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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 17.1919

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Heft 12
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https://doi.org/10.11588/diglit.4754#0534

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WÄHRUNGSFRAGEN
Eine zu ihrer Zeit berühmte Porträtistin hatte in
Berlin ein Bildnis gemalt. Ihr Gatte kassierte die Rech-
nung ein. Dreitausend waren ausgemacht. Als dem
Gatten ein Scheck über dreitausend Mark überreicht
wurde, sagte er: „Pardon, ein Irrtum, meine Frau ist
Österreicherin, sie rechnet nach Gulden." „Oh, ver-
zeihen Sie", sagte der Besteller, ging an den Schreib-
tisch, schrieb einen Scheck über dreitausend Gulden
und überreichte ihn mit den Worten: „Ich bin nur froh,
dass Ihre Gattin nicht Engländerin ist; dann wären es
Pfunde gewesen."

KNABENERZIEHUNG

Ein bekannter, höchst origineller deutscher Maler,
der nicht genannt werden soll, weil ernochlebt, bemerkte
an seinem Sohn die ersten lieblichen Wallungen. Er
ging hin, kaufte die Statue irgendeiner Aphrodite und
stellte sie im Wohnzimmer auf. Kein Mensch wusste,
warum. Dann führte er seinen Sohn vor das Venusbild
und sprach: (In feierlichen Augenblicken pflegte er
seine Kinder zu siezen) „Mein Herr, Sie dürfen! Aber
sie muss so aussehen!"

TISCHGESPRÄCH

Eine Gesellschaft bei dem Besitzer von „Art
moderne", Bing. Bei Tische sind um den Hausherrn
und seine Frau versammelt Besnard, Carriere,Thaulow,
Köpping, Max Liebermann, Ossip Schubin und ihre
Schwester Lola Kirschner. Ossip Schubin, die ungewöhn-

lich gut französisch sprach, führte mit einer gewissen
Selbstgefälligkeit die Unterhaltung. Sie war im besten
Zuge, die grössten Genies der Kunst aufzuzählen:
„Vous avez Dante, Homere, Beethoven, Shakespeare,
— hier stockte sie und machte eine Pause. Da fiel
Köpping ein: ,,Ne vous avancez pas trop, madame!"

ÜBERZEUGEND

Ein Kunstliebhaber hatte bei Carpeaux eine Gruppe
bestellt: Polyphem seinen Nebenbuhler Acis mit einem
Felsblock zerschmetternd. Carpeaux, der dem Stoffe
kein besonderes Interesse entgegenbrachte, schob die
Ausführung der Plastik von Monat zu Monat hinaus.
Der Besteller erschien zu wiederholten Malen in Car-
peaux1 Atelier, um den Meister, der einen beträcht-
lichen Vorschuss erhalten hatte, zu mahnen. Schliess-
lich, als der Besteller sich nicht mehr abweisen lassen
wollte, führte Carpeaux ihn in eine Atelierecke, wo
ein ungeheurer Marmorblock lag. „Da ist Ihre Gruppe",
sagte er mit lässiger Gebärde. „Schön, das ist der Fels,
aber wo ist Acis?" „Unter dem Felsen natürlich, er ist
doch zerschmettert." „Gut. Und Polyphem?" ,,Na,
der wird sich schön hüten, nach solcher Geschichte da
zu bleiben!"

MASSSTAB

Ein Spezialist für holländische Kunst wird nach
einer Italienreise gefragt, wie ihm Rom gefallen habe.
Er antwortet: „Oh, ganz gut, es giebt dort zwei be-
achtenswerte Pieter de Hooghs."

SIEBZEHNTER JAHRGANG. ZWÖLFTES HEFT. REDAKTIONSSCHLUSS AM 8. AUGUST. AUSGABE AM I. SEPTEMBER NEUNZEHNHUNDERTNEUNZEHN
SEDAKTION: KASL SCHEFFLER, BERLIN; VERLAG VON BRUNO CASSIRER IN BERLIN. GEDRUCKT IN DER OFFIZIN

VON W. DRUGULIN ZU LEIPZIG
 
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