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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 4.1869

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https://doi.org/10.11588/diglit.4914#0156

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Schmuck - Kästchen im Arme, auf dessen Jnhalt die
andre Hand deutet. Fragend sieht er die Liegende an,
bie halb zögernd, halb verneinend dazu schaut. Die
Situation ist klar genug, und die Wahl des allerdiugs et-
was bedeuklichen Gegenstandes ist auf Rechnuug des Be-
stellers, nicht des Küustlers zu setzen. Dieser bietet nns
eine strahlende Pracht von Farben uud Stosfeu, von tür-
kischeu und italienischen Renaissancemnsteru in so warmem,
harmonischem Farbenvortrage, daß man einc wahre Freude
daran haben kann. Jch hatte bisher nur weuige und un-
bedeuteudere Arbeiten Hildcbrand's, für ähnliche dekorative
Zwecke gefertigt, zu sehen Gelegenheit. Dieseni wirklich
tüchtigen Bilde sieht mau es an, daß sein Meister Stofs-
maler prir kxoslloneo ist. Man kanu nur wünschen, daß
es ihm nicht an Gelegeuheit fehlen möge, sein schönes
Talent noch mehr auf einem Gebiete zu entfalten, aus
welchem cr keineu Konkurrenteu zu scheuen braucht.

Luiistvrrriiie, Sammlungrn nnd Äusstellniigrn.

II. Dic Aiisftcllnng des Kiinstvereiiis für die Nhein-
landc imd Westfalen wurde den I. Mai iu Düsseldorf
eröffnet. Uiiter der großeu Anzahl von Gemälden sind Land-
schasten nnd Genrebilder wieder am zahlreichsten vertrelen.
Der Katalog mnfaßt 207 Nnmmern, von welchen vier auf
die Zeichnnng, drci auf den Kupferktich und je eine auf den
Holzschnitt nnd die Skulptnr kommen. Die religiöse Historien-
malerei weist einige tüchtige Werke auf, wie die uns bereits
bckannten Gemälde Otto Mengelbcrg's „Christus am Oel-
berg" nnd „Christus und dic Jünger zu Emaus", sowie „die
Vcrleugnung Petri" von Peter Janssen, das größte Bild
der Ansstellung; serner „die heilige Rosalia" von Franz Mül-
ler niid „der h. Hicronymus" von A. Graß. Jn dcr Pro-
sangeschichtsmalerei ist nur die Farbenskizze zu dem großen
Gemälde „Luther und Eck" von Julius Hübncr vorhanden,
wogcgen Schlachten nnd militärische Werke in zicmlicher An-
zahl von Adolf Northen, Emil Hünten, Chr. Sell und
Moritz Blanckarts ausgestellt sind, alle in ziemlich kleinen
Dimensionen. Von romantischcn Gegcnständcn ist eine „Fulia
mit dem Giftbecher" nach Shakespeare von Professor Theodor
Hildcbrandt und ein „Aschenbrödel" von Noland Risse
zu crwähnen. Jm cigentlichen Gcnre aber ist von Poesie wenig
die Rede, vielmehr inacht sich darin ein aufsallender Mangel !
an Gedanken und iicnen oder originell aufgefaßten Situationen
geltend. Auch in technischer Bezichung isi hier eigentlich nur
Mittelgut vorhanden, wedcr Ausgezeichnetes uoch auffallend
SchlcchteS. Jn den Bildern von Jngenmey, Leisten, Karl
Hcrtcl, Beinke n. A. überwiegt'bci durchaus geschickter
Piiiselsührnng cine so realistische Auffassungswcise, däß sie zu
lebhaftcn Bedenken Veranlassung geben. Sie behandeln all-
tägliche Gegcnstände in modernstem Kostüm, ohne auf Kom-
position nnd Schönhcitsgefühl weitcr Nücksicht zu uehmen.
Mosclagen, Geertz, Ewers, Wieschebrink u. A. baben
recht lüchtigc Werke aus dem un,Shlige Mal dargestellcen Be-
reich dcr ländlichen Haus- und Familienscenen gcliefert, dem-
selben aber auch keine besondcrs anziehende Seite abzulauschen
vermocht. Am meisten fesselt noch „Eine polnischc Landbricf-
trägerin" von Frl. Ernestine Friedrichsen, weil darin ein
charaktcristischer Nationaltypus mit vielem Talcnt wiederge-
gcbcn erscheint. Unter den Landschaftern zeichnen sich, außer
eüiigen uns bereits durch dic permanenten Ausstellungen be-
kannt gcwordenen, die Gcmäldc von Maurer, Aug. Weber,
A. v. Wille, Röth, Wilh. Klein, Flamm und Thevdor
Hag cn chrcnvoll aus; wir finden auf dicsem Felde überhaupt ^
vicl hervorstechendere Leistungen als auf dem des Genres. .
Das Thierfach ist durch I. Deiker ganz vortrefflich vertreten.

