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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 4.1869

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Blanckarts, Moritz: Die k. Kunstakademie zu Düsseldorf: ein historischer Rückblick bei deren fünfzigjährigem Jubiläum
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ordentliche Vielseitigkeit der Auffassung und Darstellungs-
weise in dcn mannigfaltigsten Gegenstanden wurde durch
die verschiedenen, vcn einander getrennt arbeitenden
Kiinstler erreicht und die ganz veränderte Zeitströmung
trug dazu bei, der Düsseldorfer Schule auf den Weg einer
gesuuden Weiterenlwickelung zu verhelfen, auf dem sie
seitdem zu so schönen Ergebnissen gelangt ist. Ein reges
Streben zur Hebung der sozialen Verhältnisseführte 1844
zur Grnndung des „Vereins Düsseldorfer Künstler zu
gegenseitiger Unterstützung und Hülfe", welchcr am ö.Au-
gust 1848 die des geselligen Vereins „Malkasten" folgte,
desseu Einwirkungeu auf die gegenwärtige Blüthe nichtzu
uuterschätzen sind. Von großem Einflusse wurde auch die
Errichtung einer permanenten Kunstausstellung, die den
fortwährenden Ueberblick dcr entstandenen Bilder gestattet
und einen steten Wetteifer rege crhält, während sie gleich-
zeitig den Antheil des Publikums an den Kunstschöpfungen
weckt und belebt. Wie manches schöne Bild wanderte zu
der Zeit, als alle Jahre nur eine sechswöchentliche Aus-
ftellung stattfand, in die Fremde, ohne daß es an dem Ort
seiner Entstehung bekannt werden konnte, was für Künstler
und Laieu gleich nachtheilig war. Eine neuerdings ge-
gründete zweite permanente Ausstellung vermittelt sogar
die Bekauntschaft auswärtiger Knnstwerke und lehrt da-
durch die einheimischen Kräfte sich mit den fremdeu stäh-
lend messen. 1851 beging die gesammte Düsseldorfer
Künstlerschaft Schadow's fünfundzwanzigjähriges Direk-
torjubiläum in der glänzendsten Weise, wobei es klar zu
Tage trat, wie die Verehrung für den Meister trotz aller
Parteizwistigkeiten, die nach wie vor fortdauerten, eine
tiefe und allgemeine war. Die Akademie konnte jedoch ihre
frühere Geltung nicht wieder gewiunen und blieb eigent-
lich nur noch der Sitz der kirchlich-religiösen Malerei, als
deren hervorragendster Vertreter Ernst Deger genannt
werden muß, der mit seinen gleichstrebendeu Freunden
Carl und Andreas Müller und Jttenbach in der Apoli-
nariskirche bei Nemagen am Rhein und später allein auf
Burg Stolzenfels vortrefflicheFresken ausgeführt hat. Die
übrigen Maler emanzipirten sich meistentheils nach den
ersten Stndien von der Akademie, die manche Berände-
rungen zu bestehen hatte. So wurde der ausgezeichnete
Begründer ihrcr weitberühmten Landschafterschule, Pro-
fessor I. W. Schirmer, 1854 als Direktor der neugestif-
teten Kunstschule nach Karlsruhe bernfen und durch den
Norweger Haus Gude ersetzt, welcher von dem Ruf der
Düsseldorfer Schule angezogen, mit dem gefeierten Genre-
maler Adolf Tidemand und vielen andern Skandinaviern
an den Rhein gekommen war und sich hier ausgebildet
hatte. Er wurde nach Schirmer's Tode auch dessen Nach-
folger in Karlsruhe und der geniale Oswald Achenbach
trat an seine Stelle. Schadow legte, durch Krankheit und
hohes Alter bewogen, 1859 sein Amt nieder, das an seinen
Schwagcr und berühmten Schüler Evuard Bendemann,

der seit 1837 in Dresden lebte, überging. Hildebrandt
wnrde pensionirt, Köhler, der inzwischen auch Professor
geworden, Mosler, C. Sohn und Wiegmann starben und
die Brüder Carl und Andr. Müller, der tüchtige Historien-
und Portraitmaler Jnlius Nöting und der trefslicheArchi-
tekt Giese aus Dresden folgten ihnen im Amte. Eine
wesentliche Vervollständigung abcr erhielt die Akademie
durch die vou Bendemann betriebene Errichtung einer
Bildhauerklasse, welche bcrsits in Schadow's Organisa-
tionsplan von 1831 vorgesehen, aber nicht zur Ausfüh-
rung gekommen war. H. Wittich, ein anerkannter Meister,
wurde zu ihrem Leiter berufen. Bendemann suchte über-
haupt die Akademie wieder möglichst zu heben, stieß in-
dessen dabei auf mancherlei Schwierigkeiten, die ihn bei
seiner leidenden Gesundheit bewogen, 1867 seine Stelle
niederzulegen. C. F. Lessing lehnte die ihni angctragene
Uebernahme derselben ab, ein neuer Direktor ist darauf
nicht wicder ernannt worden. Die Funktionen desselben
versieht jetzt zum Theil der Geh. Regierungsrath Altgelt,
zum andern Theil der 1868 als „Lehrer der Historien-
malerei" von Weimar berufeue Professor Hermann Wis-
licenus, bis zu dessen Eintritt Deger interimistisch als
solcher thätig war.

Die weit verbreitete Berühmtheit der Düsseldorfer
Schule veranlaßte die Berufung vieler ihrer bedeutendsten
Meister zu ehrenvollen Stellen nach audern Orten. C. F.
Lessing siedelte 1858 ais Galeriedirektor zu allgemeinem
Bedauern seiner rheinischen Genossen nach Karlsruhe
über, wo auch Des Coudres und Adolf Schrödter, der
geniale Humorist, als Professoreu angestellt wurden; wäh-
rend die Laudschaftsmaler Graf Kalkreuth und Alexander
Michaelis (ch 1868) als Direktor uud Lehrer der neuen
Kunstschule uach Weimar gingen. Jul. Schrader, Ed.
Steinbrück, H. Kretzschmer u. A. waren schon früher nach
Berlin, Julius Hübner, Plüddemann und Ad. Ehrhardt
uach Dresden, Jakob Becker und Dielmaun nach Frank-
furt a. M. gezogen, Andere hatten sich überallhiu zer-
streut, Alle aber tragen dazu bei, die in Düsseldorf
gewonnenen Fähigkeiten zum Ruhm der Schule geltend
zu machen und deren Principien zu verbreiteu. 1859
kehrte auch Emannel Leutze (ch 1868) dauernd nach Amerika
zurück, wo große Auflräge seiner harrten. Er hatte durch
seine eminente künstlerische Begabung vor Allem zur Ent-
wickelung eines gesunden Realismus wesentlich beigetra-
geu und in sozialer Beziehung eine außerordentliche
Rührigkeit bethätigt. Die Gründung des „Malkasten"
und der durch diesen in's Leben gerufenen „allgemeinen
deutschen Kunstgenossenschaft" (1856) sind hauptsächlich
sein Werk. Die großen Ausstellungen aber, welche die
letztere in München, Köln und Wien veranstaltet, haben
die Wciterbildurrg der gesammten vaterländischen Kunst
mächtig gefördert. — Wenn indessen viele tüchtige Maler
Düsseldorf verließeu, so kamen dafür wieder andere, die
 
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