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bestätigen sollte, dass der glückliche Besitzer die
Absicht hat, das Bild, bevor es für immer nach
Amerika wandert, in einigen Hauptstädten Europas
sehen zu lassen, so wäre damit die letzte Gelegen-
heit geboten, zu solcher Frage Stellung zu nehmen.
Wichtig genug aber ist es, Zweifel über die Rich-
tigkeit einer Benennung, sobald sie einmal geäussert
worden sind, unter Berücksichtigung aller Einzel-
heiten und ohne Voreingenommenheit zu prüfen,
zumal wenn es sich um Rembrandt und um die
Beurteilung einer wichtigen Seite seiner Thätigkeit
handelt.
Dass das Bild sonst nicht angezweifelt worden
ist, braucht nicht wunderzunehmen', da es nur
selten öffentlich gezeigt worden ist — einmal zu
Anfang des neunzehnten Jahrhunderts und dreimal
an dessen Ende, zuletzt in der Rembrandt-Ausstellung
der Royal Academy 1899 — und im übrigen nur
wenig Forscher es auf dem Landsitz des Marquess
of Lansdowne haben sehen können. Die Schönheit
des Werkes und sein ausgesprochen Rembrandtsches
Aussehen Hessen Bedenken kaum aufkommen.
Anders aber gestaltet sich die Sache, sobald
man das Bild in den Entwicklungsgang des Künst-
lers, soweit wir ihn aus seinen zahlreichen Ge-
mälden, Radierungen und Zeichnungen kennen,
einzureihen sucht. Allgemein wird es in die erste
Hälfte der fünfziger Jahre, somit an den Anfang
seiner vollen Reifezeit versetzt. Aber wir müssen
gestehen, dass wirklich entsprechende Werke von
ihm nicht bekannt sind, so dass das vorliegende erst
zum Ausgangspunkt für eine weitere Erkenntnis
seines Wesens gemacht werden müsste.
Unter solchen Umständen erscheint es zum
mindesten äusserst bedenklich, ein Bild, das nicht
vom Künstler bezeichnet worden ist und dessen
Benennung auf Rembrandt sich nur bis zur Ver-
steigerung der Sammlung Orleans im Jahre 1798
zurückverfolgen lässt, allein wegen seiner hervor-
ragenden Schönheit dem einzigen Künstler zu geben,
den man dessen für würdig erachtet. Wir kennen
die Kunst so weit zurückliegender Zeiten zu wenig,
um auf solche Weise verfahren zu können. Zu-
gleich ist damit erklärt, dass nicht immer sofort ein
bestimmter Name genannt werden kann. Die Frage:
wer soll es denn sonst gemalt haben? bildet somit,
selbst wenn sie unbeantwortet bleibt, noch keinen
Gegenbeweis.
Nach dem Schönheitswert allein werden aber
Kunstwerke nicht bezahlt. Zu dessen Bestimmung
fehlt jeglicherMaassstab; für eineSchätzung wäre dann
überhaupt keine Grenze abzusehen. Was entschei-
dend auf die Preisbildung einwirkt, ist vielmehr die
geschichtliche Bedeutung der Kunstwerke, nament-
lich deren Verknüpfung mit einem erlauchten
Künstlernamen. Lässt sich eine solche nicht her-
stellen, so sinkt der Wert auf das gewöhnliche Maass
herab und das künstlerische Gefallen allein wirkt
bestimmend ein.
Die „Mühle", welche im fünften Bande von
Bodes grossem Rembrandt-Werk unter Nr. 345 in
einer leider nur massig guten Heliogravüre abge-
bildet ist, ist etwa einen Meter breit und sechsund-
achtzig Zentimeter hoch, überragt somit alle uns
bekannten Landschaften Rembrandts um ein be-
trächtliches.
