ganz uner-
hörten Klarheit und Schürfe der Formen: Die drei
Weisen aus dem Morgenlande" und die entzückende
japanische Prinzessin von Whistler. Sie stammt aus
dem Jahre 1864, aber wirkt noch immer hochmodern
und schien dem Berichterstatter das unbedingt wertvollste
Gemälde der Ausstellung zu sein. Von ebenfalls über-
raschend moderner Wirkung ist die kleine Marine Whistlers
aus dem Jahre 1855. Diese beiden alten Arbeiten des
großen amerikanischen Künstlers werden uns erst heute in
ihrer ganzen Wichtigkeit und Bedeutung klar. Endlich ist
Whistlers Lehre durchgedrungen, für deren inneren Wert es
mir ein höchst beachtenswerter Beleg zu sein scheint, daß
Whistler auch heute sich als erster behauptet, wo er auftritt.

Bei den Bildhauern siegt Meuniers kräftiger
Stil über alle noch so gewandte Technik der Italiener.
Troubetzkoys Büsten, die sich neben ihm Wohl halten
könnten, waren, als Referent die Ausstellung sah, noch
nicht eingetroffen.

In so rascher Uebersicht war es nicht möglich, auf
alles Wichtige einzugehen; es möge darum noch eigens
gesagt sein, daß diese dritte internationale Ausstellung
Venedigs zu den besten gehört, die der Berichterstatter
bis jetzt im In- und Auslande gesehen hat.
 
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