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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 17.1919

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Heft 9
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Scheffler, Karl: Otto Müller
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https://doi.org/10.11588/diglit.4754#0365

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OTTO MULLER

VON

KARL SCHEFFLER



Ein gar zu bürgerlicher Name für diesen Maler
spröder Hesperidenromantik, für diesen Ver-
herrlicher schlanker nackter Mädchengestalten, die
anmuten, als wären sie aus den Hinterhäusern der
Grossstadt mit einem einzigen Satz in die seligen
Gefilde des goldenen Zeitalters hinübergesprungen!
Es widerspricht dieser Name ein wenig komisch dem
rafFaelitischen Element, das dem Talent eigentümlich
ist, wenn auch in dem Raffaelitentum des Schlesiers
östliche Provinz ist, und ein wenig Sächsisches —
von der Dresdener Akademie her —, und etwas
berlinisch Sezessionistisches. Für meinen Namens-
vetter Johann haben die Schlesier einst einen andern
Namen gewählt; SchefFler war ihnen zu profan für
ihren „cherubinischen Wandersmann", und sie
sagten „angelus silesius". Vielleicht finden sie einst

Die Abbildungen sind mit Erlaubnis von Paul Cassirer,
Berlin wiedergegeben.

einen anspruchsloseren Schmeichelnamen für ihren
Landsmann Otto Müller, der von Natur ein Deutsch-
Römer ist. Das heisst: einer jener Schönheitssucher,
die in der deutschen Malerei nicht aussterben, einer-
lei ob der Klassizismus regiert, die Romantik, der
Naturalismus, der Impressionismus oder der Ex-
pressionismus. Otto Müller ist so gut ein Deutsch-
Römer wie Overbeck oder Genelli es waren, oder,
um weniger weit zu schweifen, wie Ludwig von
Hofmann und Karl Hofer es sind. Es hat Deutsch-
Römer gegeben, die von den Griechen ausgingen,
andere erwählten sich Raffael und Michelangelo,
die einen waren Präraffaeliten und die andern
nachraffaelitisch orientiert, und in unsern Tagen end-
lich sind auch solche aufgetaucht, die nur an die
etruskische Kunst glaubten. Otto Müller holt nach
eigenem Eingeständnis seine Anregungen noch
weiter her: aus Ägypten. Er ist aber nicht weniger

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