Auf einem hohen Erdvorsprung, der in die
Windung eines breiten Flusses hineinragt und einst
zu einer halbrunden, senkrecht ins Wasser abfallen-
den Bastion verwendet war, erhebt sich die Wind-
mühle, vom letzen Licht eines warmen Sonnen-
untergangs beleuchtet, und zwar so, dass sie nahezu
in der Mittelachse und vollständig in der oberen
Hälfte des Bildes liegt. Die dunkle Masse des
Hügels bildet dadurch einen augenfälligen Gegen-
satz zu dem goldigen Himmel.
Schon diese durch starke Kontraste wirkende
Kompositionsweise ist bei Rembrandt ganz unge-
wohnt, der die Wirkung seiner Landschaften viel-
mehr auf einer grossen Mannigfaltigkeit der Einzel-
heiten aufzubauen pflegt, die er wohl durch eine
vorwaltende Stimmung, nicht aber durch eine straffe
Zusammenfassung der Gegensätze verbindet.
Bestimmend für den gewaltigen Eindruck ist
hier ferner die Wahl eines sehr niedrig gelegenen
Standpunktes, während Rembrandt im Gegenteil
einen solchen bevorzugt, der ihm eine möglichst
weite Überschau, einen Blick in die Unendlichkeit
gestattet. Durch den vorgelagerten mächtigen Hügel
wird der Blick hier auf den weiteren Lauf des
Flusses abgeschnitten; wir sehen nur, wie sein
Wasser rechts im Vordergrunde in ein paar etwas
gleichförmig wiedergegebenen Wellenzügen vom
Lande zurückgestossen wird, und wie sich am
gegenüber liegenden Ufer die dichte Baumgruppe
darin spiegelt, eine Einzelheit, die seine dahin-
stürmende Seele sonst nicht besonders gefesselt zu
haben scheint.
Von dem Himmel rede ich nicht, denn so
wirkungsvoll auch der Gegensatz seiner hell er-
leuchteten rechten Seite gegen die schon in das
Dunkel der Nacht sich kleidende linke heraus-
55*
„ichtderFall^
vor ne^ ^
itung -- gut
bestätigen sollte, dass der glückliche Besitzer die
Absicht hat, das Bild, bevor es für immer nach
Amerika wandert, in einigen Hauptstädten Europas
sehen zu lassen, so wäre damit die letzte Gelegen-
heit geboten, zu solcher Frage Stellung zu nehmen.
Wichtig genug aber ist es, Zweifel über die Rich-
tigkeit einer Benennung, sobald sie einmal geäussert
worden sind, unter Berücksichtigung aller Einzel-
heiten und ohne Voreingenommenheit zu prüfen,
zumal wenn es sich um Rembrandt und um die
Beurteilung einer wichtigen Seite seiner Thätigkeit
handelt.
Dass das Bild sonst nicht angezweifelt worden
ist, braucht nicht wunderzunehmen', da es nur
selten öffentlich gezeigt worden ist — einmal zu
Anfang des neunzehnten Jahrhunderts und dreimal
an dessen Ende, zuletzt in der Rembrandt-Ausstellung
der Royal Academy 1899 — und im übrigen nur
wenig Forscher es auf dem Landsitz des Marquess
of Lansdowne haben sehen können. Die Schönheit
des Werkes und sein ausgesprochen Rembrandtsches
Aussehen Hessen Bedenken kaum aufkommen.
Anders aber gestaltet sich die Sache, sobald
man das Bild in den Entwicklungsgang des Künst-
lers, soweit wir ihn aus seinen zahlreichen Ge-
mälden, Radierungen und Zeichnungen kennen,
einzureihen sucht. Allgemein wird es in die erste
Hälfte der fünfziger Jahre, somit an den Anfang
seiner vollen Reifezeit versetzt. Aber wir müssen
gestehen, dass wirklich entsprechende Werke von
ihm nicht bekannt sind, so dass das vorliegende erst
zum Ausgangspunkt für eine weitere Erkenntnis
seines Wesens gemacht werden müsste.
