Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 4.1869

DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4914#0106

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
105

Trotzdem nnd alledeni aber kann man an einem Tage in !
Newyork mehr sehen, als hier in Boston während eines
ganzen Jahres und Sie jverden es daher begreiflich finden,
wenn ich sage, daß mir cin in Newyork kürzlich gemachter,
mchrtägiger Besnch eiu wirkliches Labsal war. Der
Mittheilung des dort Geschauten werde ich daher anch
meine Korrespondenz heute hanptsächlich widmen.
iSchluß folgt.)

Nekrologe.

Gnstav Adolph HeilNlg, Historien- nnd Portraitmaler
und Prvfessor der Kmistäkademie in Leipzig, wo er im Januar
starb, wurde 1797 in Dresdcn geboren und cmpsing seine
erste Kimstbildung an der Dresdner Akademie unter Schubert
und Mathai. Nack dem frühzeitigen Tode seines Vaters
wandte er sich mittellos, wie er war, mit siebzehn Jahren nach
Großenhain, bethätigte dort zuerst sein ungewöhnliches Talent
zum Portraitiren. verschaffte sich dadurch seinen Unlerhatt und
ging im Jahre 1816 mit 15 Thlrn. Baarschaft auf gut Glück
uach Leipzig. Hier fand er schon damals überaus freundliche
Aufnahine und ausreichende Beschäitigung im Portraitmalen,
sodaß er im Stande war, zn seincr ferneren Ausbildung zur
Akademie nach Dresden zurllckzukebrcn. Nachdem ibm hier
das Neisestipendium für Jtalien zuerkannt war, machte cr sich
1822 mit seinein Frcundc, dem Kupferstecher Stölzel, zu Fuß
auf den Weg und beide marschirten bis Florenz. Schon in
München waren noch etliche Freunde dazugestoßen und in
Jnnsbruck schloß sich auch Ernst Oehme an, der den dort er-
krankten Maler Heinrich bis an seinen rasch eingetreienen Tod
gepflegt hatte. Von Florenz ging eS sodann mit dem Betturin
nach Rom, wo Hennig, Stölzel und Flobr aus Hamburg
unter cineni Dache mit dem Meister Joseph Koch wobnten.
Jm Jabre 1823 machte er einen längeren Ansflug nach Perugia;
der Verkehr mit der Familie Lanetti dort, wo er drei Mo-
nate verweilte, bildetc einer seincr schönsten Jugenderinne-
rungeii. Jm Jahre 1825 ging er wieder mit Stölzel nach
Neapel und kehrte ein Jahr darauf über die Alpen zurück.
Diese italienische Studienzeit war ganz gefüllt von den An-
regungen der neudeutscheii Kunst, wie sic damals in Rom
aufblübtc und für welche Hennig von Haus aus Verständniß und
Antheil mirbrachte. Wenn er durch das Maß seiner Begabung
auch nicht zu einer hervorragenden Stelle umer den Künstlern
des Overbeck'schen KreiseS gelangte, so hat er doch den ern-
sten, gewisscnhaften Sinn für die Form. das unermüdliche
Versenkcn in alle Einzelheiten und die treuherzige Auffassuiig
der Natur ans dieser Schule mitgenommcn und iiiemals vcr-
leugnet. 9m Jahre 1833 ging er zum zweiten Male nach
Jtalien. Die bedeutcndste Ärbeit, die er nach seiner Rückkehr
uuternahm, war die FreSkodekoration einiger Zinimer in Rü-
dingsdorf bci Altenburg, welche cr ini Auftrage des vr. Crusius
zusämmen mit Schwind uud meist nach den Skizzcndes Letztcren
ausführte. (l835—37). Den Hauplinbalt dieser FreSken bildet
„das Leben dcr Psyche". Scit 1840 wirkte er als Lebrer an der
Akadcmic zn Leipzig. Untcr seinen historischen Gcmäldcn wird
..die Vertreibung der Wechsler aus dem Tcmpel" besonders
geriihmt.

Abraham Eooper, als Schlachtcnmaler einer der ber-
vorragcndstcn Künstler Englands, gcborcn zu Holborn 1786.
starb in Grecnwich im December vorigen Jahres. . Der
Sohn cincs Gastwirths, begann er fcinc kllnstlerische Lauf-
babn mit Pfcrdestudien obne jede Anleitung, nur auf sein an-
geborencs Talent angcwiesen, bis cr in Sir Henru Meux einen
rcichen Gönncr und bei dem damals sehr angesehenen Thier-
maler Marshall Aufnahme und Beschäftigung fand. Sein im
Jahre 1817 ausgestclltes Gemälde „die Schlacht von Marston
Moor" cröffncte ihm die Pforten dcr Akadcmie, und von einem
Associate dcrselben wurde er drci Lahre später schon ihr wirk-
liches Mitglied. Die Zabl seiner Werke ist sehr groß, ihr
Stoff größtciitheils der vaterländischen Krieqsgeschichte ent-
iiommcn bis auf einige wenige, die sich anf orientalischem
Bodcn bcwegen.

lkmijtlitkratiir und Knnsthandel.

