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Kunst- und Unterhaltungsblatt für Stadt und Land — 2.1853

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Eine Nichte Oncle Toms
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Sforini, L.: Der Badearzt
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https://doi.org/10.11588/diglit.45118#0139

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105


Ich wüßte nicht zn sagen, ob mir diese Nachricht
gefiel oder nicht. Die Freude wäre ohne Zweifel das
vorherrschende Gefühl gewesen, wenn ich dem Kapitän
des englischen Kreuzers auch nur eiue Sylbc hätte zu-
kommeu lassen können. Aber ich bemerkte, daß die bloße
Erwähnung des Schiffs Ueberraschung und Mißtrauen
erregte. Das Sicherste war also, den Gang abzuwarteu,
den die Ereignisse nehmen würden. Kamen die Englän-
der nach bün pomer, so konnte ich mit ihnen in Person
verkehren. Im entgegengesezten Fall würden sie schwer-
lich lang genug an ihrem ungesunden Ankerplatz'geblie-
ben sein, daß eine Botschaft von mir sie hätte noch dort
treffen können, vorausgesezt, daß mir überhaupt der
Mafuka gestattete, ihneu einen Boten zu schicken. Als
ich hierüber mit mir im Reinen war, richtete sich meine
Aufmerksamkeit natürlich wieder auf meine interessanten
Schützlinge und ich dachte auf Mittel, in der Zwischenzeit
für ihr Bestes, wie für das Meinige zu sorgen. Ich
traf Kalula auf einer Matte sitzend in einem Winkel
der Hütte, in der ich sie zurückgelassen hatte, aber in
ihrem Aussehen so vollständig umgewandelt, daß cs
schwer war, in ihr wieder die verzweifelnde, schmutzige
und entblößte Sclavin vom Morgen wieder zu erken-
nen. Das Bad und ein gutes Mahl hatten Wun-
der gethan und das Stück Kattun, das sie mit ächt
weiblichem Geschmack sich umgeworfen hatte, verbarg die
Spuren der Mißhandlung und ihre Magerkeit. Als
Lnpimüüs in die Hütte trat, sah sie ihn einen Augenblick
beim Schein einer Fackel an, dann stieß sie einen Schrei
der Freude aus und stürzte in seine Arme. Sie wech-
selten die rührendsten Beweise der Geschwisterliebe, und
selbst die Schwarzen waren ergriffen von dieser Scene
des Wiedersehens.
Nach den ersten Ergüssen der Zärtlichkeit ergoß sich

von Kalula's Lippen ein Strom melodischer Worte, deren
Gegenstand, nach ihren Blicken zu urtheilen, ich sein
mußte. Lnpbuäciv hörte ihr einige Augenblicke zu, uud
ohne ein Wort zu sprechen, ging er auf mich zu, fiel
auf die Kuiee, nahm meine Hand und legte sie auf sei-
nen gebeugten Nacken. Ich hob ihn auf, sah den Bru-
der und die Schwester so wohlwollend und freundlich
an, als cs mir meine von Natur harten Gesichtszüge
gestatteten, dann fügte ich ihre beiden Hände ineinander
und verließ die Hütte, um nur eine Wohnung zu suchen.
Das Aufsuchcn einer Wohnung in einem Negerdorf
beim Schein einer Fackel gäbe eine günstige Gelegenheit
zu einer interessanten Abschweifung. Allein ich begnüge
mich zu sagen, daß ich mit vieler Mühe und viel ver-
lorenen Worten endlich dahin gelangte, eine ziemlich
erträgliche Wohnung zu bekommen. Der Eigenthümer,
eia Mann von Distinction, saß vor seiner Hütte,
hatte ein großes Feuer vor sich uud begleitete mit dem
dumpfeu Getöse einer Art von Flaschen-Kürbis, der mit
Körnern ungefüllt war, die eintönige schleppende Melo-
die eines Liedes. Mehrere Neugierige sammelten sich
bald, um dem Handel nnzuwohnen. Jeder suchte die
Vorzüge der Wohnung hcrauszustreichen. Sie wurde
mir endlich zugeschlagen für fünf Thaler baar und zwei
Krüge Branntwein, zahlbar bei der Rückkehr des Schiffs.
Der Preis war das Doppelte seines Werths. Aber ich
trat in unmittelbaren Besitz, und cs war ausbedungen,
daß man mir inzwischen noch eine Palmenmatte liefern
sollte, groß genug, um das Lokal in einige Fächer einzu-
theilen. Nach einigen Minuten, die zum Auszug des
edlen Hausbesitzers uud seiner Familie hinreichtcn, zog
ich mit Kalula und Lnglmclcle in mein zerbrechliches
aber ziemlich bequemes Wohuhaus ein.
(Schluß der ersten Abteilung.)

Der Badearzt.

Novellette
vvn
S f o r L n i.

Seit mehreren Tagen war ich im Vorzimmer der
Tante vergeblich ans der Lauer gelegeu, den Doctor
allein zu erhaschen; — endlich gelang es mir.
„Guten Morgen, Herr Medieinalrath!" rief ich im
heitersten Tone.
„Guten Morgen, mein schönes Kindl Immer lustig
und frisch, wie die Lerche beim Sonnenaufgang? Welch'

süperbe Moosrose haben Sie da aus dem Garten geholt!"
sagte er, indem er seine Nase, die blühende, der Blume
in meiner Hand näherte. Was geht doch über den Duft
dieser Rose?"
„Ich schenke sie Ihnen, Herr Medieinalrath! doch
unter einer Bedingung."
„Lassen Sie hören!"
 
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