Unter solchen Umständen erscheint es zum
mindesten äusserst bedenklich, ein Bild, das nicht
vom Künstler bezeichnet worden ist und dessen
Benennung auf Rembrandt sich nur bis zur Ver-
steigerung der Sammlung Orleans im Jahre 1798
zurückverfolgen lässt, allein wegen seiner hervor-
ragenden Schönheit dem einzigen Künstler zu geben,
den man dessen für würdig erachtet. Wir kennen
die Kunst so weit zurückliegender Zeiten zu wenig,
um auf solche Weise verfahren zu können. Zu-
gleich ist damit erklärt, dass nicht immer sofort ein
bestimmter Name genannt werden kann. Die Frage:
wer soll es denn sonst gemalt haben? bildet somit,
selbst wenn sie unbeantwortet bleibt, noch keinen
Gegenbeweis.
Nach dem Schönheitswert allein werden aber
Kunstwerke nicht bezahlt. Zu dessen Bestimmung
fehlt jeglicherMaassstab; für eineSchätzung wäre dann
überhaupt keine Grenze abzusehen. Was entschei-
dend auf die Preisbildung einwirkt, ist vielmehr die
geschichtliche Bedeutung der Kunstwerke, nament-
lich deren Verknüpfung mit einem erlauchten
Künstlernamen. Lässt sich eine solche nicht her-
stellen, so sinkt der Wert auf das gewöhnliche Maass
herab und das künstlerische Gefallen allein wirkt
bestimmend ein.
Die „Mühle", welche im fünften Bande von
Bodes grossem Rembrandt-Werk unter Nr. 345 in
einer leider nur massig guten Heliogravüre abge-
bildet ist, ist etwa einen Meter breit und sechsund-
achtzig Zentimeter hoch, überragt somit alle uns
bekannten Landschaften Rembrandts um ein be-
trächtliches.
Auf einem hohen Erdvorsprung, der in die
Windung eines breiten Flusses hineinragt und einst
zu einer halbrunden, senkrecht ins Wasser abfallen-
den Bastion verwendet war, erhebt sich die Wind-
mühle, vom letzen Licht eines warmen Sonnen-
untergangs beleuchtet, und zwar so, dass sie nahezu
in der Mittelachse und vollständig in der oberen
Hälfte des Bildes liegt. Die dunkle Masse des
Hügels bildet dadurch einen augenfälligen Gegen-
satz zu dem goldigen Himmel.
Schon diese durch starke Kontraste wirkende
Kompositionsweise ist bei Rembrandt ganz unge-
wohnt, der die Wirkung seiner Landschaften viel-
mehr auf einer grossen Mannigfaltigkeit der Einzel-
heiten aufzubauen pflegt, die er wohl durch eine
vorwaltende Stimmung, nicht aber durch eine straffe
Zusammenfassung der Gegensätze verbindet.
Bestimmend für den gewaltigen Eindruck ist
hier ferner die Wahl eines sehr niedrig gelegenen
Standpunktes, während Rembrandt im Gegenteil
einen solchen bevorzugt, der ihm eine möglichst
weite Überschau, einen Blick in die Unendlichkeit
gestattet. Durch den vorgelagerten mächtigen Hügel
wird der Blick hier auf den weiteren Lauf des
Flusses abgeschnitten; wir sehen nur, wie sein
Wasser rechts im Vordergrunde in ein paar etwas
gleichförmig wiedergegebenen Wellenzügen vom
Lande zurückgestossen wird, und wie sich am
gegenüber liegenden Ufer die dichte Baumgruppe
darin spiegelt, eine Einzelheit, die seine dahin-
stürmende Seele sonst nicht besonders gefesselt zu
haben scheint.
Von dem Himmel rede ich nicht, denn so
wirkungsvoll auch der Gegensatz seiner hell er-
leuchteten rechten Seite gegen die schon in das
Dunkel der Nacht sich kleidende linke heraus-
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