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Kunst- und Unterhaltungsblatt für Stadt und Land — 2.1853

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Lunkenbein: Der Millionär ein Bettler
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Sägelken, D.: Jagdabenteuer im Innern von Südafrika
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https://doi.org/10.11588/diglit.45118#0122

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heil anrichtct, die Quelle der trübsten Erfahrungen bildet.
Schneider war ein leidenschaftlicher Lottericfpieler. Gegen
den Schluß der Collcete konnte nichts ihn mehr aufhal-
ten; eine fiebrische Hast, ein Zittern bemächtigte sich des
Alten bei der geringsten Bcsorgniß zu spät zu kommen;
und Versuche, ihn die Zeit vergessen zu machen oder ihn
nicht aus dem Zimmer zu lassen, drohten mehr als ein-
mal eine wirkliche Wuth hcrvorzurufxn oder sonst ein
Unglück zu veranlassen. Und wie cs nun der Zufall
wollte, — die weuigen Kreuzer, welche der lieber Hun-
gernde an solchen Tagen cinseztc, hatten nie auch nur
eine kurze Freude über unbedeutenden Gewinn gebracht;
der Zufall verschmähte, einen seltenen, flüchtigen Licht-
strahl gerade in das Dunkel dieses elenden, trüben Le-
bens, wie er ihn doch zuweilen andern, auch Ärmere und
Mühseligen erglänzen läßt, wenn auch die Finsternis
dann meist nur um so tiefer, das neue Elend um so
bitterer und härter ist.
Doch Alles hat seine Zeit! Zn derselben Stunde,
welche die liebliche Blume, die im goldenen Strahle der
Sonne die ganze Pracht ihrer Farben entfaltet und mit
ihrem Dufte entzückt hat, bleich und welk am Abende
das Haupt finken steht, mag der verachtete Wurm, hat
ihn der flüchtige Fuß verschont, nach dem Laufe der
Natur sein kurzes Leben schließen.

Der fruchtlose Kampf verzehrt die Kraft des Lebens,
reibt auf; in der endlosen Wüste verschmachtet die Seele,
die Fiber ermattet, die Gluth verzehrt sich selbst; die
starre Hülle bleibt kalt und todt zurück. An einem stren-
gen Wintermorgen trugen wenige Männer einen armse-
ligen Sarg hinaus auf den Friedhof. Kein trauerndes
Menschcnantlitz folgte ihm; der in ihm lag, mußte im
Leben keines theilnehmcnd zur Seite gehabt haben.
Draußen ward er in die hart gefrorene Erde gebettet,
ohne Sang, ohne Klang. Still, gleichgültig entfernten
sich die Träger; sie hatten nur einen Lohndicnst gethan.
Gleich still und theilnahmlos verrichtete der Todtengrä-
ber sein leztcs trauriges Geschäft. Den sie so begraben
hatten, war der alte, arme Schneider. Eines Tages
hatte man ihn starr und kalt auf seinem armseligen La-
ger gefunden; Elend, Hunger, Kälte mochten zusammen
seinem kümmerlichen Leben ein Ende gemacht haben,
vielleicht mitten im leztcn Traume von einem endlich er-
reichten Glücke, dessen Mangel ihn ruhelos durch's Leben
gejagt. Wohl ihm! glücklicher im ew'gcn Schlafe als in
dem unseligen Wahne feines wachen Daseins! Das alte
zerrüttete Haupt hatte die Ruhe gefunden; die Ruhe im
Grabe — der Millionär ein Bettler!

Ilig-abettteuer im Innern von Südafrika.
(Aus „ckanÄ- und Secbilder aus der Gegenwart" von D. Sägclkeu, Oberlehrer zu Varel.)

Der Schotte Gordon Cumming war der Jagd in
seinen heimischen Wäldern überdrüssig geworden. Er
sehnte sich nach den wellenförmigen Ebenen und den Fcl-
fcnbergen fremder Wclttheilc und begab sich nach der
Knpkolonie, wo er unter die berittenen Jäger ging. Bald
aber gab er den Dienst auf, um in den wilden Gefil-
den und Wäldern des Landes seiner Jagdlust zu ge-
nüget!. Er versah sich mit Wagen zur Reise und zum
Obdach, mit den nöthigcn Zugochsen, und micthete eine
ganze Schaar von Dienern. So zog er im Oktober 1843
von Grahamstown aus und nahm seine Pferde, seine
Hunde und eine genügende Menge von Schießgewehr
und Schicßbcdarf mit sich. Fünf Jahre lang dauerte
sein Jägcrlcben. Er durchzog in verschiedener Richtung
das Land bis zum zwanzigsten Grade südlicher Breite
und kam durch Gegenden, welche nie zuvor eines Euro-
päers Fuß betreten hatte; Gegenden, wo die wildesten
der wilden Thicre im Ucberfluß vorhanden sind, und wo
er seine Lust im vollsten Maße büßen konnte.

Ein Abenteuer mit einer Löwin zeigt uns diesen
Jäger in all' seiner Charaktereigenthümlichkeit. Er näherte
sich dem nördlichsten Militairposten der Kolonie, Coles-
berg, und ritt ein zuverlässiges Pferd, dem er auch den
Namen Coleöberg gegeben hatte. Zwei seiner Diener
waren bei ihm, ebenfalls beritten. „Plötzlich," erzählt
er, „sah ich eine Viertelmeilc vor uns eine Menge Geier
in der Ebene, und dicht neben ihnen stand eine gewaltige
Löwin, die ein von ihr erjagtes Wild verzehrte. Ein
Dutzend Schakals leisteten ihr Gesellschaft beim Mahle
und schmauscten auf die vertraulichste uud ungenirtcste
Weise mit. Ich lenkte die Anfmcrsamkeit meiner Be-
gleiter dahin, indem ich bemerkte: „Da ist der Löwe!"
„Word Word Je, Allmächtiger! Dat is er!" Im Nu
zogen sie die Zügel an, rissen ihre Pferde herum und
wollten davonsprengcn. Ich fragte, wo sie hinwolltcn.
„Wir haben noch keine Zündhütchen aufgefczt," lautete
die Antwort. Das war so, aber während dieser kurzen
Unterhaltung hatte die Löwin uns bemerkt. Indem sie
 
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