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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 9.1911

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Heft 2
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4706#0117

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ist, erinnerte man sich eines tonschönen, rötlich grauen,
Kuhbildes seines Lehrers, das ebenfalls bei Gurlitt
hing. Seyler ist, wie Zügel, ein Münchener, der ein
Holländer werden möchte, ist ein Anhänger dekorativer
Tonigkeit, der grau violette Stimmungen mit Raffine-
ment in silbrigen Rahmen zu fassen weiss und der sich
aus diesem Ateliergeschmack auch in die klare Natur
hinaussehnt. Es kann ihm gelingen, denn er hat ein
schönes Talent; es kann aber auch Münchener Paletten-
kunst bleiben. Seyler wird sich unzweideutig entschei-
den müssen; es wäre schade, wenn er sich falsch ent-
schiede. A. Liedtke zeigte ehrlich gemeinte Land-
schaften aus Potsdam. Aber alles sehr schwer und ma-
teriell. Liedtke ist von Ulrich Hübner, an den er von
fern erinnert, fast ebenso weit entfernt wie Dieser von
dem Landschafter Manet. Linde-Walther zeigte durch
seine neben den BildernSeylers hängendeKollektion, dass
die Berliner Schule zurzeit ein mittleres Talent wohlthä-
tiger zu beeinflussen vermag, als die Münchener Schule
es kann. Doch blickt man auch wieder nicht ohne Ent-
täuschung auf Linde-Walthers Produktion. Denn von
den Versprechungen seiner früheren Jahre hat dieser
Künstler immer noch nichts eingelöst. Der Belgier
Emile Claus endlich ist Maler mit einem schönen
Landschafrsempfinden, den das Prinzip heller im-
pressionistischerFarbigkeit aber noch nicht zur Un-
befangenheit kommen lässt. Was er malt, das ist
voller Poesie, wie er es malt, das ist voller
Methode. K. S.

GÖRLITZ
Der Berliner Bildhauer Richard Engelmann hat
für die Musikballe eine Brunnenfigur geschaffen,
die, als ein Werk architektonisch betonter Monu-
mentalplastik, den ganz wenigen vorzüglichen Er-
zeugnissen der modernenDenkmalskunst zugezählt
werden muss. Es ist eine jener öffentlichen Skulp-
turen, wie wir sie, um ihres aus lebendiger An-
schauung gewonnenen Stils und um ihrer innerhalb
dieser Stilsilhouette sich manifestierenden Lebens-
unmittelbarkeit willen, in Berlin zu besitzen
wünschten, und um die das provinzielle Görlitz von
den besten Kunstfreunden derReichshauptstadt be-
neidet wird. Was gewisse Kreise in Görlitz aber
nicht hindert, diesen plastisch schöner Frauen-
körper „schamlos und widerlich" zu finden. So
wenigstens drückte sich, als Sprecher für Mehrere,
ein Anonymus in einer Görlitzer Zeitung mit einer
bei solchen Gelegenheiten üblichen Idealistengri-
masse aus. Es scheint, dass solche Popularkritik
zum guten Kunstwerk heute gehört, wie der Neid
zum Glück. Darum darf solche Beschimpfung
vom rechten Künstler aber auch wie ein Orden
getragen werden.

K. S.

DRESDEN
Die Galerie Arnold brachte eine Ausstellung von fünf-
undzwanzig Gemälden Paul Gauguins, aus den verschie-
densten Zeiten seines Wirkens. Die Anfänge unter dem
Einfluss der Impressionisten zeigte der „Hafen" und die
vorsichtig, fast konventionell angefasste Gruppe der Bre-
toninnen von 1886; von der erstenFahrtnachMartinique
stammt der Christus am Ölberg; die Beziehungen zu van
Gogh wurden in der bretonischen Landschaft und in der
von Arles sichtbar. Die verschiedenen Stilversuche wur-
den durch die Badenden wenigstens angedeutet — und
ein paar Bilder von Tahiti und Dominique zeigten die
Resultate, zu denen ihn das Leben in der „bonne sauva-
gerie" führte. Im einzelnen giebt es Stärkeres von Gau-
guin; überdies sind seine Stiltendenzen in den letzten
Jahren bereits weiter gesteigert: als Ganzes gab die Aus-
stellung aber ein gutes Bild seiner Besonderheit. Ein
sehr schönes Stück war der „Heilige Berg", von einer
merkwürdigen Eindringlichkeit auch im Linearen das
„menschliche Elend", farbig sehr delikat die Tahitifamilie.
Ganz ins Dekorative gewandt war eine Landschaft von
1891; Beispiele biblischer Bilder Gauguins gaben der Christ
am Ölberg und Joseph mit Potiphars Weib. P. F.

RICHARD ENGELMANN, BRUNNENFIGUR. DETAIL
GÖRLITZBK MUSIKHALLE

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