1. Der Bethlehemitische Weg, 12 Zeichnungm mit
Titelblatt von I. Führich, in Holzschnitt ausgeführt
von G ab er. Nene Ausgabe. Leipzig, Dürr, 1869.

2. Er ist auferstandm, 15Zeichnungen mit Titelblatt
von I. Führich, in Holzschnitt ausgeführt von Ga-
ber und Oertel. Leipzig, Dürr, 1869.

. Obgleich die vorliegenden Werke in dieser Zeit-
schrift schon einmal erwähnt wurden, verdienen sie doch
noch eine kurze Besprechung, da sie für das Verständniß
der Kunstrichtung, welche sie verlreten, entschiedene Be-
deutung haben. Zunächst muß uns der ungleiche Werth
der einzelnen Blätter ausfallen: während einige geradezu
vollendet genanut werden müssen, sind andre dagegen un-
bebeutend, einzelne in der Behandlung des Motivs und in
der Komposition sogar entschieden unglücklich. Zu deu
letztern rechnen wir den betenden Jesus in der ersten
Sammlung, die Höllenfahrt, Christus als Menschen-
fischer, die beiden Momente der Auferstehung in der zwei-
ten Samnilung. Man sieht, dies sind entweder frei er-
fundene Sujets einer eigenthümlichenArtreligiöser Genrc-
malerei, oder doch Scenen, welche nicht mehr auf dem
Bodeu der natürlichen, körperhaften Welt vor sich gehen
und darum einer Nenes suchenden Künstlerphantasie An-
laß boten, von herkömmlicher Auffassung und fcststehendeii
Typen abzugehen. Daß auf solchen Blättern dann gerade
die Neigung, im Einzelnen Undarstellbares bildlich zu ver-
körpern, die Freude an Gloricu und theilweise unschönen
Symbolen, nnd die Nachsicht gegen Fehler uach der bild-
nerischen und malerischeu Seite hin zusammengewirkt zu
haben scheinen, um uns an die Mängel dieser Kunstwcisc
zu erinnern, ist im Grunde nur natürlich. Denn nicht
ungestraft verläßt die heutige religiöse Kuust den Bodcn,
welchen ihr eine größere Vergangenheit schuf. Die schön-
sten Darstellungeii Führich's halten sich darum innerhalb
der typologischen, zum Theil sogar der kompositionellen
Grenzen, welche ihnen die kunstgeschichtliche Entwickelung
bestimmte, ohne daß man ihnen deßhalb Selbständigkeit
und eigenthümliche Lebenskraft absprechen darf. Die
Kunstrichtung, welcher der Meister angehört, hat nament-
lich mit Glück die Landschaft verwerthet, uni ihre Gestalten
mit weicher, annmthiger Lebensfülle zu umgeben. Schon
Overbeck in seinen Lübecker Bildern verstand es mcisterhaft,
die Umgebung zum Ausdruck der Stimmung, welche die
eigentliche Handlnng hervorbringen soll, zu verwenden.
Bei Führich sind die Menschen manchmal, einer Staffage
gleich, in die Landschaft gesetzt, wie bei dem Kirchgange
der Eltern (1), dem Gange uach Emaus (2). Auf diesem
Blatte, welches ich für die Behandlung dieses Gegenstan-
des klassisch nenneu möchte, steigert sich das Zusammen-
wirken vou Laudschaft und Figuren zu wirklicher Enryth-
mie. Hier ist auch der passende Ort, des trefslichen Hvlz-
schnittes zu gedenken; überall folgt er den Jntentionen des
Künstlers, uirgend aber löst er seine Aufgabe so vollkom-
men, wie in der Behandlung des Landschaftlichen, wo cs
doch galt, der Fülle des Lebenden einen lebendigen Aus-
druck zu geben, ohne durch ängstliche Detailmalerei das
Stilgesetz der Holzschnitttechnik zu übertreten. Man ver-
gleiche in dieser Hinsicht das Stückchen Nachtlandschaft auf
dem dritten Blatte der ersten Sammliing und die kleinen
Durchblicke zwischen deu Scenen einiger anderen Blätter;
es sind Beispiele virtuoser Technik. — Führich steht mit
 
Annotationen