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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 15.1899/​1900

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Rosenhagen, Hans: Die grosse Berliner Kunstausstellung 1900
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https://doi.org/10.11588/diglit.12046#0445

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-^-S=ö> GROSSE BERLINER KUNSTAUSSTELLUNG CÖs^p-

Altonaer Rathaus bestimmte Wandgemälde
von Ludwig Dettmann und eine kolossale
Leinwand des Belgiers E.mile Walters,
„Sobieski vor Wien" darin unterbrachte,
die durch ihre gegensätzliche künstlerische
Tendenz — hier Ton und Landschaft, dort
derbe dekorative Farbengebung und grosse
Figuren — sich einander um die Wirkung
bringen. Hierzu kommen noch ein grosses,
poltriges Bild von Eichstaedt, „Die Auf-
erweckung des Jünglings von Nain" und
eine „Schlacht bei Hohenfriedberg" von
Röchling, und die Stimmungslosigkeit
ist da.

Recht unvorsichtig ist man wieder einmal
mit der Bewilligung von Sonder-Ausstellungen
gewesen. Gari Melchers verdient gewiss
als tüchtiger und geschmackvoller Künstler
gerühmt zu werden. Seine Bilder zeugen
nach jeder Richtung hin für ein hervor-
ragendes Können und ernste Ziele, sogar
für Geschmack, aber sie wirken in grösserer
Zahl bei einander entschieden langweilig. Die
Temperamentslosigkeit des Künstlers, seine
hellen, aber kühlen Farben, die kalte Nord-

licht-Beleuchtung, unter der sich alles bei
ihm abspielt, ob es im Raum oder in der
freien Natur geschieht, geben seinen Werken
den Ausdruck des Berechneten und Ueber-
legten. Man muss sich der mathematischen
Richtigkeit seiner malerischen Aeusserungen
beugen; aber Logik macht in diesem Falle
nicht warm. Der Mangel an lebendiger
Empfindung auf Seiten des Künstlers wird
am meisten offenbar bei seinen religiösen
Kompositionen und seinen Akten"* und lässt
sich am leichtesten ertragen bei seinen Bild-
nissen, wo die Objektivität der Schilderung
als Tugend wirkt. Es ist nichts Begeistern-
des in dieser ruhigen, nüchternen Kunst,
und so fehlt dem melchers-Saal schliesslich
das beste. Von ähnlichem Schlage ist Hugo-
Vogel, nur dass er sehr viel weniger Per-
sönlichkeit besitzt als der Amerikaner und
auch nicht entfernt soviel kann. Für den
oberflächlichen Betrachter sieht sein Saal,
bis auf die darin befindlichen, malerisch
trockenen und unschönen fünf Wandbilder
für das Merseburger Ständehaus, amüsant
genug aus; denn in Vogels Bildern findet

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