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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 17.1919

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Heft 4
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Kirchner, J.: Arthur Grunenberg
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https://doi.org/10.11588/diglit.4754#0169

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der ziselierten Kavaliere zu den flächig breit und
blumenhaft empfundenen Gewändern der Damen das
Bewegungsmotiv ausbalanciert.

Die Darstellung des Bewegten hat Grunenberg stets
zugesagt. Das läßt sich aus der grossen Zahl von
Rötelzeichnungen ermessen, die teils der Illustration
dienen, teils zu selbständigen Zyklen vereinigt sind.
Die Zeichnung ist Grunenbergs eigentliche Domäne.
Mit seinen Serien „Russisches Ballett" und „Anna
Pawlowa" ist er 1914 hervorgetreten. Der exotische
Nerv der russischen Tänzer erscheint wiedergegeben,
die Geste durch stilisierte Akzentuierung gesteigert.
Eine spezielle Note hat Grunenberg in der Dar-
stellung des Gelagerten, Lässigen und Gelösten. Das
Anschwellende und Abklingende, das Aufgeregte und
Verweilende, das Körnige und Glatte, das Abbrechende
und das Fliessende des Strichs schafft Ausdrucks-
möglichkeiten, die die Linie beseelen. Auffallend
ist die Vorliebe Grunenbergs für die Darstellung
jugendlicher Körper. Sowohl in seinen Illustrationen
zu Horaz, Boccaccio und Ninon de Lenclos, als auch

ganz besonders in seinem Zyklus „Frühlings Erwachen"
tritt uns das Thema des Jugendlichen in immer neuen
Nuancen entgegen. In „Frühlings Erwachen" hat
Grunenberg Anregungen, die ihm das Wedekindsche
Drama gegeben, geistig verarbeitet und in seiner
Phantasie künstlerisch weitergesponnen. In fast jeder
Zeichnung ist durch die Formensprache der jugend-
lichen Glieder eine besondere sensitive Stimmung er-
strebt: herbe Gestalten wechseln mit zarten und an-
mutigen ab, bald sind straffe und gespannte, bald
verträumte und gelöste Bewegungen wiedergegeben,
hier reizt den Künstler unbekümmerter Wagemut
jugendlicherTypen, dort das Nachdenkliche und schwer-
mütig Grübelnde einer reifenden Psyche.

Aufgaben dekorativer Art waren für Grunenberg die
Entwürfe und Figurinen für die Opern „Tannhäuser" und
„Carmen" im Deutschen Opernhause in Charlottenburg.

Es bleibt zu hoffen, daß der Künstler, der sich in
seinen Arbeiten stets auf das künstlerisch Notwendige
zu beschränken bestrebt ist, von weiteren Steigerungen
seines künstlerischen Erlebens Zeugnis ablegen wird.

fresken-

,betti*!

A. GRUNENBERG, PIERROT

155

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