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Kunst- und Unterhaltungsblatt für Stadt und Land — 2.1853

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Rosenhahn, Max: Aus einem Musikantenleben
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Jagd auf einen Sklavenhändler
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https://doi.org/10.11588/diglit.45118#0100

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keitcn; aber der Pfarrer fragt auch nur einmal im Le-
ben: ,Mosje Reinhold, wollen Sie Jungfer Emilie Ham-
mer zum ehelichen Gemahl habend' Er lachte gewaltig
und fuhr fort: ,hi, hi, ich glaube er wird autworteu:
ja!' und damit Punctum."
Als die alten Herren so gcmüthlich spaßten, sahen
sich Reinhold und Emilie mit vor Seligkeit hcllfunkcln-
dcn Blicken an und sanken einander in die Arme. Der
Schulze aber umarmte den kleinen Tischlermeister so herz-

haft, daß dieser aufschrie, und sagte mit bewegter Stimme:
„Es ist doch eine herrliche Zeit, wenn man so eine treue
Braut, — damit meine ich aber nicht uns, lieber Bru-
der Hammer, sondern dort jenes zärtliche Taubenpaar! —
recht selig an's Herz drückt. Na, werdet glücklich, Kin-
der, und lebt zufrieden in treuer Gemeinschaft!"
Und eben so gerührt sezte Herr Hammer hinzu: „Und
damit Punctum!"


Jagd aus einen Sklavenhändler.
Anmerkung. Aus „Land - und Secbildrr aus der Gegenwart" nach den Household-Words des Charles Dickens aus dem Englischen
übersezt und zusammeugestellt von D. Sägelken, Oberlehrer zu Barel. Wir machen unsere Leser aus dieses vortreffliche
Werk besonders aufmerksam. D. R.

Niemand kann die guten Absichten Englands ver-
kennen, wenn es auf der Unterdrückung des Sklaven-
handels beharrt. Aber wenn man auch die gewaltigen
Summen, welche dem ohnedieß schon hinreichend belaste-
ten Volke die afrikanische Küstenblokade kostet, nicht in
Anschlag bringt, so bleibt doch die Frage, ob auch das
gesteckte Ziel erreicht wird. Es ist allbekannt, daß die
Furcht vor den englischen Kreuzern die Gräuel der
Ueberfahrt von Afrika nach Amerika noch vermehrt hat,
da die Mcnschenfleischhändler jczt nur kleine, aber rasch-
segelnde Klipper bauen, um die Fahrt so schnell als
möglich zurückzulcgcn, und so viele Sklaven hincinpackcn,
als nur irgend hincingehen. Die brittischen Kreuzer sind
Ursache gewesen, daß die Neger auf den Märkten Bra-
silens im Preise gestiegen sind. Der Sklavenhändler
weiß, daß er, wenn er von drei Reisen nur eine glück-
lich vollendet und seine Ladung lebend an's Land bringt,
immer noch bei den drei Spekulationen einen erkleckli-
chen Profit macht.
Was der Sklavenhändler wagt, um der Wegnahme
zu entgehen, und wie leicht er zu Unheil kommt, das
wird die folgende Skizze zeigen, welche, die Namen
ausgenommen, einen in allen Punkten wahren Vorfall
schildert.
An einem herrlichen, Von einer strahlenden Sonne
beleuchteten Tage steuerte vor leichter Brise die englische
Kricgsbrigg Scmiramis in nordwestlicher Richtung den
Kanal von Mozambique hinauf. Außer dem Mann am
Rade und den Wachen oben in den Masten schien Jeder
cs sich bequem zu machen. Der Himmel war wolkenlos
und die Luft so balsamisch und warm, daß schon sic zu
athmcn ein Genuß hieß. Die Männer lungerten, in

kleinen Gruppen plaudernd, auf dem Verdeck umher;
die Kadetten sannen neuen Unfug aus oder plagten den
Koch; der Wundarzt beobachtete die fliegenden Fische und
las zugleich in einer neuen Schrift über Anatomie, ob-
gleich er kein Blatt umwendetc. Der wachthabende
Lieutenant baute inzwischen Luftschlösser und betrachtete
gelegentlich die blauen, in der Ferne sichtbaren Berge
Madagaskars durch fein Fernrohr.
„Segel ho!" rief plötzlich die Wache im Vortopp.
„Wohinaus?" schrie der Lieutenant aufspringend.
In demselben Augenblick war die träge Sorglosigkeit
der Mannschaft vorüber; ein Jeder war bereit zu jed-
weder Thätigkeit.
„Uebcr Steuerbord, hält Südwcst!"
Der Kapitäu eilte ausss Verdeck, während der zweite
Lieutenant in's Takclwerk stieg, um das fremde Fahr-
zeug zu rekognoseircu.
„Was ist cs für ein Schiff, Herr Saunders?" fragte
der Kapitän.
„Schooncrtakelage, Sir, Rumpf noch nicht zu sehen!"
„Schiff gewendet!" kommandirte der Kapitän. Im
Nu war ein Jeder auf seinem Posten.
Kommando folgte auf Kommando und wurde rasch
ausgeführt. In fünf Minuten war die Scmiramis in
voller Verfolgung des fremden Schiffes begriffen.
Was ist cs, das die Jagden aller Art so aufregend
macht? Die unbeschreibliche Begierde des Menschen, Al-
les zu jagen, was irgend jagbar ist, ist im „Vathck"
nicht übertrieben, wo die Einwohnerschaft einer ganzen
Stadt einen bösen Geist verfolgt, der sich in eine Kugel
verwandelt hat und vor ihnen herrollt, selbst die Lah-
men und Blinden zur Verfolgung hcrbcizichcnd. Aber
 
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