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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 15.1935

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Heft 1 (Januar 1935)
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Hierling, Franz: Formschulung: die Kunstlehre Adolf Bauers und ihre pädagogische Bedeutung
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https://doi.org/10.11588/diglit.28171#0020

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Bauers und ihre pädagogischeBedeutung.

Dargeftellt von Franz Hierling.

Saarbrückcr Verlac; und Druckerei A.G., 19;;. prcis
y.50 RM.

1. Zunächst dic so Abbildungcn. Von Volksschülcrn
rö Bclcgc. Davon 4 Gegenbcispiclc (geometrischcr Stcrn,

Spanschachtcl mit Schattcnpfusch, Verzierung mit »Zascl.
nußmotiv und wappcn mit naturalistischcn weintrauben).

Sie sollcn den Grad dcr Vcrbildung anzeigen, den Baucr
vorfand, ehc cr seinc Schulung ansctzte. Deren Abfolgc
und Absicht crgibr sich sd: gegenstandslose Farbspiele, die
ins Gleichgewicht ;u bringen sind. Dann hineingesehenc
und abstchtliche Erinnerüngsbilder, die im gleichen Sinne
abgewogcn werden, immer über die ganze Fläche zugemalt, /
teilwcisc Rorrckturen enthaltend (punkte, Striche, auch
Daumformcn u. ä.), die der Lehrer zum Ausgleich leercr
Stellen vornimmt. Schlidßlich acht Arbciten des gleichcn
sogenannten unbegabten Iungen, auch mit abstrakten
Gleichgcwichtsübungen beginnend, schließend mit Land-
schaften.

Alles weiterc cntstammt dcr „Runstschularbeit". rö Be-
lege diencn der abstraktcn Formschulung. In gedayken-
losen Rritzeln soll der Schüler Formbeziehungen crken-
nen, ste herauslösen und verändern. Dies Grdnen ver.
blcibt im Bcreich konstruktiver Senk. und wagrechten
und Rrcisbögen. Es wird auf verschiedene werkstoffe
ausgedehnt: Materialübungen. Teilweise stnd bestimmtc
Figurcn (Rechtecke, Dreiecke, Rreise, Schlangenlinien usw.)
gegeben. sie sind aus willkürlicher Lage in eine gebun-
dene zu bringen, wobci Randberührungen, das Vermeiden
plastischer wirkungen usw. eine bcsondere Rolle spielen.

Mehrfach ist die Aufgabe auf cin Strcifenmuster be-
schränkt, das gan; in der Bildebene bleiben soll. Da
wic schon bei dcn Rinderarbeiten — die Farbc fehlt, inuß
mans glauben.

Es folgcn Beispielc von bewußtcm Arbeiten nach der
t^atur. Benützt soll nur werden, was ornamentale Farb-
formbedeutung für dic Flächenglicderung hat. Gut wird
gcnannt: wcnn sich die „dargestellten vlaturformen mit den
abstrakten Fopmcn decken". Auch hier Gleichgewichtbe-
wältigung ohne Sinnbedcutung oder physrognomische
werte. Die übung im Ergreifen von Linien-, Flächen-,

Hell-dunkelrhythmen gcht auch mit dem Phstoapparat
vor sich. Oder photos werden mit dem pinsel gesteigert,
werden ausschnittwcise ;u Montagen benutzt, graphisch
übersetzt usw.

weiter sechs Belege ;ur Schriftgestaltung, zwei pla-
kate, fünf Beispielc von webereien und schließlich fünf
von Metallgeräten (Leuchter, Schale, Relch usw.). Davon
heißt es: „das Herstellcn von Grundformen bildet die Vor-
übung. Aus Metall getrreben entsteht die Halbkugel, durch
Zusamnienbiegen und Löten entstehen würfel, Prismen,

Regel und pyramiden. Erst allmählich vollzieht sich däs
ZusammenbärlM von Grundformen ;u Gebrauchsgegen-
ständen, ähnlich wie,sich aus den geschlossenen ornamentalen
Grundformen das vielseitig begrenztc Ornament bildete".

