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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 4.1869

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Blanckarts, Moritz: Die k. Kunstakademie zu Düsseldorf: ein historischer Rückblick bei deren fünfzigjährigem Jubiläum
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seine Wirksamkeit in Düsselvorf von den gedeihlichsten
Folgen sein sollte. Hicr sammelte sich nämlich um den
enthusiastisch anfgenommenen neuen Direktor balv eine
Anzahl talentvoller Schüler, wie Stürmer, Stilke,
Götzenberger, Hermann, Carl Schorn, Anschütz, Eberle,
Förster, Nuben und Kaulbach, von denen die fortgeschritten-
sten ihm während des Winters bei Anfertigung der Kartons
zur Hand gingen und im Sommer mit ihm zur Jsarstadt
zogen, um Lei Ausführung der Gemälde behülflich zu
sein. Cornelius verschasfte manchem von ihnen Ge-
legenheit, die gewonnenen Erfahrungen in eigenen monu-
mentalen Werken zu verwerthen. So erhielt Stilke den
Auftrag, im Assiseusaale zu Koblenz das jüngste Gericht
zu malen, das aber unvollendet blieb, Stürmer ein Bild
aus dem Leben Kaiser Friedrich Barbarossa's im gräflich
Spee'schen Schlosse Heltorf und Hermann und Götzen-
berger in der Universitätsaula in Bonn die vier Fakul-
täten ausznführen. Aber für die Düsseldorfer Akademie
sollte diese neue Epoche nicht lange dauern. Bereits 1824
folgte Cornelius dem Rufe als Direktor der Akademie nach
Müuchen und die meisten seiner Schüler siedelten mit ihm
oder bald nach ihmdorthin über. Nun übernahm dervon
ihm angestellte, als Kunstgelehrter sehr geschätzte Professor
Mosler (s 1860) die interimistische Leitung, bis im No-
vember 1826 Wilhclm Schadow die ihm Lbertragene
Direktorstelle antrat. Von diesem Augenblicke an datirt
der große Ruf und die hohe Bedeutung der Düsseldorfer
Schule in der deutschen Kunstgeschichte. Gehört Schadow
als ausübender Künstler auch nicht zu den ersten Größen,
so steht er als Lehrer vielleicht unübertroffsn da; seine
hohe geistige Befähigung, seine gründliche Bildung und
persönliche Liebenswürdigkeit trugen unendlich viel dazu
bei, nach allen Richtungen hin seiner Thätigkeit die nach-
haltigste Wirkung zu sichern. Es ist wahrhaft rührend,
welch uneudliche Verehrung ihm seine früheren Schüler
bewahrt haben und selbst seine Gegner können ihm die
größte Hochachtung nicht versagen. Von Berlin, wo er
seit 1819 als Professor angestellt war, hatte er mehrere
junge Männer mit an den Rhein gebracht, die dort den
Stamm der sich nun erstaunlich rasch entwickelnden Schule
bildeten und durck ihre glänzeude Begabung wesentlich zu
deren Ruhm beitrugen. Es waren C. F. Lcssing, Carl
Sohn (f 1867) Julius Hübner, Theodor Hildebraudt,
Heinrich Mücke und Christian Köhler (r 1861), deuen
Ed. Bendemann bald nachfolgte und welchen sich die in
den Klassen der Akademie bereits arbeitenden jungSn
Maler, aus deren Reihen namentlich Joh. Wilh. Schirmer
(r 1863) hervorzuheben ist, wetteifernd anschlossen.

Der damals iu Düsselvorf residirende Prinz Friedrich
von Preußen wandte der jungen Künstlerschaar seine för-
dernde Theilnahme zu, und der anregeude Verkehr mit so
hervorragenden Männern wie Jmmermann, Schnaase,
Nechtritz, Felix Mendelssohn u. A., deu das Allcn ofsen

stehcnde Haus Schadow's iu nugezwungener Weise ver-
mittelte, konnte nicht ohue belebenden Einfluß bleiben.
Die Bilver der Düsseldorfer Schule, welche sich besonders
das Studium der Natur und die Ausbildung der male-
rischen Technik vorgesetzt hatte, fanden allenthalben eine
wahrhaft begeisterte Aufuahme, der 1829 gegründete
„Kunstverein für die Rheiulande und Westfalen" er-
leichterte den Verkaus außerordentlich und gewährte zu-
gleick durch die Bestimungen seines Statuts die Gelegen-
heit, größere Werke fürKirchen, ösfentliche Gebäude u. dgl.
zu schaffen. Der Graf von Spee ließ auf seinem Schloß
Heltorfüm Anschluß an das Stürmer'sche Bild einen
ganzen Cyclus voN Fresken aus dem Leben Friedrich Bar-
barossa's malen, mit deren Ausführuug Lessing, Mllcke
und Plüddemann (f 1868) beauftragt wurdeu.

Die immer wachsende Zahl der Schüler bedingte all-
malig eiue Bermehrung der Lehrkräfte, welche Schadow
bereits aus der Schule selbst entnehmen konnte. Dem
alteruden Professor Kolbe wurde Th. Hildebrandt an die
Seite und später zum Nackfolger gesetzt. Carl Sohn
ward ebenfalls zum Lehrer ernannt und Joh. Wilh. Schir-
mer an die Spitze der 1831 gebilveten Landschafterschule
gestellt. Auch stiftete Schadow eine Klasse für ausübende,
d. h. Bilver malende Künstler nnter seiner eigenen Leitung,
und eine „Meisterklasse" ohue Correktur, was man ihm
sehr zum Vorwurf gemacht hat, da man darin eine, wie
Springer sagt: „Jn-Permanenz-Erkläruug der Ilnselbst-
ständigkeit" sah, womit er aber doch nur, wie derselbe
richtig fortfLhrt: „die unabweisbaren allgemeinen Mißver-
hältnisse regelte und in ein Systembrachte." An Thelott's
Stelle wurde der ausgezeickuete Kupferstecher Josef
Keller zum Lehrer berufen und in der Architekturklasse er-
setzte Nudolf Wiegmann (ver Geschicktsckreiber der Aka-
demie, 1865) den hinsiechenden Schäffer.

Jm Anfang der vierziger Jahre trat eine Wendnng
in deu bisher so glücklichen Verhältnissen der Akademie
ein. Das patriarchaliscke Familienverhältniß kounte bei
der täglich zuuehmenden Sckülerzahl unmöglich fortbe-
stehen, Mißverstäudnisse, Neibnngen uud Zerwürfnisse
entstanden, die den Austritt mehrerer der talentvollsten
Küiistler veranlaßteu, uuter dcnen als ciner derErsten sich
der geniale Deutsch-Amerikaner Emauuel Leutze befand,
welche nun ihre eigenen Ateliers errichteten und immer
selbstständigcre Wege einschlugen. Schadow hatte durch
zunehmende Kränklichkeit viel von seiner ursprüuglichen
Frische verloren und seine immer strenger werdende ul-
tra-katholische Nichtung, die iu Lessing's Hussitenbilvern
cine anti-kirchliche Tendenz erkennen wollte, machtc ihn
einseitig und abgeschlossen, so daß die Trennung von der
Akademie bald allgemeiner wurde und gar viele junge
Maler ihre Ausbildung in den PrivatatelierS außerhalb
derselben empfiugen. Die bisher herrschend gewesene
romantische Nicktung verschwand allmälig, eine außer-
 
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