sein, hatte sich außer den Mauern der Stadt, unter dem
Dach einer Tenne, versteckt. Und seine Brüder verkün-
digten ihm, Naira sei heut nach dem Felsen gebracht.
Alsbald verschwor er sich mit ihnen und etlichen Freun-
den, sie zu befrein, und wenn es Alle den Hals kosten
sollte.
Um Mitternacht bestiegen sie ein kleines Segelschiff,
sechs rüstige Gesellen, mit Waffen wohl versehen. Sie
mußten aber einen großen Umweg nehmen, weil Wäch-
ter waren am Strand vcrtheilt und weithin hohes Fels-
gestad, da kein Schiff an- und abgehen konnte.
Dennoch am Abend des zweiten Tags, nach Ankunft
der Naira auf der Ansel, erreichten sie dicselbigc und
erkannten bald den rechten Landungsplatz; sahen allda
die Krüge und den Korb und fanden Alles unberührt.
Es überkam Zedanja große Angst um das Weib, das
er liebte. Und suchten lang nach ihr und fanden sie zu-
lezt auf einem schonen Hügel unter einem Palmbaum
liegen, todt; der Schleier über ihr Gesicht mit Fleiß
gelegt, die Hände bloß und alle beide weiß wie der
Schnee.
Da kamen die Jünglinge bald überein, es sollten
ihrer Vier auf geradem Weg zur Stadt zurücksteuern,
derweil zwei Andere bei der Leiche blieben. Jedanja
selber wollte sich freiwillig vor den König stellen, ihm
Alles redlich zu gesteh'n und zu berichten, denn er kannte
ihn für gut und großmüthig und wußte wohl, es sei
mit seinem Willen nicht also verfahren gegen Naira.
Auch kam er glücklich vor Athmas zu stehen, obwohl El-
dad cs verhindern wollte.
Wie nun der König alle diese Dinge, theils von dem
Jüngling, theils von Andern,- aus dem Grund erforscht,
auch jezt erfahren hatte, was die Männer auf dem Boot
gesehen, daraus er wohl merkte, Jezerte sei mit Naira
gewesen, da ward er auf das Aeußerste bestürzt und so
entrüstet über seinen Vetter, daß er ihn weg für immer
jagte von dem Hof.
Zugleich verordnete Athmas, Naira herrlich zu be-
statten auf der Insel, und ließ die Wildniß lichten und
Gärten anlegen. Bei jenem Palmbaum aber, wo das
Grab sein sollte, ward ein Quell entdeckt, den hieß man
Sühne-Brunnen.
Z u t e i k a.
Eine Episode aus den: N e g e r l e b e n.
In Soden, einem kleinen nassauischen Badeorte,
lernte ich vor etwa sieben Jahren eine interessante eng-
lische Familie kennen, die ein Negerweib als Dienerin
bei sich hatte, der man es ansah, daß sie einst sehr schön
gewesen. Herr Charles Gosford, früher Major bei
einem brittischen Regiment in Canada, hatte nachher län-
gere Zeit in den südlichen Staaten der Union, in Ken-
tucky und in Virginicn gelebt. Der Eigenthümer des
, Hauses, in welchem er wohnte, hatte als reicher Plan-
tagenbcsitzer eine Menge Sklaven, unter denen sich auch
Zuleika befand, die als Kind in das Haus gekommen
war. Als sie heranwuchs, und ihre Reize sich entfalte-
ten, wurde sie die unschuldige Ursache mancher Unruhen
im Hause, indem die männlichen Dienstleutc sich um
ihre Neigung mit einem Ungestüm bewarben, wie er den
Kindern des heißen Himmelsstriches eigen ist; allein Zu-
leika begünstigte Keinen, weil ein gewisser edler Stolz sie
beseelte; die Meisten gaben daher ihre Bewerbungen bald
auf und nannten sie spöttisch die stolze Sultanin.
Eines Morgens, erzählte mir der Major, stand ich
am Fenster und blickte auf einen freien Platz vor dem
Wohnhause, als ich plötzlich ein ungewöhnliches Hin-
und Herlaufen der Sklaven bemerkte, die sich endlich
! an einer gewissen Stelle zu versammeln schienen. Der
Major fragte seinen eben eintretenden Diener nach der
Ursache, und erfuhr, daß die schöne Sklavin Zuleika
eine öffentliche Züchtigung erleiden sollte, weil sic am
Abend, als der Sklavenaufseher sie wegen eines Ver-
sehens habe strafen wollen, zu einem Aufstande aufzurei-
zen versucht habe. Kaum hatte der Major dicß ver-
nommen, als er auch schon zu Herrn Hunter — so hieß
der Sklavenbcsitzer und Hauscigenthümer — eilte, um
sich für die Unglückliche zu verwenden. Er fand sie mit
gebundenen Händen vor ihrem Herrn stehen, zitternd am
ganzen Körper, indeß Thränen aus ihren Augen ström-
ten und eine furchtbare Angst das holde Wesen zu er-
schüttern schien. Der Major brachte sogleich seine Bitte
vor; Hunter sah ihn einen Augenblick mit fast spötti-
schem Lächeln an, das jedoch der Bittende nicht be-
merkte; dann sagte er zu ihm: „Wohlan, ich schenke
sie Ihnen, die schöne Wählerin richtet mir doch nur
Unheil und Verwirrung im Hause an, denn die jünge-
ren Dienstleutc sind total vernarrt in sie. Ich schenke
sic Ihnen, so ist die Sache, denke ich, am besten erle-
digt und abgemacht!"
Nicht leicht ist wohl ein Mensch mit einem Geschenke