Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 4.1869

DOI Artikel:
Meyer, Bruno: Der Umbau des Schinkel'schen Museums in Berlin, [3]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4914#0103

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
liegt sichtlich nichts als eine mißverständliche Schluß-
folgerung aus einer einfachen und jedenfalls zutreffenden
Bemerkung Schinkel's über die Konsequenz seiner Ge-
dankenentwickelung vor. Darauf hin darf der Verf.
und die Kommission sich nicht in dem süßen Wahne wie-
gen, durch ihren Rath „der Pietät gegen den Erbauer
des Museums nicht nur nicht zu nahe zu treten, sondern
sich sogar um sein Andenken ein wesentliches Verdienst (!!!)
zu erwerben", sofern er oder sie mit der Einführung des
Oberlichtes nur einen Schritt weiter gehen will, als es
die leider auf einem anderen Wege nicht gut thnnliche
Reparatur erlittener Beeinträchtignng erfordert.

Die darauf folgende Frage aber:

„Kann bei Gelegenheit des Umbaues der Decke für den
ästhetischen Eindruck (!), für erhöhte Würde (!) und
Schönheit (!) der Lokalitäten etwas geschehen?" —
geziemt gar nur Jemandem, der keine Pietät gegeu das
Genie Schinkel's und äußerst wenig Verständniß für seine
Größe hat. Er würde sonst in einem „Königlichen öffent-
lichen Gebäude" nicht Dinge unangemessen finden, die
Schinkelin feinem monumentalen Werke würdig genng
gefunden hat.

Es ist weiterhin gewiß keine Empfehlung, wenn
uns auf's Eifrigste dargethan wird, daß durch die vor-
geschlagenen Veränderungen noch keineswegs große, d. h.
„würdige" Säle entstehen, daß also, übersetzen wir, der
Hauptzweck des Umbaues nicht einmal erreicht werden
würde, ^ondern daß

die einzurichtenden Räume .vou 30 zu 36 Fuß bei 24
Fuß Höhe „besonders in einem Königlichen öffentlichen
Gebäude (!) nur als anständige (!) Zimmer, noch keines-
wegs als Säle zu bezeichnen sein würden";
während man so, setzen wir hinzu, einen mehr als
bloß anständigen Saal hat, desien imposante Raument-
faltung selbst die Kommission, wenn auch unbewußt,
empfand, nnd der nur dem Bedürfniß der darin auf-
gestellten Gegenstände gemäß durch Rüstwände mehr
dekorirt und eingerichtet als getheilt ist.

Zm Folgenden entdeckt Herr Magnus, daß Schinkel,
„der einsichtsvolle Mann"(!), da er mehrfenstrige Räume
für Bilder nicht brauchen konnte, durch sein eigenes Pro-
gramm (?!) gezwungen war, die Nordfront als eineu
Saal, swarum nicht auch als drei oder fünf ?!j mit vielen
kleinen Abschlägen anzuordnen. „Schinkel konnte da-
mals also (?!) keine größeren geschlossenen Räume her-
stellen (!). Um so freudiger würde er ohne Zweifel (!),
wenn er noch unter uns lebte, die Umgestaltung mit Ober-
licht, und die dadurch erwachsende freie Hand, nach Er-
messen größere oder kleinere Räume herstellen zu können,
gutheißen."

Armer Schinkel, der die Segnungen des alleiu
seligmachenden Oberlichtes noch nicht kannte! Daß der
Unglückliche, zu früh Geborene expreß um Mnseeuein-
richtuugen zu studiren in Paris und London gewesen,
haben die Herren wahrscheinlich vergessen! Sollte wirklich
nicht schon damals die „freie Hand" zur Anlage blinder j

Fenster uud unmonumentalcr eiscrner Deckeu-Nothkon-
struktionen „erwachsen", und Schinkel nur innerlich un-
fähig gewesen sein, sich zu diesen beueidenswerthen Höhen
für den platteu Philisterverstand emporzuschwingen? Mit
welcher Gedankenlosigkeit muß man die Rotunde des Mu-
seums betreten haben, diesen vollendetsten Oberlichtraum,
den nnser Jahrhundert hat entstehen sehen, nm ihrem Er-
bauer solche gutherzige Schulmeisterwcisheit vorzubeten!
Doch dem Verf. genügt sie, um daraus —

„nicht anders als folgerichtig" zu schließen, daß aus dem
Nordsaal fünf Oberlichtsäle gemacht werden müssen, ganz
nach dem Vorschlage des von der Generaldirektion in Affek-
tion genommeneu Baumeisters Tiede, „dem der Verf. aus
bester durch nichts beeinflußter lleberzengung beipflichtet,
nnd der allein ihm srisum tensutislj im Geiste Schinkel's
zu sein scheint."

Daß der Verf. sich auch für die Ost- und Westseite
engagirt hat, hat er in dcr Hitze des Gefechtes vergessen!

Wie unklar aber das Ganze gedacht ist, geht aus
dem unmittelbar folgenden Passus hervor:

„Wenn ich mich zu(sio!) Beibehaltung zweiervon der
Seite erleuchteter Kompartiments Nr. l und 2 oder auch
zwcier eben so schmaler Oberlicht-Kompartiments entschlie-
ßen sollte, so wäre es deni unvergleichlichen Werke von
van Eyck zu Liebe."

Herr Magnus findet es mit Recht unwürdig, daß
eine halbe Woche lang immer nur die eine, dann
eben so lange nur die andere Seite der beiderseits ge-
malten Tafeln zu sehen ist, nnd schlägt vor, dieselben
in die Wand hineinzulassen, so daß die beiden Sei-
ten in zwei aneinander stoßenden Räumen sichtbar
werden. Das ist ganz gewiß zn billigen. Warum das
aber nur in einer Wand zwischen zwei kleinen Komparti-
menten, nichtauch in einer zwischenzwei „würdigen"Sälen
geschehen kann, und warum dieser Akt besonderer Aus-
zeichnung für diese Krone der Galerie sogar eventuell
bei schlechtem Seitenlicht vollzogen werden soll, das hat
der Verf. auch nur anzudeuten vergesfen; so wie man
auch nicht darüber belehrt wird, warum das Genter
Altarbild von dem Platze, an den es seine historische
Stellung weist, zum Zwecke besserer Aufstellung anders-
wohin verschlagen werden muß.

Würde es denn übrigens nicht das Allereinfachste
und Natürlichste sein, die sechs Tafeln ganz frei in die
Mitte eines der projektirten„würdigen" Säle zu stellen, wie
der David und Goliath von Daniel va Volterra im Louvre
untergebracht ist? Oder noch besser, wenn nach unserem
Wunsche die Kompartiments erhalten bleiben, den ganzen
Altar in seinem vollen Aufbau, dnrch alte und nene
Kcpicu, die von dem Ganzen, irren wir nicht, bereits
im Museum vorhanden sind, vervollständigt (wie —
freilich mit vielen Willkürlichkeiten und in roher Wcise —
jetzt in Gent an seinem ursprünglichen Platze), an Stelle
einer Rüstwand aufzurichten? Das wäre zweifelsohne
 
Annotationen