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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 9.1911

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Heft 9
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Vogt, Emmy: Erinnerungen an Karl Stauffer-Bern
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https://doi.org/10.11588/diglit.4706#0434

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stände, um mich aufzujagen aus der verfluchten
Träumerei. —

Für das Denkmal habe ich eine nicht üble Stellung
gefunden, aber es handelt sich natürlich darum sie
hübsch fertig zu machen und dass ich meine Studio erst
anfang November beziehen kann, hat mich sehr gehin-
dert. Es ist übrigens ein Wahnsinn, die Figur
3 Meter jo hoch zu machen, 2 Meter iväre grad die
richtige Grösse. —

Die Tage werden kurz und die Abende lang, wie
ich sie passieren werde ist mir noch nicht klar. Ich
bin völlig auf mich allein angewiesen. Kurz ist ver-
heiratet und verbittert. Hildebrand auch verheiratet,
so sitze ich Abends auf meiner Bude und denke drüber
nach, was aus mir endlich werden soll. Das Studio
welches ich gemiethet ist klein und nicht sehr ange-
nehm, aber es war leider nichts weiter zu haben. Es
kostet jährlich 450 frs., dazu muss ich noch ein Zim-
mer haben, monatlich auch 20—2j frs. also nichts we-
niger als billig. Ein Studio für 300 welches viel besser
war, gieng mir durch die Latten, (natürlich!) — Bei
der Zunft fragen Sie bitte nicht an, es nützt nichts,
ich habe es ja auch einstweilen nicht nötig. — Die
Schrift über Mar'ees habe ich nicht gelesen, auch nichts
davon gehört. Von Lydia spreche ich überhaupt nicht
mehr, darüber können Sie also ruhig sein. - - An's
Heiraten ist nicht zu denken. - -

Für heute scbliesse ich. Das nächste Mal kann ich
Ihnen hoffentlich berichten, dass der Bubenberg fertig
zum versenden ist. Von Biel bin ich Sonnabend abge-
reist, aber Bummelzug gefahren, so dass ich doch erst
Montag in Florenz ankam, 20 frs. dabei gespart.
Also leben Sie wohl und seien Sie herzlich gegrüsst samt
Ihrem Manne, dem Doktor von Ihrem Wahlsohn

Karl Stauffer

Florenz, Borgo S. Jacopo. 12/XI
Verehrteste Frau und Freundin!
Also heute ist die Skizze für das Denkmal* abge-
gangen und zwar auf Wunsch Ihres Herrn Bruders
an Ihre Adresse, damit nicht jedermann von vorneher-
ein weiss, dass die Sache mein Machwerk ist. Ich
mache mir zwar Gewissensbisse, Sie und Ihre Güte
schon wieder in Anspruch zu nehmen, und wenn es
nicht der ausdrückliche Wunsch von Hildebrand gewe-
sen, hätte ich direkt ans Kunstmuseum gesendet. Also.
— Ich lege hier jo frs. bei für Transport, Zoll und
das Hinbringen nach dem Kunstmuseum, wahrschein-

* Das Bubenberg-Denkmal.

lieh wird es genügen. Dann darf ich vielleicht bitten,
auf die zwei Kisten ein Motto zum Beispiel „Adrian"
zu pinseln und ein Couvert -zu überschreiben „Beilage
zum Entwurf eines Denkmals für Adrian von Buben-
berg, Motto Adrian." Dieses Couvert ist zu versie-
geln und drin soll mein Name sammt Adresse sein.
Ich hoffe, das Ding kommt gut an, es sind 2 Kisten,
welche in einer dritten verpackt sind. Sollte, was ich
nicht glaube, das Schwert oder die Hände beschädigt
sein, so möchte ich doch bitten, durch den Italiener, der
auf der grossen Schanze wohnt, den Schaden ausbessern
zu lassen. Es wird aber kaum was daran kaput sein.
Wenn irgend möglich wünschte ich absolute Anonymi-
tät, damit so wenig als möglich Personalien mitspielen
können. Wie die Aufstellung im Kunstmuseum besorgt
wird, weiss ich nicht; Hoffentlich werden die Entwürfe
jeder auf einen besondern Tisch gestellt und unten
verhangen. Es wäre richtig, dass die Statue mit den
Füssen etwa in Augenhöhe käme, immerhin; etwas
mehr, etwas weniger hoch ist egal, auf den Boden wird
man sie ja nicht stellen. — Ich füge hier auch noch
den Kostenvorschlag bei, der als Beilage zum Entwurf
gehört.: (Kostenanschlag für den E. e. B. D. Motto
Adrian. Das Monument fertig an Ort und Stelle mit
Postament von Solothurner Marmor, jjooo frs. Be-
merkung: Der Künstler hält die vorgeschrieb. Masse
der Figur für sehr gross und glaubt, das ein Standbild,
dessen Figur nur 2.jo mit Plinthe betragen würde,
ser Umgebung besser entspräche, abgesehen davon, dass
sich die Herstellungskosten in diesem Falle bedeutend
niedriger stellen.) Bis Neujahr wird man wohl etwas
wissen, wie man dran ist. Die Ausführung könnte
einen wohl herausreissen, aber - - nun jedenfalls wird
es einer der bessern Entwürfe sein, die etwa einge-
reicht werden, Hoffnung mache ich mir weiter keine.
Dieser Tage will ich in mein Studio einziehen, es ist
endlich bewohnbar.

Indem ich Sie noch einmal versichere, dass mein
Gewissen arg belastet ist mit dem Gedanken an die
Mühe, welche ich Ihnen verursache, will ich für heute
schliessen und nicht in die gewöhnlichen Tiraden ge-
raten.

Also leben Sie herzlich wohl und seien Sie sammt
dem Gatten, und Herrn Herzen viele Mal gegrüsst von
Ihrem K. Stauffer, der seiner Ergebenheit und Hoch-
achtung leider diesmal nur in einer zeitraubenden Com-
mission Ausdruck zu geben vermag. In S. Francesco
ist alles munter, der kleine Jüngling aber kriegt seine
Zähne, was etwas Aufregung verursacht.



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