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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 17.1919

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Heft 6
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Kunstausstellungen
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Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.4754#0264

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Verhältnisse kennt, ohne weiteres klar, da der Wert
von Kunstwerken nicht wie der irgend eines anderen
Besitzes ziffernmässig festgelegt werden kann. Die
Steuer selbst würde sofort nach ihrer Einführung eine
vollkommene Verschiebung derWertskala herbeiführen.
Viele, ja überhaupt die meisten Besitzer von Kunst-
sammlungen würden zum unmittelbaren Verkauf ge-
zwungen sein, da sie eine jährliche Abgabe von diesem
nicht werbenden Vermögen einfach nicht aufzubringen
vermöchten. Käufer aber wären, wenigstens im In-
lande, unter diesen Verhältnissen nicht vorhanden.
Gegenstände von internationalem Marktwert würden
also notwendig ins Ausland abwandern. Ein Ausfuhr-
gesetz könnte das zwar verhindern, wäre angesichts
unseres Valutastandes aber aus allgemein handelspoli-
tischen Rücksichten schwer zu verantworten. Nicht

verhüten würde es jedoch den Preissturz auf dem in-
ländischen Kunstmarkte, der die Kunstwerte so weit
herabdrücken würde, dass der Ertrag der Steuer bereits
im zweiten Jahre auf einen Bruchteil der ursprüng-
lichen Veranlagung herabsinken müsste.

Es ist nicht bekannt, wie weit die Vorberatungen
über diesen Steuergesetzentwurf bereits gediehen sind,
aber allein die umlaufenden Gerüchte verursachen
offenbar eine schwere Beunruhigung der Sammler-
kreise, und wenn es unserer neuen Regierung ernst
ist mit den Worten über die Wahrung der kulturellen
Interessen, so sollte sie möglichst bald eine Erklärung
über ihre tha tsächlichen Absichten veröffentlichen, damit
einerseits Klarheit geschaffen, anderseits den beteiligten
Kreisen Gelegenheit gegeben wird, rechtzeitig und ehe
es zu spät ist, ihre Wünsche und Bedenken vorzutragen.

CHRONIK

CARL LARSSONf

Im Alter von fünfundsechzig Jahren ist Schwedens
volkstümlichster Maler Carl Larsson gestorben.

Was er in einem Leben voller Heiterkeit, Bonhomie
und tüchtiger Genussfreunde an Bildern und Zeich-
nungen geschaffen hat, ist nicht nur in Schweden,
sondern auch in Deutschland in weiten Kreisen bekannt.
In diesen Heften ist seine Kunst ausführlich gewürdigt
worden. (Im 8. Jahrgang, auf den Seiten 489 u. ff.)
Was er geschaffen hat, geht nie in die Tiefe, aber es
ist selten auch banal. In seiner Heimatskunst war
stets eine europäische Note, in dem schwedisch Länd-
lichen klang immer ein wenig die Pariser Lehre nach.
Mit Problemen hat er sich sonst nicht abgegeben. Er
ging vom Stoff aus, von Frau, Kindern, Gesinde und
Heim, vom Essen und Trinken, von Festlichkeiten und
Schönwetterstimmungen, von dem, was ihm Freude
machte; er war ganz und gar ein Illustrator seiner un-
bändigen Lebensfreude. Das Künstlerische musste
seinem Daseinsglück dienen, es war ihm ein Mittel
sich auszusingen, es war ihm die Geige, die alle Men-
schen tanzen macht. Darum war seine Kunst so sehr
bejahend, so problemlos bejahend, dass einem dieser

herzlichen und ein klein wenig bohemehaften, dieser
ununterbrochenen Glückseligkeit gegenüber zuweilen
fatal zu Mute wurde. Larsson war einfach, im Sinne
unsers Ludwig Richter, oder Schwind, oder Hans
Thoma, aber er war es in einer routinierten, virtuosen
und koketten Weise, er war es ohne die feine Ver-
träumtheit und Melancholie der Deutschen, er war
es zu sehr in der bunten Bilderbuchmanier. Er war be-
liebt und verdiente es zu sein; aber er wird nicht
dauernd beliebt bleiben. Man mag vor seinen reizen-
den Bildern und Zeichnungen Goethes Vers zitieren:
„Wer nie sein Brot mit Tränen ass". Larsson hat
heitere Menschen heiterer gemacht, aber die „himm-
lischen Mächte" hat er nur ganz von fern gekannt.
Er lebte zu sehr in Schlaraffenland. Er war einer der
Liebenswürdigsten unserer Zeit; wenn man es aber
recht bedenkt und wenn man sich nicht scheute dem
Toten, der ein so guter Mensch war, Übles nachzureden,
so möchte man dieser unversiegbaren Jovialität, die sich
in sehr bestimmt gezogenen Linien voller Glätte und
sogar voller Süsslichkeit äusserte, auch ein derbes
Wort der Ablehnung anheften. K. Seh.

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