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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 17.1919

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Heft 9
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Mayer, August Liebmann: Münchener Zeichner
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https://doi.org/10.11588/diglit.4754#0389

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A. OBERLÄNDER, UNANNEHMLICHKEITEN DES SCHMETTERLINGSFANGS IN BENGALIEN

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heit durch leise Übertreibungen, Dehnungen oder
Verkürzungen, Schwingungen und Biegungen so viel
Heiterkeit auslöst. Eine in sich versunkene Sehn-
sucht, ein seine Würde betonender Ernst werden
von Kirchner mit nie ätzender Komik gestaltet.
Bei Gulbransson, dessen nichtkarikierte Porträtzeich-
nungen eine gewisse unglückliche Liebe zu Holbein
und Ingres verraten, gewinnt der Strich eine grössere
Schärfe; es meldet sich bereits die Arabeske, die Liebe
für das ornamentale Spiel der Linie. Dieser dekorativ-
ornamentale Zug ist besonders bei Th. Th. Heine aus-
geprägt, bei Emil Preetorius wird alles zum Schnörkel
und aus übertrieben biedermeierischen Kurven, aus
diesen Linien, die vor sich selber Bücklinge machen,
groteske Menschenwelt. Th. Th. Heines grosse Kunst
wird bei dieser Ausstellung wieder einmal recht offen-
bar. Man möchte fast sagen, er sei der grosse Ironiker
wider Willen. Im Grunde ist er, und das hat er als
Maler deutlich genug gezeigt, eine weit sanftere, poe-
tische Natur als man gewöhnlich glaubt, ein Mann, der
schon mehrfach Mut zu den .süssesten und kitschigsten
Farben gezeigt hat, für den die Biedermeier-Poesie
keineswegs Gegenstand der Verulkung ist, wie er manch-
mal glauben machen möchte. Nach Rudolf Wilke bleibt
er der grösste Gestalter von wirklich schöpferischem
Geist. Sein Formenreichtum wird immer erst recht

klar, wenn man bedenkt, wie sehr doch so ziemlich
alle anderen sich mit einer gewissen Manier festgelegt
haben, während er in den mannigfachsten Formen und
doch stets höchst persönlich zu uns spricht. Karl Ar-
nold ist auf dem Weg, etwas ähnliches wie Heine zu
werden. Aber so erfreulich seine Entwicklung während
der letzten Jahre auch ist, man kann noch nicht von
der letzten Freiheit, von völliger Unabhängigkeit bei
ihm reden. Aber was er mit viel Sinn für die humor-
gesättigte, eines starken ornamentalen Charakters nicht
entbehrende Linie aus Anregungen gestaltet, die er
aus der Zeichenkunst R. Wilkes, Heines und Weisger-
bers geschöpft hat, ist nicht nur schon vielfach sehr ge-
lungen, sondern verspricht noch Vorzüglicheres.

Die Kunst Adolf Oberländers wirkt neben all diesen
trefflichen Dingen alles andere denn veraltet. Sie ist
der modernen nicht nur kongenial, sondern mitunter
beträchtlich überlegen. Sie ist ausserdem in mehr als
einem Fall ebenso modern wie die der jüngsten. Ober-
länders riesiges Zeichnungswerk ist höchst ungleich.
Eine Ausstellung, die der Verlag der „Fliegenden Blät-
ter" von Arbeiten seiner Zeichner unlängst veranstal-
tete, enthielt gerade von Oberländer neben manchem
Köstlichen viel Mittelmässiges. Was aber für die
Mappenausstellung aus den Tausenden von Oberländer-
zeichnungen ausgesucht worden ist, zeigt den grossen


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