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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 17.1919

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Heft 10
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NEUE BÜCHER

Oskar Hagen: Matthias Grünewald.
Mit 111 Abbildungen.

R. Piper u. Co. Verlag. München. 1919.
Der Ruhm des Matthias Grünewald ist den heute
Lebenden so innig verknüpft mit der Bewunderung für
sein grösstes und strahlendstes Werk, den Wandelaltar
aus der Antoniterkirche zu Isenheim, dass man sich
nur schwer vorstellen kann, wie noch vor einem halben
Jahrhundert der Name des „deutschen Correggio" in
dem Gestrüpp falscher Zuschreibungen beinahe ver-
loren gewesen ist. Der Isenheimer Altar, den in dem
abgelegenen Colmar nur wenige gesehen hatten, galt
als ein Werk des Hans Baidung, während in der im
Jahre 1836 eröffneten Münchener Pinakothek vier grosse
Tafeln mit stehenden Heiligen aus der Werkstatt des
Lukas Cranach neben dem mächtigen Erasmus-Mauri-
tius-Bilde als Werke Grünewalds vor aller Augen
standen. So verband sich dem Namen des Aschaffen-
burger Meisters die Vorstellung einer wesensfremden
Kunst, die durch weitere Zuschreibungen immer tiefer
in dem Betriebe der Cranachschen Werkstatt zu ver-
sinken drohte. Erst das Jahr 1876 brachte die Lösung.
Alfred Woltmann gelangte angesichts des Isenheimer
Altares zu der Erkenntnis, dass der Begriff, den man
sich bisher von Grünewalds Art gebildet hatte, auf voll-
kommen falschen Voraussetzungen begründet war, und

Wilhelm Schmidt gab die Lösung des Münchener Rät-
sels, indem er daraufhinwies, dass die fünf Tafeln, die
man bisher für zusammengehörig erklärt hatte, un-
möglich von der Hand eines Meisters stammen könnten.
Mit dieser zweifachen Erkenntnis war der echte Grüne-
wald wieder in seine legitimen Rechte eingesetzt, und
sein falscher Doppelgänger, dem zur Erinnerung der
Name des Pseudo-Grünewald verblieb, verschwand
wieder in der Cranachschen Werkstatt, in der er noch
heute ein merkwürdiges Unwesen treibt.

Seit jener Zeit ist es wohl gelungen, eine kleine
Zahl sicher echter Werke den wenigen bekannten an-
zugliedern, aber der eigentlich kunstwissenschaftlichen
Ergründung setzte die Persönlichkeit Grünewalds so
unübersteigliche Schwierigkeiten entgegen, dass in all
der reichhaltigen Literatur, die sich um den immer
berühmter werdenden Meister häufte, über das innerste
Problem seiner Kunst nur wenig Aufschluss zu finden
ist. Den wilden Spekulationen, die aus phantastischen
Attributionen eine Jugendepoche zu konstruieren
suchten, die das Werden des eigentlich Grünewaldschen
Stiles begründen sollte, setzte das Buch Heinrich Alfred
Schmidts ein Ende, das in jahrelanger geduldiger Arbeit
alles erreichbare Material zusammentrug. Aber das
kurze Kapitel, das in diesem umfangreichen Werke
der Kunst und der Persönlichkeit des Meisters gewidmet

HO
 
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