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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 17.1919

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Heft 6
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4754#0262

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MAX NEUMANN, VERWUNDETER TRINKEND
AUSGESTELLT BEI CARL NICOLAI, I3ERLIN

UNSTAUSSTELLUNGEN

BERLIN

In dem neu eröffneten Kunsthaus
von Carl Nicolai in der Viktoriastrasse
waren Bilder von Max Neumann aus-
gestellt. Dieser Künstler hat vor dem Krieg in den
Ausstellungen der Berliner Sezession die Aufmerksam-
keit erregt, während des Krieges ist er einem aber ganz
aus den Augen gekommen. Die Kollektivausstellung
ist willkommen, weil sie den Wunsch befriedigt, von
Neumann mehr zu erfahren, als ein paar Bilder in
grossen Sommerausstellungen aussagen können; und
sie bestätigt die Meinung, die Neumanns Bilder schon
von je erweckt haben: dass wir es hier mit einem sehr
ernsten, schwer ringenden Maler zu thun haben. Mit
einem Maler dunkeln, melancholischen Geblüts,
pathetisch empfindend und mit Anstrengung der
Ordnung zustrebend. Seinem Alter und seiner Auf-
fassung nach steht er Persönlichkeiten wie Woldemar
Rösler und Max Beckmann wohl am nächsten. Ohne
aber deren Entschiedenheit zu haben. Er wird von
vielerlei Einflüssen berührt, neigt einer romantischen
Empfindungsweise zu und quält sich, das Problem von

immer neuen Seiten fassend, mit dem eigentlich Künst-
lerischen, mit dem entscheidend Formalen der Kunst.
Hier mit einem gewissen Gelingen, dort versagend und
im Ungefähren bleibend. Er gehört zu den Künstlern,
die man sehr achten muss, vor deren Wirken einem
aber immer wieder das Wort „Beinahe" auf die Lippen
kommt. Neumann will das klar Melodische, doch ge-
lingt es seiner unter Hemmungen schwer leidenden
Natur nur in Teilen. Das macht den rein ästhetischen
Genuss bedingt, macht das Studium der Bilder aber
psychologisch äusserst interessant. Es ist nützlich und
gut, die Arbeiten solcher Künstler, wie Max Neumann
einer ist, immer wieder auszustellen und solche Talente
zu fördern. Denn in ihnen müht sich die Zeit ge-
wissermassen sichtbar um das Formproblem, und wenn
sie bis zum leichten und freien Gelingen auch nur
selten kommen, so sind ihre Werke doch dem Ver-
ständnis gute Anleitungen. Wer einen Maler wie
Max Neumann versteht, wird nie leichtsinnig von der
Arbeitsweise der Kunst denken, er wird vielmehr auf-
merksam werden, welch heiliger Ernst dazu gehört, das
bescheidenste Meisterwerk zu schaffen.

K. Seh.

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