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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 9.1911

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Heft 12
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Chronik
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Neue Bücher
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https://doi.org/10.11588/diglit.4706#0617

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frohe, vollblütige und saftvolleNatur; aber ganz feminin,
durchaus empfangend und passiv gebärend und infolge-
dessen im Innersten träge. Was ihm nicht von selbst
zugefallen ist, das hat er nie besessen. Ein Pracht-
mensch anzusehen; aber auch wieder zu schön, zu de-
korativ in seiner saloppen Kiinstlervornehmheit. Er
sah immer ein wenig aus, wie ein Eberlein etwa sich das
Genie vorstellt. Der grosse Schwung seines Wesens
Hess ihn sich an gewaltige Aufgaben wagen; aber die
Selbstzucht grossen Stils fehlte. So entstanden Werke,
vor denen man mit bewundernder Geringschätzung
steht.

Der kriegerische, eindrucksvolle Bronzekerl, der
sich auf den Granitstufen des Kaiser Wilhelmdenkmal
lümmelt, sich aus den Zaubergrenzen eines architekto-
nischen Raumganzen hinausgewälzt hat, um sein natura-
listisches Dasein ausserhalb aller Gesetzlichkeit in geni-
aler Bohemelust zu gemessen: er allegorisiert die Kunst
Begas. Doch auch der Kopf des Genius, der das Ross
des alten Kaisers führt, worin mit blühender Liebens-
würdigkeit schönes Leben ausgedrückt worden ist, sym-

bolisiert die starke und sinnlich weiche Vitalität dieses
im Monumentalen entarteten Charmeurs.

-&

Der bekannte Sammler und Kunstfreund Bernt
Grönvold hat der Nationalgalerie seine Sammlung
der wichtigsten Bilder des Hamburgers Fr. Wasmann,
der beider Rohden und Jansens als Leihgabe über-
lassen. Es wird durch diese sehr dankenswerte That
in der Nationalgalerie eine bedeutende Lücke aus-
gefüllt.

Ein neuer Brunnen von August Gaul, das Geschenk
eines Kunstfreundes an die Stadt Charlottenburg, ist in
der Hardenbergstrasse aufgestellt worden. Wir werden
über das unter dem Namen „Streichelbrunnen" schnell
populär gewordene Werk im nächsten Heft ausführlicher
berichten.

NEUE BÜCHER

J. MARTIN* XIEDEREE, BILDNIS SEINER MUTTER

Johann Martin Niederee. Ein rheinisches
Künstlerbild. Von Dr. Paul Kaufmann. Mit 23 Abb.
Strassburg, E. Heitz 1908.

Unter den älteren Werken rheinischer Herkunft
fielen in der Jahrhundert-Ausstellung drei Bilder auf:
das Porträt einer bejahrten Frau und zwei Studien nach
weiblichen Köpfen. Der Katalog belehrte den Besucher
kurz über den Namen und die wichtigsten Lebens-
schicksale des Malers: „Niederee, Joh. Martin, geb. 1830
zu Linz a. R., gest. 1853 m Berlin. Schüler der Düssel-
dorfer Akademie unter K. Mosler und R. Sohn seit 1849,
vorher Holzschneider bei Arnz & Co. in Düsseldorf.
Seit 1853 zur weiteren Ausbildung bei Peter Cornelius
in Berlin". Fügen wir hinzu, dass Niederee zunächst in
Potsdam, später als Einjährig-Freiwilliger in Berlin diente
und an den Folgen einer Verletzung starb, die er sich
bei einer Felddienstübung zugezogen hatte, so bleibt
für die äusseren Lebensschicksale des Mannes wenig zu
erzählen übrig. Der Kunsthistoriker wird sich etwas ein-
gehender mit dem jungen Niederee, dem Maler, zu be-
schäftigen haben. Er ist von Haus aus eine stark malerisch
veranlagte Natur, wie die oben angeführten Werke be-
weisen, kein rheinischer Maler des Vormärz hat den Schöp-
fer dieserBilder erreicht. Es ist daherKaufmann als hohes
Verdienst anzurechnen, dass er die Perlen der Niederee-
schen Kunst ans Licht zog und wieder die Aufmerk-
samkeit auf den Vergessenen lenkte. Der schädliche
Einlluss des Cornelius und der italienischen Kunst auf

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