L. Kolitz, höchst talentvollcr Schüler Oswald Achenbach's,

hat in der „Belagerung eiuer Stadt im 10. Jahrhundert" ein
interessantes und gut gemaltes Werk geliefert, das ebensowohl
zur Landschaft wie zur Figurcnmalerei gezählt werden kann
nnd schon durch dcn Neiz eines nicht gewöhnlichen Gegenstan-
des besticht. Von Architckturbildern sind die Straße aus Geut
von Minjon und die Kirchen-Jnterieurs von Vincenz St.
Lerche und Stegmann hervorzuheben. An Gehalt und
Zahl aber ungewöhnlich stark vertreten ist das Stillleben,
welchcs theils keck und brcit gcmalte Arbeiten, wie diejcnigen
von Frl. Clara von Böttcher, G. Michel u. A., theils sehr
fein durchgcführte aufweist, in welch' letztern sich der Einfliiß
Meister Preyer's bemerkbar macht, wie bei Frl. Searle,
I. Wilms u. s. w. Vortrcffliche Studienköpfe haben C. Lasch
und Michael Munkacsy ansgestcllt, von denen der letztere
allerdings mehr eine geschickte Nachahmung alter Bilder als
eine frische nnd originelle Wiedergabe der Natur Lekundet.
Die allegorischcn Zeichnungen voii Karl Clasen und die
Stiche nach Siegert und Degcr von Dinger und Massau
sind uns schon von früher her vortheilhaft bekannt. Eine an-
erkennende Erwähnnng verdient schließlich noch das Relief von
Conrad Müller: „die Vertreibnng ans dem Paradiese".

Münchcilcr iitternatioilale Ausstelliliig. Jm Glas-
palast klopfen die Hämmer, rauschen die Hobel, und die Tün-
chener eilen mit großeu Farbentöpfen geschäftig hin und hcr.
Die Zwischciiwände, welche den kolossalen Raum in ange-
mcsscne Avtheilungen scheiden, wachsen gleichsam aus dem
Boden, und kaiim haben die Zimmerleute sie befestigt, so sind
sie auch schon mit Farbe überzogen und bereit, die zu erwar-
tenden Schätze anfznnehmen. Obgleich der verlängcrte An-
meldetermin für die auswärtigen Künstler noch nicht abge-
laufen ist und sonach gemäß den vorläufigen Mittheilungen
noch vielfache Betheiligung zu erwarten steht, kann doch schon
auf Grund der bisherigcn festen Ankündigungen eine in jeder
Hinstcht reichhaltige und interessante Ausstellnng als gesichert
betrachtet werden. Abgesehen von dem, waS bereits früher
mitgetheilt wnrde, crhielt das Ausstellnngskomite aus Stutt-
gart die Nachricht, daß aus der Privatgalerie des Königs
und der Königin, sowie anS den Privatsammlungen des Frei-
herrn von Reischach, des bayerischen Gesandten von Gasser
und des Freiherrn von Sillem hervorragende Werke der Aus-
stellung werden überlassen werden. Auch werden sich von den
dortigen Künstlern Direktor von Neher, Profcssor Haeber-
lin, Bauerle und Müller an derselben betheiligen. Von
Seite der belgischen Küustlerschaft ist eine sehr erfreuliche Theil-
nahme bemerkbar, und es steht auch zu hoffen, daß aus der
Privatgalerie des Königs Wcrke jener belgischen Koryphäen
auf einige Zeit werden überlassen werdcn, welche im Augen-
blick kein Äild znr Verfügung haben. Der Abgeordnete der
Münchener Künstlerschast, Landschaftsmalcr Adolph Lier weilt
noch in PariS und sendet die günstigstcn Nachrichtcu.
Gerömc, Zamacois, Heilbut, Dore, Puvis de Cha-
vannes, Mannet, de GceS. Schreyer, Jaquet. v.
Thoren, Marchal, Jundt, Schützenberger, Paulsen,
Goupil, Diaz, van Marke, Bonnat, Jules Dupre,
Grasselin, BrLton, Daubigny, Protais, Palizzi,
Winter, Sch olderer, Saal,Vibert, Nazon, Stevens
u. A. sind gewomien. Aus Rom, Mailand und Florenz
sind zahlreiche ylastische Werke angckündigt, übrigenS noch nichl
genauer bczeichnet. Ebensolche aus London von Woad,
Deane, Richard Nedgrave, William Callow, V. E.
Dalson, Nobert Thornburn u. s. w. Aus Wien und
Dresden stehtBedeutendes zu erwarten. Berlin und Düssel-
dors werden quantitativ und qualitaliv stark venreten sein.
Vielleicht gelingt es durch besondere Verwendung, Werke ciniger
der bedeutendstcn norddeutschen Kiinstler aus der Privatsamm-
lung dcs Königs zu crhallen. Die Verwaltungen der Eisen-
bahnen in Baden, Württcmberg, Hessen-Darmstadt, Sachsen,
Belgieu und Jtalicu sind der bayrischen Staatsregierung in
höchst anerkemienswcrther Weise entgegengekomincn, die Zoll-
behandlung wird überall die koulantestc sein, und steht noch in
sicherer Ausstcht, daß anch die Linien Berlin-Anhalt-Leipzig
und Wien-Linz-Salzburg, welche gleichfalls um Frachter-
mäßigung angegangen worden sind, solche zugestehen werden.
 
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