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Kunst- und Unterhaltungsblatt für Stadt und Land — 2.1853

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Eine Nichte Oncle Toms (Zweite Abtheilung)
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Glümer, Cläre von: Das Haideweib (Schluß)
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https://doi.org/10.11588/diglit.45118#0180

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Hälfte des Preises von zwei Vollblut-Negern. Man
bietet uns oft Leute von allen Farben, von allen Ge-
stalten und von allen Großen an, aber sie taugen nichts
auf den Markt. Sie können die Hitze und die Arbeit
nicht ertragen. Sic machen eine schlechte Spekulation,
ich sag' es Ihnen zum Voraus.
— Aber Sie nehmen meinen Chronometer an?
— Weil Sie so wollen.
— Zum Glück war ei soLunüo Oapitan durch einen
heftigen Gichtanfall in feine Cajüte gebannt. Er konnte
mir also keine Opposition machen.
In fünf Tagen hatte ei llonilo feine Sclavcnladung
in Ordnung und Alles war zur Abfahrt bereit. Erst
im lezten Augenblick bestieg ich das Schiff mit Kalula
und Enphadde. Die Anker wurden gelichtet, und bei
gutem Wind fuhren wir mit der Ebbe rasch den Fluß
hinunter.
Nach einigen Stunden tanzte ei llonito lustig auf
den Wellen der offenen See, und ich schlürfte mit Be-
hagen die Luft ein, die, obwohl sie vom Lande herkam,
dennoch ihren bösartigen Charakter verloren hatte. Je
weiter sich das Schiff von der Küste entfernte, desto
freier athmete ich. Jeder Mund voll Luft schien tiefer
in meine Lungen cinzudringen, beschleunigte den Umlauf
meines Blutes und vertrieb den lezten Rest meiner Krank-
heit. Welche unschätzbare Wohlthat der Natur ist doch
die frische, freie Luft! Welcher Genuß liegt in dem
leichten Spiel der Rcspirationsorganc! Ach, fünfhun-
dert Unglückliche, die gefesselt unter meinen Füßen lagen,
waren grausamer Weise dieser Wohlthat beraubt. Mein
Herz empörte sich bei diesem Gedanken.
Mit dem Einbruch der Nacht wurde der Wiud stär-
ker. bll Lonito hatte alle Segel aufgespannt und bahnte

sich seinen Weg durch ein aufgeregtes Meer nur müh-
selig. Je mehr das Schwanken deö Schiffs der Länge
nach zunahm, desto herzzerreißendere Töne drangen un-
ter dem Verdeck herauf, und mischten sich mit dem Knar-
ren der Planken und Verschläge mit dem kläglichen
Pfeifen des Windes im Takelwerk. Das Meer wurde
immer stürmischer, ein schneidend klägliches Aechzen
und Seufzen drang durch die vergitterten Luken herauf,
und das Alles zusammen machte auf dem vermaledeiten
Schiffe eine so höllische Musik, daß man kaum mehr
einen erstickten Nothschrei hörte.
Am andern Tag brachte man fünf Leichname aus
der Zahl der Männer und zwei aus der Zahl der Frauen
herauf. Man warf sie über Bord.
— Nur sieben! rief der Kapitän, das heißt verteu-
felt Glück haben. Wenn ich eine volle Ladung habe,
rechne ich immer auf einen Verlust von 15—20 bei den
ersten Anfällen der Seekrankheit. Nun für die Anderen
eine Ncberraschung! Laßt sie Luft fchöpfen.
Man führte vierzig bis fünfzig auf einmal auf das
Verdeck. Wie sie aus der Luke herauf kamen, legte man
ihnen Handschellen an und fesselte sie sechs bis acht zu-
sammen, theils um zu verhüten, daß sie nicht über Bord
sprangen, theils um jeder Widersetzlichkeit vorzubeugen.
Jede Abtheilung wurde eine nach der andern auf das
Vordcrthcil geführt, man ließ eine Druckpumpe spielen,
deren heftiger Wasserstrom durch eine elastische Röhre
auf die Schwarzen gerichtet war. Nachdem sie so be-
gossen waren, ließ man sie fünfzehn bis zwanzig Minu-
ten an der Sonne spazieren und sich trocknen. Dann
mußten sie wieder hinabsteigen und Anderen Platz machen.
(Die dritte Abtheilung im nächsten Heft.)


Das Haibewcib.
Novelle nach einer Volkssage aus Mittel-Frankreich.
Von
Cläre von Glümer.

(Schluß.)

III.
Der bösen Geiger Macht.
Claudine war denselben Abend noch zu ihrer Heerde
zurückgekchrt; ihre Mutter konnte bei dem naßkalten
Herbstwctter das Schlafen im Freien nicht aushalten.

So hatte das Mädchen vom Unfall der Brüder nichts
gehört, saß Tags über träumend am Feuer und spann
Nachts von eilf bis eins, wie das Haidewcib befohlen
hatte.
Am Donnerstage aber kam Mathurino Pierrot, um
den Mundvorrath der Schäferin zu erneuern und wäh-
 
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