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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 17.1919

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Heft 3
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Szkolny, Felix: Die Besteuerung der Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.4754#0130

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DIE BESTEUERUNG DER KUNST



VON

FELIX SZKOLNY

Der Gedanke den Luxus zu besteuern, nicht, um
ihn zu bekämpfen, sondern um ihn finanziellen
Zwecken dienstbar zu machen, ist uralt. Ein drastisches
Beispiel ist der Schluss einer Hochzeitsordnung aus dem
fünfzehnten Jahrhundert: „Wer diese Vorschriften
nicht halten will, der soll der Stadt zwei Thaler zahlen
und mag dann so viel Gäste laden wie er will." Die Not
der Zeit hat alle Länder gezwungen zur Deckung des
öffentlichen Bedarfs diese Steuerform in einem unge-
ahnten Umfange zu entwickeln. Deutschland hat den
Gedanken im Rahmen einer Verkehrssteuer grössten
Stils verwirklicht, denn das seit dem i. August 1918
geltende Umsatzsteuergesetz beschränkt sich nicht auf
den Warenverkehr, sondern unterwirft auch solche
Leistungen, die nur in Arbeitsaufwendung bestehen,
der Steuerpflicht. Dadurch trifft es ausser Industrie
und Handel auch Land-und Forstwirtschaft,ja sogar solche
Betriebe wie zum Beispiel die eines Droschkenkutschers
und Zeitungshändlers, wenn nur der Jahresumsatz
3000 Mk. übersteigt. Die freien Berufe, also die Künst-
ler, Schriftsteller, Ärzte und Rechtsanwälte, bleiben vor-
läufig noch verschont.

Obgleich die Struktur des Umsatzsteuergesetzes im
Vergleich mit dem Gesetz über den Warenumsatzstem-
pel, aus dem es hervorgegangen ist, klar und einfach ist,
verleugnet es doch nicht die Hast, mit der die Gesetz-
gebung jetzt zu arbeiten gezwungen ist. So sind die
den Übergang vom Warenumsatzstempelgesetz zum
Umsatzsteuergesetz regelndenBestimmungen soflüchtig
redigiert, dass Zahlungen nach dem 1. August aus
Geschäften, die vor dem 1. August abgeschlossen
worden sind, weder der einen noch der anderen Steuer
unterliegen. Was für die Staatskasse einen Ausfall von
Millionen bedeutet! Auch in formeller Hinsicht
kranken die neuen Vorschriften an dem alten Übel,
dass die Sprache der Gesetze die Gesetze der Sprache
missachtet.

Die Umsatzsteuer beträgt fünf vom Tausend, bei
Luxusgegenständen zehn vom Hundert. Mögen auch
sattsam bekannte Vorgänge auf dem Kunstmarkt und
die Neigung gewisser Kreise, ihre Gewinne in der
Öffentlichkeit prahlerisch auszubreiten, die Einführung
einer Luxussteuer begünstigt haben, so hätte man doch
nicht vergessen dürfen, dass der Luxus der Befriedigung
von Prunk- und Scheinbedürfnissen dient, und schon
aus Gründen des guten Geschmacks die Verkuppelung
von Kunstwerken mitjuwelen, Taschenuhren, Grammo-
phonen, Pistolen und Kutschwagen vermeiden müssen.
Von den Gegenständen, deren Lieferung der Luxus-
steuer unterliegt, sind hier zu nennen: 1. Edelmetalle,

Perlen, Edelsteine, Halbedelsteine. a.Werkd der Plastik,
Malerei und Graphik. 3. Antiquitäten, alte Drucke und
andere Erzeugnisse des Buchdrucks, diese nur, wenn
der Druck auf besonderem Papier (zum Beispiel China,
Japan) erfolgt und die Auflage beschränkt ist. Die
Abgrenzung der steuerpflichtigen von den steuerfreien
Lieferungen bietet der Übung des Scharfsinnes ein
weites Feld. Einige Beispiele mögen dies erläutern.
Die unter I. genannten Gegenstände unterliegen bei
Verbindung verschiedener Materialien der erhöhten
Besteuerung nur dann, wenn sie den wertvolleren
Bestandteil bilden. Moderne Möbel mit silbernen In-
tarsien fallen daher nicht unter die höhere Steuet, wohl
aber Möbel aus der Biedermeierzeit, da sie zu den
Antiquitäten zu zählen sind. Trödelware scheidet aus,
der Unterschied im Sinn des Gesetzes wird nicht immer
leicht zu finden sein. Nach den Ausführungsbe-
stimmungen des Bundesrats gehören übermalte Photo-
graphien nicht zu den Originalwerken der Malerei.
Das trifft aber nur auf übermalte Bildnisphotographien
und ähnlichen Kitsch zu, nicht aber auf die Arbeiten
ernster Künstler, die eine Photographie, einen Stein-
druck oder eine andere Reproduktion als Grundlage
verwerten.

Befreit sind von der Luxussteuer Originalwerke
der Plastik, Malerei und Graphik deutscher lebender
oder in den letzten fünf Jahren verstorbener Künstler,
wenn sie von dem Künstler, seinen nächsten Erben
oder Verkaufs- und Ausstellungsverbänden von Künst-
lern vertrieben werden.

Die Luxussteuer trifft nur die Lieferungen im Klein-
handel, also die an das Publikum, die Umsätze des
Kunsthandels werden daher von ihr nicht berührt, sofern
sich der Erwerber durch eine Bescheinigung der Behörde
als Händler ausweist. Das Gesetz giebt keine Begriffs-
bestimmung des Kleinhandels. Es sagt nur, dass eine
Lieferung im Kleinhandel nicht vorliegt, wenn der
Gegenstand zur Weiterveräusserung erworben wird.
Wenn zum Beispiel ein Glasgemälde für einen Neubau
an einen Architekten geliefert wird, der das Haus ver-
äussern ,jvill, so ist die Lieferung des Glasgemäldes der
erhöhten Steuer unterworfen, da es selbst zur Einfügung
in den Bau, nicht zum Verkauf erworben worden ist.
Im Gegensatz zu dem Entwurf ist durch den Reichstag
auch der Verkauf von Privathand an Privathand in den
Kreis der der Luxussteuer unterliegenden Verkehrsakte
einbezogen worden. Dadurch sollen vor allem die
sogenannten marcbands-mnateurs getroffen werden, die
in der Maske des Sammlers nicht selten Umsätze er-
zielen, um die sie mancher Kunsthändler beneidet.

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