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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 4.1869

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Meyer, Bruno: Der Umbau des Schinkel'schen Museums in Berlin, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4914#0104

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103

das Allerwürdigste. Besondcre Raumdispositionen sind
für diese Bilder absolut überflüssig.

,Bollkommen damit einverstanden, daß es überall
wünschenswerth ist, Gemälde nicht höher, als bis zu sechs-
zehn Fuß überdem Fußboden aufzuhängen, so bleibt, wenn
durch die Umwandlung Verlust an Wandfläche entsteht,
unter den gegebenen Verhältnissen dennoch kein anderer
Rath ses lebe die Konsequenzls, als der, daß man mitden
gcringeren Werken — und deren sind leider nur allzu
viele vorhandeu"

sDaß wir nicht wüßten! Die vorhandenen Werke dritten
und vierteu Nanges sind durchweg von um so höherer
historischer Bedeutung; darüber vergleiche man freilich
das alsbald Folgendels
— „einen oder zwei Fuß höher gehe."

Von unserem principiellen Widerstreben gegen das
Höherhängen uud von dem schon einschaltungsweise er-
hobenen Einwande abgesehen, erscheintdas vorgeschlagene
Auskunftsmittel auch sonst noch verwerflich. Wenn
geringere Bilder überhaupt der Aufstellung würdig
erachtet werdcn, so habeu sie auch ein Aurecht ge-
sehen zu werden. Man soll nicht auch in historischen
Äunstsammlungen die jammervolle Lebensregel zum
Gesetz erhebeu: Wer da (Kunstwerth) hat, dem wird
(auch noch vortreffliche Beleuchtung) gegebeu, und wer
nicht (schon an sich Bedeutung) hat, dem wird, das er
hat, (durch schlechte Placirung) noch genommen.

Uebrigens würden kleine Bilder, so hoch gehängt, ganz
verschwinden; große Fladen aber, die gerade nur zum
Todthängen gut geuug wären, rangirt jeder vernünftige
Galeriedirektor lieber aus.

Um die empfindliche Abkühlung durch diese bedenk-
liche Konsequenz der Konseqnenz unschädlich zu macheu,
erhitzt der Verfasser des Uromomorlu nun sich und die
Leser durch folgende Kraftstelle:

„Wo es um so wichtige bauliche Eutscheidungen, wo
es um die Hauptfrage, um die Oonäitio sino c;uL uon,
um das liebe Tageslicht sich handelt — da erscheint es
engherzig, an einer bestimmten Zahl von Quadratfußeu
(Wandfläche) krampfhaft (!!) festhalten zu wollen."

Hierbei, wie bei den ganzen Erörterungen, darf mau
nicht vergessen, daß Herr Prof. Magnus bis nahe an die
Blindheit weitsichtig ist, dergestalt, daß er nur mit zwei
scharfen Brillen uud mit äußerster Anstrengung noch zu
arbciten im Stande ist, um zu ermessen, wie seine Beob-
achtungen an Ort uud Stelle sich zu allein maßgebenden
normalen Zuständen verhalten.

Der Verf. fährt fort: „Die Künstwerke sind ihrer selbst
willen da. Jhre möglichst beste Aufstellung und Beleuch-
tung ist so sehr das Erste, daß" —

sinan um Allcs in der Welt „würdige" Räume damit
dekoriren muß? Nein, daß — j
„die Kuustgeschichte, die mit uud an denselben zu lehren
und zn studiren ist, weitans erst in zweiter Linie maß-
gebend werdcn darf."

D arf! Ueber dieses „eiquiclsm osnseo" euthalten wir
uns aller Erörterungen, und empfehlen es nur denjenigen
zur genauesten Kenntnißnahme und stetigen Vergegeu-
wärtigung, die über die Besetzung von Galeriedirektoren-
stellen zu berathen nnd zu entscheiden haben, und die
etwa noch auf dem Standpunkte stehen, dabei — vielleicht
gar mit einer gewissen Vorliebe — an ausübende Künst-
ler zu denken.

Die Stücke einer solchen Kunstsammlung sind eben
ohne historische Würdigung gar nicht entfernt richtig zu
genießen, und diese wird selbst dem Eingeweihten eigentlich
erst möglich, wenn er das Zusammengehörige zusammeu
findet. Schreiber Dieses hat sich trotz monatelanger
Gewöhnung in keinem Gemäldesaale so unbehaglich ge-
fühlt wie im Salon carro des Louvre, und viele An-
dere haben seine Empfindung getheilt. Das macht, die
Spitzeu der verschiedensten, entlegensten, gegensätzlichsten
Kunstrichtungen treten hier bunt und unvermittelt hart
aneinander, und selbst die erprobteste, eingewöhnteste
historische Betrachtungsweise geräth so disparatem Stoffe
gegenüber in's Schwanken.

Und hier hält das Jnteresse an lauter Meisterwerkeu
allerersten Ranges dem verwirrenden Gesammteindruck
noch einigermaßen die Wage. Wie? Sollen und wollen
wir ein ähnliches Durcheinander von Werken zweiten
und gar dritten Ranges herstellen und darbieten, und
den thatsächlich vorhandenen und einzig iu seiner Art da-
stehenden Vorzug unserer Gemäldegalcrie ihre seltene
Vollständigkeit und verhältuißmäßig gleichmäßige Be-
setzung in den verschiedenen Schulen und Meistern,
statt ihn in's Licht zu setzen und fruchtbar zu machen, ver-
wischen, und die Sammlung zu einer zerfahrenen Masse
werden lassen? —

Davor mag uus ein guter, wirklich guter Rath beim
bevorstehenden Umbau und künftig ein recht vorzüg-
licher, einsichtiger, bescheidener, uneigennütziger und auf-
opferungsfähiger Galeriedirektor bewahren, wie wir ihn
seit Stiftung des Muscums zu besitzen das Glück gehabt
und leider im ungünstigstcn Augenblicke, auf dem Punktc
einer wichtigen Entscheidung — fast über Sein oder
Nichtsein der Galerie — jetzt verloren haben. —

Es macht übrigens einen eigenen Eindruck, (in der
letztangeführten Stelle) diesen Eifer für die Erhaltung
und sorgfältige Behaudluug gar nicht bedrohter Kunst-
werke, als ob wir in einem barbarischeu Lande und Jahr-
hunderte lebten, und der Verf. des kromemoriu unter
Larven die einzige fühleude Brust wäre, bei demselben
Manne eutbrennen zu sehen, der, als einS der herrlichsten
Meisterwerke unseres Besitzes thatsächlich ruchlos ver-
nichtet war, monatelang, nachdem dic öffentliche Eut-
rüstung sich in starken Ausdrücken übcr die elende Rcstau-
ration unseres ehemals unvergleichlichen Andrea del
-^arto Luft gemacht hatte, durch absichtliche Vermeidung
 
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