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Kunst- und Unterhaltungsblatt für Stadt und Land — 2.1853

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Eine Nichte Oncle Toms (Schluß)
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Die beiden Schwestern (Schluß)
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https://doi.org/10.11588/diglit.45118#0253

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191

in Berechnung gezogen zu haben. Man setzt in meinem
Alter ein Glück, wie das meinige, nicht so leicht auf's
Spiel. Prinzessinnen, wie Kalnla, findet man in Afrika
nicht überall! Ich sage das meinen Landsleuten in aller
Freundschaft, die etwa Lust haben sollten, mich zu besu-
chen. Sie werden gewiß gut ausgenommen werden, aber
sie dürfen nicht daran denken, daß sie schon im ersten
Jahr nach ihrer Ankunft — Prinzen werden.
Nachschrift des Herausgebers.
Obwohl es den Anschein haben konnte, als sei unser
ameriko-afrikanifcher Prinz der Versuchung nicht wider-
standen, die Utopia des Thomas Morus oder die Oceania
von Harrington in seiner Beschreibung des Königreichs
Framazugda nachzuahmen, so glaube ich doch im Uebrigen

für die Wahrheit dieser afrikanischen Odyssee bürgen
zu können. Die Memoiren meines alten Cameradcn
und Freundes Jonathan Romer find mir übcr Mogador
zugcfchickt worden . . . Hat er feine Eroberungsplane
ausgeführt? Hat er seine Honigmonate zu Jahren aus-
gedehnt, und, wie der neue Präsident seines ersten Va-
terlandes, das System der expansiven Politik pro-
klamirt? — Ich weiß es nicht; aber ich liebe ihn zu sehr,
um nicht zu wünschen, daß er trotz seiner Freude an
Abenteuern, und trotz der Wichtigkeit des Sultanthrons
von Kiloam, enden möge, wie so viele andere Roman-
helden — als glücklicher Gemahl seiner geliebten Prin-
zessin und als glücklicher Vater einer Tochter, wo möglich
noch schöner als ihre Mutter Kalnla!
I)x. Maso aus New-Uork.


Die beiden Schwestern.
(Schluß.)

In schrecklicher Spannung, in fürchterlicher Angst
um den Entflohenen, von dem nicht die geringste Spur
aufzufinden war, schlichen drei traurige Tage vorüber,
in denen die Kranke unter fieberhaften, wilden Phan-
tasien: sich ihrer Auslösung zu nähern schien. Nur der
Hausarzt und der vom Gerichtshof außerdem bestellte
und beruhende Arzt waren in der Wohnung des Hauses
fast stündlich anzutreffen, wo nur Jammer und Trübsal
herrschten. Selbst der Besitzer des Hauses zog sich gänz-
lich von den armen Bewohnern desselben zurück; und
weitere Bekannte hatten sie in Rom nicht, außer mir
und dem guten, polternden, aber tief fühlenden Mazzini,
dessen Zuspruch besonders ihnen manche traurige Stunde
erheitert hätte, wenn er nicht bald nach jener Katastrophe
selbst durch Gliederweh an sein Zimmer gebannt gewesen
wäre. So war ich allein den lieben Kindern nun Va-
ter, Freund, Bruder, ja ihr Alles. War die Leiden-
schaft, welche sich beim ersten Anblick der reizenden
Bertha meiner bemustert hatte, jezt auch weniger heftig
und stürmisch, so war sie doch desto inniger und heiliger.
Schmerz und Leiden aber vereinen gewöhnlich in reiner,
heißer Liebe fester und stärker verwandte Seelen, und so
geschah es denn auch, daß Bcrtha's Herz in jenen kum-
mervollen Tagen sich mir liebend zuwandte, und sie ward
aus ewig mein, obgleich kein Geständnis! der Liebe zu
einander von unfern Lippen floß. Dem Entschluß, der
in mir fest stand, sie heimzuführen als mein geliebtes

Weib, stellte sich zwar bei meiner Unabhängigkeit von
nhnenstolzen Verwandten nichts in den Weg, — durfte
ich aber jezt schon an ein Glück denken, da sie so unaus-
sprechlich litt? Entschleiern mußte sich zuvor das in Dun-
kel gehüllte Geheimnis! des Geflüchteten und der Ster-
benden, und die Alles lindernde Zeit mußte erst den
tiefen, nagenden Schmerz des guten Mädchens mildern.
Bis dahin der liebende Bruder und Freund im edelsten
Sinne des Worts zu sein, gelobte ich mir heilig.
Am vierten Tage schien die Kranke neue Kräfte zu
gewinnen, doch nur, um kurz nachher auf's Neue fürch-
terlicher zu toben. Nach einigen Stunden wurde sie
stiller und stiller. Wir glaubten sie enden zu sehen; die
Aerzte aber erklärten, die Gewalt der Krankheit sei ge-
brochen, die Kranke werde nun in einen längeren, wohl-
thuenden, ruhigen Schlaf verfallen, und dann wahr-
scheinlich ihre ganze Besinnung wieder erhalten. Und so
geschah es. Am andern Morgen verlangte die Kranke
jenen würdigen Geistlichen wieder, dem sie mit frommem
Sinn Alles, was sie aus dem Herzen trug und was sie
quälte, mitthcilte und dann die Bitte vorlcgte, ihre Ge-
ständnisse dem hohen Gericht zu offenbaren, wo sie bereit
sei, wenn Gott ihr Leben fristen sollte, dieselben zu wie-
derholen und durch einen Eid zu bekräftigen.
Sie ward nun durch den Zuspruch des geistlichen
Herrn ruhiger, und gelobte, mir und ihren Kindern,
wie sie Bertha und Anna nannte, ebenfalls Alles ge-
 
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