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Kunst- und Unterhaltungsblatt für Stadt und Land — 2.1853

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Anton van Dyk
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https://doi.org/10.11588/diglit.45118#0011

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Anton van Dyk.

Hier das Porträt des Königs aller Porträtmaler,
nach einem Oelbild van Dyk's selbst in Stahl gestochen.
Van Dyk ist ein Name, den Jeder unserer Leser
kennt. Doch wird es wohl Keinem derselben ganz un-
willkommen sein, wenn wir ihm zur Auffrischung seiner
knnstgeschichtlichen Erinnerungen einige Anhaltspunkte
bieten.
Bekanntlich gehört van Dyk der niederländischen Ma-
lerschule an, und zwar der sogen, neueren flamändischen,
deren glänzendster Name Peter Paul Rubens ist. Die
charakteristische Eigentümlichkeit dieser Schule, welche
bei der Massenhaftigkeit und Bedeutung ihrer Kunst-
schöpfungen feinen Platz an der Seite ihrer italienischen
Nebenbuhlerin einnimmt, ohne von jener allzusehr in Schat-
ten gestellt zu werden, besteht in einem größtenteils kern-
gesunden Realismus, im Streben nach Individualität
und Naturwahrheit. Ihre Leistungen haben sich von allen
idealistischen Verirrungen, aber nicht immer von dem
Vorwurf sklavischer Naturnachahmung frei zu erhalten
gewußt. —
Van Dyk's Lehrmeister war Rubens. Mit diesem ge-
mein hat er den Sinn für derbe Natürlichkeit; an Schön-
heit und Reinheit der Form hat er ihn oft übertroffen.
Seine ersten Studien leitete Bal en, dem ihn sein Va-
ter, ein geschickter Glasmaler in Antwerpen, wo Anton
van Dyk im Jahr 1599 geboren wurde, übergeben hatte;
seine Mutter war eine kunstfertige Stickerin, die in Land-
schaften und Figuren Ungewöhnliches leistete. Von Ba-
len kam van Dyk zu Rubens, der ihn zur Vollendung
seiner Ausbildung zur Reise nach Italien aufmuntcrte.
Van Dyk hatte bereits mehrere Zeichnungsentwürfe seines
Meisters ausgeführt und vollendete vor seiner Abreise
noch drei Gemälde, darunter die Gemahlin Rubens', für

seinen Lehrer, wofür ihm dieser einen prächtigen Schim-
mel schenkte. Der junge Künstler, durch die Liebe zu
einer ländlichen Schönheit in dem Dorfe Savelhem, in
der Nähe von Brüssel, einige Zeit noch gefesselt, malte
zwei Altarbilder für die Dorfkirche, auf deren einem er
seine Geliebte als Madonna und sich selbst als heiligen
Martin auf dem weißen Rosse abkontcrfeite. Endlich,
durch den Ritter Nanni, der auf Rubens' Veranlassung
ihn in seinem ländlichen Capua aufsuchte, zum Antritt
der italienischen Reise auf's Neue aufgcmuntert, ging
er mit seinem neuen Freunde nach Venedig, wo er sich
an Tizian's und PaulVeronese's Farbengluth und Schmelz
erwärmte und weiterbildcte. In Genua, Rom, Florenz,
Turin, Sicilien — überall malte er Porträts und histo-
rische Bilder, die seinen Namen bald berühmt machten.
Im Haag, in London, Paris, Antwerpen — überall
malte er Fürsten; er war der Porträtmaler der Großen
und der Reichen. Von Karl I. in England wurde
er ausgenommen und fürstengleich behandelt. Wie ein
Fürst lebte er auch, uud, was man ihm nachsagt — wie
ein orientalischer. König Karl bewog ihn — um ihn zu
einem geordneten Leben zurückzuführen — die schöne Ma-
ria Ruthven, die Tochter des Grafen Gore, zu heirathcn.
Allein seine Gesundheit war untergraben; er starb in
London im Jahr 1641, wurde mit Pomp begraben
und in der St. Paulskirche, dem englischen Pantheon,
beigcsezt. Trotz seiner Genußsucht und Verschwendung
hinterließ er ein Vermögen von 100,000 Thalern. Zu
seinen schönsten Werken, deren die meisten sich in Eng-
land befinden, gehören, außer zahlreichen Porträts,
die Geburt Christi und die Kreuzigung. Was man an
ihnen tadelt, ist Mangel an Feuer und Schwung. Wie
seine Porträts, so sind auch seine Kupferstiche sehr gesucht.
 
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