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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 17.1919

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NEUE BÜCHER

Carl Neumann: Rembrandts Handzeich-
nungen. Mit 94 Abbildungen. München 1918.
(Piper &c Co.)

Wenn Carl Neumann einmal wieder etwas über
Rembrandt sagt, lauscht man begierig. Sein Rembrandt-
buch hat uns allen so viel Unvergessliches und Ent-
scheidendes gegeben, dass wir gerne immer noch mehr
hören möchten. Denn es giebt heute wohl niemand,
der mit Rembrandts Seele und mit Rembrandts Gefühl
in so inniger Vertrautheit lebt, wie Carl Neumann in
Heidelberg.

Dieser Essai über den Zeichner Rembrandt hält
alles, was der Name des Verfassers verspricht. In 94
charakteristischen und sehr instruktiv ausgesuchten
Bildern und in einer nicht sehr langen Einleitung wird
der Leser eingeführt in das Problem, geführt im wahren
Sinne des Wortes. Wir lernen die zwei Arten von
Rembrandt-Zeichnungen kennen, „illustrative Kom-
position" und „Naturstudie" und ihre verschiedenen
Bedingtheiten begreifen. Wir lernen, aus der Psyche
des Künstlers heraus, nachfühlen, weshalb und in wel-
chem Sinne die herrlichen Blätter der ersten Epoche
höher stehen als die der mittleren Jahre, wo der Maler
gegenüber dem Zeichner wieder die Führung über-
nimmt, und wir sehen schliesslich, was es mit der
grossen Monumentalität der letzten Schaffenszeit des
Meisters auf sich hat. Die Gründe, weshalb im Einzel-
falle diese Technik vor einer andren bevorzugt wurde,
werden uns ebenso klar wie die Verhältnisse, unter

denen man Streitfragen über Original und Kopie und
über die Korrekturen bei Rembrandt zu beurteilen hat.

Dass von den reproduzierten Zeichnungen zwei
oder drei oder am Ende gar vier von einigen Forschern
nicht für authentisch gehalten werden, sagt nichts. Da
steht Ansicht gegen Ansicht. Und dass die auf der
Dresdener Abendmahl-Zeichnung halb gelöschte Unter-
schrift vielleicht einmal das bekannte „geretuckeert"
enthalten hat, beweist auch nichts gegen den Wert des
Buches. Über diese Frage der Korrekturen soll die
Diskussion ja erst eröffnet werden.

Immer geht Neumann vom Einfachen aus, aber
weil er alles, was sich auf Rembrandt bezieht, in einer
dauernd lebendigen Gesamtanschauung beherrscht, ent-
hüllt das scheinbar Einfache zugleich den ganzen Reich-
tum dieser Erscheinung. Eine Erörterung über rein
technische Dinge verfliesst plötzlich in eine Bemerkung
über Menschliches, vor der man den Atem anhält und
allgemeinen Gedanken den Lauf lässt. Das Buch,
prachtvoll klar und persönlich geschrieben, gehört zu
den wenigen Büchern der Weisheit, die über Kunst ge-
schrieben werden. Weisheit, gewonnen aus starker
Empfindung und freudiger Anschauung. Die Genera-
tion, die heute jung ist, darf diese „Studie" nicht über-
sehen. Wir nicht mehr ganz Jungen wissen aus Er-
fahrung, wie Neumanns Worte über Rembrandt frucht-
bar werden können.

Die Reproduktionen und die Ausstattung des
Buches sind sehr gut. E. Waldmann.

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