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Kunst- und Unterhaltungsblatt für Stadt und Land — 2.1853

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Sforini, L.: Der Badearzt
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Poetische Blumenlese
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https://doi.org/10.11588/diglit.45118#0144

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bcrlmg meines Herzens, und er schwelgte wohl in dem
Gedanken, seiner Zeit mit derselben zu prahlen.
Er spielte die Rolle des Interessanten ausgezeichnet,
und ich stellte mich nicht unempfindlich gegen seine Lie-
benswürdigkeit. Als er aber in malerischer Stellung zu
meinen Füßen saß, und mit süßestem Augenspiel decla-
mirte, da knackte cs in den Zweigen, da kicherte es von
allen Seiten, und hinter jedem Baume schlüpfte eine
Fraucngestalt hervor, — aus jedem Busche lachte ein
neckisches Mädchcngesicht. Verblüfft und höchst unange-

nehm überrascht, sprang mein kleiner Verehrer auf. Die
Damen überschütteten ihn mit Vorwürfen, daß er sie
nicht zur Partie geladen, und mich mit Lob, daß ich es
ihnen freigcstellt, an unserem Vergnügen Thcil zu neh-
men. Der Doetor warf mir einen sehr fatalen Blick
zu und war seit der Zeir mein Freund nicht mehr. Ich
aber lachte und erklärte offen, ich habe wenig Sinn für
das Romantische.
(Schluß folgt.)


Poetische Mumenlese.

Fricdhofs-Älumen.
Ich fliehe der Straße glühenden Staub,
Such' kühlenden Schatten, duftendes Laub.
Ich seh' einen Garten, gehe hinein,
Mich schläfert der Bäume Säuseln bald ein.
Es schütteln Akazien blühende Locken,
Es klingen im Grase silberne Glocken.
Ein Glöckchen das singt, beweget vom Wind:
»Ich ivar einst ein kleines, rosiges Kind,
Doch hat mich dem süßen Leben entrückt
Die Mutter, die mich im Arme erstickt."
Viel Hunderte Glöckchen klingen und klagen
So schmerzlich, ich kann es nimmer Euch sagen.
Es seufzt die Akazie bange und schwer:
»Mein Kind, ach mein Kind! O klage nicht mehr.
Der Wahnsinn der Schande, Armnth und Noth
Ergriff mich und liebend gab ich Dir Tod."
Dann beugt' zu dem Glöckchen weinend hernieder
Akazie ihr schönes, weißes Gefieder.
Es fehlt in der Gartenmauer ein Stein,
Da schaut eine rothe Distel herein:
„Ich höre zur Straf' die Klaglieder an,
Denn all dieß hab' ich und mehr noch gethan.
Ach! könnt' ich den Menschen Kunde doch geben,
Wie qualvoll die Reue nach sündigem Leben."
Ein Mohnkopf fängt nun noch wimmernder an:
„Ich war einst ein großer, geistlicher Mann,
Ich lehrte die Tugend, übte sie nicht,
Und spottet' im Innern jeglicher Pflicht.
Geldgierig war ich den Reichen gewogen,
Geldgierig hab' ich den Armen betrogen."
Ein Eisenhut spricht mit bitterem Hohn:
»Ich war meines Vaterlands bester Sohn,
So steht's auf dem Grab, gehauen in Stein,
Was Grabfchriften sagen, wahr muß es sein;

Zwar hab' ich viel' Tausend Brüver geschlachtet,
Und habe die Kindespflichten verachtet."
»Das habe ich nicht," spricht Veilchen im Moos,
„Die Mutter theilte mein ärmliches Loos.
Ich nahm eine Wais' an Kindesstatt an,
Für sie hab' ich Vieles, Vieles gethan.
Ich ward von dem Kinde schmählich betrogen,
Dieß hat mich so früh zur Grube gezogen."
Es seufzen am Strauche Rosen im Chor,
Die purpurne singt im üppigsten Flor:
„Ich hatte ein südlich feuriges Herz,
Mich tödtete schnell verzweifelnder Schmerz."
Zum Kummer die weiße Rose geboren,
Starb langsam, nachdem sie Alles verloren.
Die blaßrothe war am Wege verblüht,
Es hatte sich Niemand um sie bemüht.
Die Lilie im weißen Sammetgewand,
Gezieret mit gold'nem, fürstlichem Band,
Sie singet in himmlisch reinen Accorden,
Triumph der Unschuld mit heiligen Worten.
Noch hör' ich, erwacht, den bebenden Klang,
Es zittern im Gras' die Glöckchen noch bang,
Die Distel schaut noch zur Mauer herein,
Ich lese die Schrift, gegraben in Stein —
Da treibt mich hinaus aus Friedhofes Mauern,
Jin Herzen ein leis, beharrliches Schauern.
Louise Frisoni.

Alt und neu.

Man null nicht gern mit Klagen plagen,
Wo Alles singt und seufzt und klagt,
Doch kann's einmal das Herz nicht tragen,
Ist ihm des Liedes Trost versagt.


K^o-l—
 
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