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Kunst- und Unterhaltungsblatt für Stadt und Land — 2.1853

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Eine Nichte Oncle Toms
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Die beiden Schwestern
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https://doi.org/10.11588/diglit.45118#0228

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er sank irllö tiefste Elend und zog von Marbash nach
El Garwan und von El Garwan nach Marbash.
— Du kennst also Marbash?
— Ich war erst vor acht Tagen dort.
— Gibt es dort Christensklaven?

— Einen einzigen.
— Gut, wie heißt er?
— Jak Thompson.
Meine Ahnung hatte mich nicht getäuscht, ich sollte
meinen armen Jak Wiedersehen. (Schluß folgt.)

Die beiden Schwestern.

Novelle.

„Was bringen Sie mir da?" rief hastig der bejahrte
Capellmeistcr Mazzini, ein braver Meister in seiner Kunst,
dem jungen deutschen Baron von . . . entgegen, der eben
bei ihm eintrat. Der war seit einem Jahr, seit er sich
in Nom aufhielt, sein Schüler in der musikalischen Com-
position. Bescheiden antwortete dieser: „Es ist die Schluß-
fuge meines Llnimt nmter, welche ich gestern vollendete,
und Ihnen nun zur Durchsicht und Corrcction einhändi-
gen wollte." — „Was Schlußfuge, was Ltadal nmter!"
polterte der joviale Meister. „Lassen wir für jetzt solches
abstracte, verwirrte Zeug ruhen! Dazu ist cs noch
immer, später, Zeit. Wenn Sie etwas recht Vernünf-
tiges, Lohnendes und Angenehmes schreiben wollen, so
componircn Sie ein Duo für zwei Harfen, oder noch
besser, ein Duett für Sopran und Alt mit zwei obliga-
ten Harfen. — Ich bin gleich mit dem Satze meiner
Arbeit fertig, dann sprechen wir weiter darüber!" —
Was kommt den närrischen Kauz an, dachte ich bei mir
selbst, der sonst aller profanen Musik abhold war, nur
Musik für die Kirche setzte, und sich um jede andere Gat-
tung wenig bekümmerte? ihm, der mich so oft vor sol-
chem frivolen weltlichen Treiben warnte? — Und jczt? —
Mazzini stand von seiner beendigten Arbeit aus, und
reichte mir freundlich die Hand. „Sie wundern sich
über meinen Ihnen vorhin gegebenen Rath, und staunen
mich an? Da, sehen Sie diese Arbeit an, mit der ich
so eben fertig wurde. Es ist das herrliche Duett von
Mctastasio aus der Olympiade, das ich für zwei Harfen
arrangirt habe. — Sie lächeln? Finden sich heute nicht
in Ihren alten Freund? — Nun, so Horen Sie, ich
will Sic aufklärcn. Ich wollte vorgestern einmal unr-
eine recht vernünftige, lang entbehrte Bewegung machen,
und schlenderte den Corso hinunter zur llorta üel popolo
hinaus. Nun hätte ich mich, wie Sic wissen, rechts
wenden müssen, um zur Villa Borghese zu gelangen,
wie meine Absicht war; — aber nach meiner alten Ge-
wohnheit ging ich in Gedanken vertieft, fort und fort,
und blickte mich erst um, als ich schon ein tüchtiges Stück

über ponlo mcüls weg und links an der Tiber hingegan-
gen war. Nun ging ich freilich vollends weiter bis zur
lloiNu Ich war warm und müde geworden,
und trat in das große Kaffeehaus am Petersplatz, um
mich zu restauriren. Dort saßen — wie soll ich Ihnen
die Himmelögcstalten beschreiben? — nun, da saßen
zwei junge Mädchen, beide Schwestern, wie zwei Ma-
donnen, Heilige oder Engel mit Harfen. Malen Sie
sich, lieber Baron, der Sie dieß mit Ihren fünfund-
zwanzig Jahren besser können, als ich Fünfziger, die
beiden Jungfrauen so schön und herrlich in Ihrer Phan-
tasie aus, als Sie nur immer wollen und können, die
Wirklichkeit erreichen Sie damit doch nicht. Sic brauchen
sich übrigens mit dem Ausmalen keine Mühe zu geben,
sondern bloß hinzugehen, um sie zu schauen von Angesicht
zu Angesicht, und den himmlischen Gesang der göttlichen
Sängerinnen und ihr braves Harfenspiel zu Horen. —
Jezt aber verlassen Sic mich, lieber Freund, damit ich
das Duett noch einmal durchsetzen kann, um es dann schnell
copiren zu lassen. Ihre Arbeit — eine Fuge, sagten
Sic? — will ich heute oder morgen durchgehen; lassen
Sie dieselbe einstweilen bei mir. Mit diesen Worten
drängte mich der eraltirte Meister so zu sagen zur Thür
hinaus.
Fast hätte ich mich über das sonderbare Benehmen
desselben ärgern können, daß er meine Arbeit, die gewiß
einige Beachtung verdiente, so mir nichts, dir nichts zn-
rückschob; aber, als ich erst auf der Straße war, mußte
ich laut auflachcn. Mit den Engelsbildcrn wird cs wohl
nicht so arg sein, wie cs der gute Mazzini macht, sagte
ich zu mir selbst; aber der Curiosität halber will ich mir
doch die beiden schönen Nymphen noch heute in der
Nähe besehen: das kann ja nichts schaden.
Durch einen Besuch abgchalteu, ging ich erst spät
auf das ziemlich entlegene Kaffeehaus, und sand es mit
Gästen aus allen Ständen überfüllt, welche eben, da
die lczten leisen Töne von Harfcnaccordcn verhallten, in
einen ganz unmäßigen Beifall auöbrachen, dem eine ehr-
 
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