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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 15.1899/​1900

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Voll, Karl: Die internationale Kunstausstellung 1900 der Münchener Secession, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12046#0503

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DER MÜNCHENER SECESSION

benno becker die bergstadt

Prasser doch in der ganzen Schrecklichkeit verlohnen würde, das fatale Wort „modern"
seines Elends gekennzeichnet. Diese Figur zu ersetzen durch „neuzeitlich", an dem bis
erregt wohl manchen Anstoss. Wenn es nun jetzt noch kein so fataler Beigeschmack haftet.
einmalnichtangeht,denschmutzigenSchweine- Die Landschaften sind wieder so vielseitig,
hirten als hellenischen Epheben zu malen - wie immer. Neben Benno Becker's Ideal-
was sich, wie es scheint, viele wünschen — landschaften, die meistens auf ein feines,
dann hätte er seine Blosse ja wohl durch ein freilich sehr dünnes Blau gestimmt sind (wir
mitleidiges Mäntelchen verdecken lassen kön- geben von ihnen obenstehend die „Bergstadt"),
nen. Gewiss aber mit ihr auch die ganze findetsich Karl HAiDER'snaive, durchaltertüm-
Kraft der Auffassung und die äusserst beredte liehe und leider veraltete Treuherzigkeit der
Bewegung der Figur. Wenn irgendwo das Empfindung und schwerfällig arbeitende Tech-
Nackte, selbst wenn es unschön wirkt, ästhe- nik ausgezeichnete „Abendlandschaft mit heim-
tisch notwendig ist, dann war es hier, wo jede kehrendem Ritter" (Abb. i. nächsten Hefte),
weitere Verhüllung einen Verlust an Leben und neben Kaiser's dekorativen und nicht sehr fest
Ausdruck bedeutet. Die Flügel zeigen links eine geschlossenen Landschaften (vergl. S. 491)
Orgie aus der Schlemmerzeit des verlorenen Leistikow's stilisierte Partie aus dem Grune-
Sohnes, die für die meisten nicht „anschaulich" wald (die auch im nächsten Hefte publiziert
genug sein wird und rechts den Verlassenen, werden wird). Das beste aber haben hier die
der in dunkler Scheune hockend über sein Franzosen und unter ihnen wieder Claude
selbstverschuldetes Missgeschick brütet: eine Monet geleistet. Sein „Heuschober bei unter-
Aktstudie von hohem malerischen Wert. gehender Sonne" ist von einer grossartigen
Diesem rein koloristischen Werke gegen- Schönheit der intensivsten Farbe, die sich nur
über treten die zarten tonigen Schöpfungen denken lässt. Man mag vielleicht über eine
der Dachauer, Dill, Hölzel, Landenberger gewisse Einseitigkeit klagen, die die Farbe
u. a. m. zur Seite als gefällige Folie dieser zum Schaden der präcisen Formgestaltung
eigentlich modernen Kunst, bei der es sich lallzusehr betont: aber das pikante und dabei

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