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Kunst- und Unterhaltungsblatt für Stadt und Land — 2.1853

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Poetische Blumenlese
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https://doi.org/10.11588/diglit.45118#0040

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Poetische Blumenlese.

Drr altr ewige Kirchhof.
Ich kenn' einen Kirchhof viel tausend Jahr alt,
.Worein man gesenkt viele Leichen,
Ein Friedhof, wo tausend der Hügel so grün
Verhüllen ein ewiges Schweigen:
Doch wie man auch spähet, es ragt da kein Stein,
Kein Kreuz, um die Schläfer zu künden,
Es duftet kein Blümchen, es ist da kein Kranz
Am Tag Allerseelen zu finden.
Wer eingegangen allhier zu der Ruh,
Hat Kränze und Sarg nicht empfangen;
Entfernt von den Seinen ist kaum wohl ein Freund
Mit hin zum Begräbnis; gegangen.
Man warf keine Hand ihm voll Erde hinab,
Kein Trauersang ist ihm erklungen,
Ein Blick in die Ferne und Keiner weiß mehr
Wo der Hügel, der kalt ihn umschlungen.
Sagt, kennt Ihr den Kirchhof? viel tausend Jahr alt,
Mit seinen unendlichen Leichen?
Kein Häuflein Asche, kein Monument,
Kein tröstend Erinnerungszeichen.
Die Todten, sie ruhen so tief, so tief
In die kühligen Grüfte gezogen,
Der Kirchhof ist — die unendliche See,
Seine Gräber — die tosenden Wogen.
Da ruhen sie Alle, ob reich oder arm,
Wie immer die Tiefe auch gähne.
Die Wellen senkten die Leichen zur Ruh',
Ihr Schaum war die einzige Thräne.
Der Sturmwind raunte das Todtenlied,
Das Schifflein, es ward zur Capelle,
Das Segel am Mast ward zum Kreuz und es sprach
Den Segen das Tosen der Welle.
Th. Drobisch.
Student Hamlet in Wittenberg.
(Schwankhaftc Parodie.)
Geld oder kein Geld? Das ist nun die Frage,
Ob's besser, bettelhaft sich durchzuschlagen,
Am kühlen Brunnen sich den Durst zu löschen,
Voll Appetit von fern ein Beefsteak — riechen
Und resignirt vorbei die Schenke geh'n,
Wie? over sich nut Einem kecken Streich
Aus der verdammten Hungerklemme reißen,
Und vollauf einmal wieder —! <— Borgen >— prellen —
Prellen? vielleicht auch zahlen — ja, da liegt's!
Was bis dahin für Mücken summen mögen
Das Thal hinauf, hinab — und keine stimmt

Jn's brummende Gemüth 'nen blanken Trost.
Ulna ill-s — ja da liegt der Hund begraben,
Verschnupft ist bald das Prischen Contenance,
Das ein Philister pflegt bei sich zu führen;
Doch desto voll're Dose trägt der Bursch',
Der Schulden läßt zu hohen Jahren kommen.
Wer trüge sonst der schlimmen Zeiten Druck:
Vergeblich Harren auf des Wechsels Ankunft,
Ernst mahnende Gesichter vor der Thür,
Schaafsköpfe —> leider, ohne Schaafsgeduld,
Gewisser Straßen ängstliches Vermeiden,
Billets von nah' und ferne, unfrankirt,
Citation, Justiz >— der Jammer all,
Hätt' nicht Humor der Bursche, wer ertrüg' es?
Wer schlüg' ein Schnippchen noch und lacht' in's Fäustchen?
Nur daß die Furcht vor Etwas >— nach der Hand,
Unlustig, wie auf schaalem Bier der Schimmel,
Ein wunderliches Etwas, immer nagend,
Das sich nicht stets im Taumel läßt ersäufen,
Die Laune uns verdirbt und zwingt, den Kopf
Moralisch-katzenjammerschwer zu hängen;
Dem angeborenen Roth fidelen Muths
Wird solch 'ne bleiche Schwäche angekränkelt,
Und Unternehmungen ganz commo U kaut,
Extravagante Suiten, Schmaus, Commerce —
O Jammerschad' um sie!
L. S.

Veorg Aosa's Sod. ")
—> „Heil dir, Magyar! — Besteig' den Thron aus glüh'ndem Eisen!
Wir klagen laut um dich, die Wittwen und die Waisen!
Elfen, Georg! Sieh hier der Höfling' stolzen Zug!
Dein Zepter heißer Stahl, versengend Sehn' und Vene!
Ein brennend Diadem zermartert langsam jene
Verbrecherische Stirn, die Ros' und Lorbeer.trug U >—
Von Siebenbürgen der Wojwode schlug die Bauern,
Der Haide Pferdehirt, der Steppe Mädchen trauern . . .
Am seligsten, wer nicht den Fall der Freiheit schaut!
Den Sohn des Volkes krönt des Siegers Spott mit Flammen,
Es schrumpft die Haut und rollt in Falten dürr zusammen,
Und rosiger erglänzt der Stuhl, aus Erz erbaut.
Wie weidet an der Oual sein Auge der Wojwode!
Wie sinnreich ordnet er die Folter, daß dem Tode
Er taulendfache Pein zur Kampfgenosfin wirbt!
„Heil dir, Zigeuner, von Geächteten gefürstet!
Mundschenk, herbei! Sieh doch, wie Ungarns König dürstet!
Kredenz' ihm süßen Trost, eh' seine Kraft verdirbt!"
u Der Bauer Georg Dosa machte sich im Jahre 1513 zum Könige von Ungarn,
wurde aber im folgenden Jahre von Jo Hann, Wojwoden von Siebenbürgen,
gcjchiagcN und gefangen genommen. Sein Tod erfolgte auf die entsetzliche
Wcisi, wie sie hier geschildert wird; aber alle Qualen erduldete der Un.Uück-
liche, ohne einen Klagelaut auszustojien. Anm. deS Vcrf.
 
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