StrlIun g nahme: schulung gelängen. Sie wrrd vielmehr rn ihrer subjektiven

Die Mcthode lä'ßt aU" Deutlichkeit nichts zu wünschen Hältung jebe künstlerische Grstaltlehre als ckote^Dxchnik
«brich Sie will das Bild ini Brlde fehen lehren, den deko- .stch^

rativen, ornamentalcn Bestand, der gewiß in jedem Brld

wichtssinn wird aufgcrufen, abcr sonft geht das Auge lcer
aus. Rcinc einzigc Formgestalt, ob Haus, Mühle, Berg,
Baum usw. dic ;ur Betrachtung einlädt. Da aber dies
„Bildcr" scin sollcn, muß man fragen, ob dem Lehrer so
ctwas wie Trcuc in der Gegenstandsvorstellung, gemüt-
F 0 rmschuluna. Die Runftlehre Adolf Beziehung und wie man die Dedeutungswerte einer

^ ' volkstumlichen Bildsprachc sonst nennen konnte, überhaupt

bekannt sindr

Man muß weiter fragen, ob die Schulung dann nicht
bcffcr cin rhythmisches Bauen mit Rlötzen, Legefigurcn
usw. gcbliebcn wäre, da sie nun einmal über Grundtat-
sachen der „Zeichnung" weggeht. Aus den Gegenbeispielcn
wärc ;u schließcn, daß nur dcr besondcre Fall von „Hcil-
pädagogik" aufgenommcn würdc. Der Lehrgang für dic
Erwachscncn ist auch wedcr neu noch im eigentlichen Sinnc
original entwickclt.

Diese Art Schulung, ausgehend von abstrakten Bau-
übungcn, hat einc lange Vorgeschichtc. Jch erinnere an
H^Izcl, dann an Aoh. Attcn (auch läatter wäre ;u ncnnen),
übcrhaupt an die Bauhauslchren der weimarer und
Dcffaucr Zeit. Man muß fragen, wie es möglich ist, dass
;. B. die „pädagogiscben Fragmente einer Formenlehrc"
von Aoh. Atten, die das Hcft ö/io;o der „Form" ausmach-
ten, dem Vcrfasser unbckannt gebliebcn sind (um nur einc
dcr mehrcren Veröffentlichungen in der grundsätzlichcn
Richtung ;u nenncn); Man muß sich wundcrn über dcn
Aufwand, womit in teilwcise abgeschwächtcr Form cmc
Lchre vorgctragen wird, dic mit einem großen Literatur.
vcrzeichnis schließt, abcr ausläßt, was urheberisch dahin
gehört; Es ist doch wirklich kein Neuland, ja reichlich cir,
solches, worüber inzwischen vielfach Gras gewachsen ist,
weil die formale Artistik nicht wachsen wollte, wie sie mit
großcm Geprängc als dic bildnerische Rraft schlcchthin
gesät wordcn war.

Ich will mich über -die Schulung der Erwachsenen nicht
weiter vcrbreiten. Das mögen die Runstgewcrbler und
-handwecker unter sich abmachen. Da mögen viele wegc
recht sein und bleiben, die Formbeziehungen klar machcn
helfen, obwohl ja der überreiche „abstrakte Ornamenten-
Abfall", dcr den Markt jazzmäßig verseucht hat, drastisch
zeigt, daß hier eine grundsatzliche Fehlaüffaffung voni
Formschaffen dic Folge fein konnte.

r. Die Besprechung der Schrift wurde notwendig, wcil
in die Volks- und höhere Schule eingegriffen wird. Zwar
gibt es wohl einc breite Front von Erziehern, die der
Suggestion dieser „Formschulung" nicht mehr . erliegen
wird, aber dcr Darsteller, Fran; Hierling rvcndet eine
große psychologisch-pädagogische Untersuchung daran, um
zu beweisen, daß der weg Lauers grundsätzliche Bedeu-
tung habe sür die Schulung zum Bild.

Das werk hat an lyo Seiten Tert? nicht von dem Saar-
brücker Runstschulprofessor Adolf Bauer-Saat felber, dcr
manchem aus seinen Bildern bekännt sein mag. Der Dar-
steller der Lehre: Franz Hierling scheint ;u den Erzic-
hungswiffenschaftlern zu gehören, also zü einem Lager,
von woher oft klugc Begrisfe kamen, selten aber wci-
sungen, mit denen der in der Front stehende Erziehcr
etwas ansangen könnte.

wie begründet Hierling die vlotwendigkeit einer Schu-
lung im vorgenannten Sinne — heute noch, und wieder;

„wenn die Runstcrziehung nicht aufhört, von dem
Schöpferischen, Erlebnishaften und Gefühlsmaßigen her
gestalten ;u wollen, wird sie eiiierseits den Individualis.
mus im prinzip nicht überwinden können, andererseits
trotz äußeren Bekcnntniffes zu Britscü nickt wr ?orm-
 
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