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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 17.1919

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Heft 7
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Dresdner, Albert: Kopenhagen, [2]: ein Beitrag zur Kunstgeschichte des Stadtbaues
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https://doi.org/10.11588/diglit.4754#0280

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ihre Schlussfassung durch die Christianskirche er- rakteristischen platzartigen Strassenbildungen, deren
halten, wobei besonders zu bewundern ist, wie Rechteck durch den im Hintergrunde erscheinenden
glücklich für den beabsichtigten Zweck die Di- Turm der Erlöserkirche auf das bedeutendste und
mensionen des Kirchenbaus so gewählt worden anziehendste geschlossen und erhöht wird,
sind, dass er den Strassenrhythmus mit einem mo-
numentalen Akzente schliesst und hebt, ohne ihn doch
durch anspruchsvolle Wucht zu

stören oder zu hemmen. Schliesslich
darf ein letztes Element nicht ver-
gessen werden, durch das das Kopen-
hagener Stadtbild an vielen Stellen
abwechslungsreich und bedeutend
gestaltet wird: dieTürme. Mitgutem
Fug hat man Kopenhagen die
„Stadt der schönen Türme1-' ge-
nannt. Der Petri- und der Nikolai-
turm, der schlanke Heiggeistturm,
der lustige Börsenturm, der Turm
der Erlöserkirche auf Christians-
havn mit seiner aussen herumge-
führten Treppe und noch mancher
andere sind geistvoll-lebendige
Lösungen und Bildungen; dazu hat
der Meister des Neubaues von
Christiansborg es verstanden, den
Turm des Schlosses an die Über-
lieferung anzuknüpfen und ihm
doch wieder eine eigene wirksame
Form zu geben, und auch Nyrops
Rathausturm kann neben den treff-
lichen älteren Brüdern in Ehren
bestehen. Alle diese Türme aber
sind auf das vorteilhafteste so in
das Stadtbild eingeordnet, dass sie
sich überall in die Strassen- und
Platzräume eingliedern, als Teil in
sie eingehen, als wirksame Hinter-
gründe das Auge vom Nahen zum
Fernen leiten und in das Enge und
Intime die Weite und Ausdehnung
der grossen Stadt hineintragen.
Vielleicht ist die Meisterschaft
dieser Anordnung zuletzt nur darin

KOPENHAGEN, TURM DER PETRI

KIRCHE. AUS „ALT - DÄNEMARK"

DELl'HIN-VERLAG. MÜNCHEN

Noch ist zweier Momente zu gedenken, die
die intime Wirkung der Kopen-
hagener Stadtbildung verstärken
und selbst mitbestimmen. Das ist
die ortsübliche Behandlung des
Monumentalbaus und die Ver-
wendung der Farbe im Stadtbilde.
Wenn Kopenhagen sich seiner
Anlage nach zu einer Barockstadt
entwickelt hat, so hat es sich in der
Behandlung seiner monumentalen
Bauten von je merkwürdig anti-
barock erwiesen. Nie hat man hier
an dem pompösen Pathos, der
üppigen Fülle, der rauschenden Be-
wegung, der eigenwilligen Laune
der Barockbaukunst Geschmack ge-
funden; vielmehr hat man die
Formen der Paläste und öffent-
lichen Bauten immer vorsichtig
zurückgehalten, das Flächige der
Fronten stark betont, in Aus-
stattung und Schmuck die
grösste Sparsamkeit gezeigt. Der
auf Flächenwirkung abgestimmte
Klassizismus des achtzehnten Jahr-
hunderts ist daher in Kopenhagen
mit Freude empfangen und zu
einem Lieblingsstile ausgebildet
worden. Die neue Christiansborg,
der Jörgensen in Anknüpfung an
den früherenB au gemässigteBarock-
formen gegeben hat, scheint den
Kopenhagenern schon zu stark aus-
gebildet und stösst auf Miss-
behagen. Auch für das dort ge-
wählte Material, den Haustein, hat
man nicht viel übrig; der ortsübliche

begründet, dass in einer Stadt, die als Ganzes or- Baustoff war und ist vor allem der Backstein,

ganisch und gesund gestaltet ist, die einzelnen Ele- und dies Material allein drängt ja schon auf

mente auf natürliche Weise und gleichsam von Zusammenfassung der Flächen und schlichte, vor-

selbst die ihnen gebührenden, für sie und den Stadt- sichtige Behandlung. So bleiben denn die Fassaden

körper vorteilhaftesten Plätze finden. Als ein be- in der Regel glatt oder doch wenig profiliert; etwa

sonders ausgezeichnetes Beispiel erwähne ich die werden sie durch flache Sandsteinpilaster, oft aber

Slotsholmgade zwischen der Börse und den Mini- auch nur durch die Aufteilung der Fläche durch

sterialgebäuden, eine jener für Kopenhagen cha- die Fensterverteilung gegliedert; der Schmuck be-

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