Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 17.1919

DOI Heft:
Heft 9
DOI Artikel:
Bode, Wilhelm: Rahmen und Sockel in Italien zur Zeit der Renaissance, [1]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4754#0387

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
mm

m

in

getönter Rahmen und Tabernakel mit teilweiser Ver-
goldung, die im Kaiser-Friedrich-Museum als Kästen
für die Plaketten und Bronzestatuetten hergerichtet
sind, beweisen, wie glücklich Maler und Rahmen-
macher in Florenz um die Mitte des sechzehnten
Jahrhunderts noch zusammenarbeiteten.

In Venedig und von dort aus weiter in Ober-
italien kommt dieser von Florenz ausgehende Stil
der Hochrenaissance in den Bilderrahmen in eigener
Weise zur Erscheinung. Der Mittelsmann war hier,
wie in der Architektur und Skulptur, Jacopo Sanso-
vino, dernach demSacco diRoma 1527 nach Venedig
übersiedelte. Die Rahmen seiner verschiedenen Ma-
donnenreliefs in Papier masse zeigen fast alle Rahmen-
typen, die im zweiten und dritten Viertel des sech-
zehnten Jahrhunderts in Venedig Mode wurden. Ihre
namentlich neben den Rahmen der vorausgehenden
Zeit auffallend kräftigen, nicht selten derben Formen
sind wohl mit bestimmt worden durch die wuch-
tigen Rahmungen der gleichzeitigen Deckenbilder
im Dogenpalast
und in den Kirchen
Venedigs, wie die
namentlichvonPa-
olo Veronese und
Jacopo Tintoretto
und ihren Mit-
arbeitern ausge-
führt wurden. Die
beiden vielfach
variierten Haupt-
typen sind ein
kräftiges,starkver-
goldetes Fruchtge-
winde mit ein paar
schmalen Profilen
zu den Seiten, von [.
Tizian und Vero-
nesebevorzugt;zu- I



weilen (in Brescia) als Wulst gestaltet mit flachen,
leicht gefärbten Ranken von Blumen oder Früchten
darauf. Der andere Typus, wie ihn Sansovino und
Tintoretto lieben, zeigt als Hauptmotiv kräftige Vo-
luten, die sich ringsum nach der Mitte und den Enden
zu abrollen, gelegentlich mit Karyatiden an den
Seiten und Köpfen in der Mitte, von denen Frucht-
kränze herabhängen. Diese schon stark barocken,
aber wirkungsvollen Rahmen sind bald voll, bald
nur teilweise vergoldet. Erst gegen Ende des
Jahrhunderts verwildern sie, und die Fühlung der
Rahmenmacher mit den Künstlern geht mehr und
mehr verloren. Wie in Venedig, so wird auch in
Florenz und Rom die Wahl der Rahmen während
der Barockzeit mehr von den Besitzern und Samm-
lern als von den Malern bestimmt. Erst das acht-
zehnte Jahrhundert bringt namentlich in Venedig
wieder eine stärkere Fühlung zwischen den Künst-
lern und ihren Rahmenmachern. Guardi und Cana-
letto wie Tiepolo haben bestimmte, meist beschei-
dene Rahmen, die
sie für ihre Bilder
bevorzugen, aber
diesesind abhängig
von der Kunst in
Frankreich, wo die
Rahmenschnitzer
und Vergolder in
enger Fühlung mit
den Malern, für
die sie arbeiteten,
ihre Kunst noch
einmal zu einer
ähnlichen Höhe
brachten, wie sie
die Zeit der Re-
naissance in Italien
aufweist.

(Schluss folgt)

00^'

FLORENTINER KINDERBÜSTE UM 1450. AUS STUCK UND PAPIERMASSE MIT DEM
ORIGINALEN HOLZSOCKEL

57'
 
Annotationen