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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 4.1869

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https://doi.org/10.11588/diglit.4914#0213

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erhebliche Schwierigkeilen darboten. Und so ist es gewiß
erfreulich nnd rühwend hervorznheben, daß die Stände
des Landes nicht nur die Anstalt mit solchen Mitteln aus-
gestattet haben, „daß sie," wie der Direktor sich ausdrückt,
„in ihren Bestrebungen, den höchsten Anforderungen der
Kunst nahe zu kommen, sich keine Gränzen zu setzen
braucht," sondern in höckster Liberalität auch einen durch-
greifenden Um- und Neubau des Gebäudes ermöglicht
habeu, der, gegenwärtig schon dem Abschluß nahs, ge-
statten wird, frei nach Bedürsniß über den Raum zu ver-
fügen und den Organismus des Unterrichtes auch in
der äußeren Anordnung durchzuführen und zur Er-
scheinung zu bringen. — Daß durch die eiserne Konse-
quenz oder, mit dem Worte des Direktors, das „strenge
Negiwent" der zu Grunde gelegten Methode eiue gewisse
ausfällige Uniformität des Formcharakters und der
technischen Behandlung in allen Arbeiten der Schule her-
beigeführt wird, was schon oft — und auck von uns — mit
Bedenken bemerkt worden ist, läßt sich nicht übersehen-
Es wird Vielen interessaut sein, über diesen Punkt eine
authentische Aeußerung des Urhebers der Methode, des
Direktors v.Kreling selber zu vernehmen, die wir deshalb
mittheilen wollen. Derselbe schrieb anläßlich der Aus-
stellung seiner Schülerarbeiten zu Berlin an Herrn Hugo
Troschel (siehe dessen „Monatsblätter für Zeichenkunst
und Zeichenunterricht" Nr. VI. des laufenden Jahr-
gangcS) einen Bries, dem wir folgende Stellen entnehmeu:
„Gerade diese Gleichmäßigkeit iu der Auffassung und Be-
handlung ist das, was ich vom Anfang an beabsicktigte,
und ich erzielte sie dadurch, daß ich die meisten Lehrer-
stellen durch srühere Schüler von mir besetzte. Die Un-
gleichheit der Auschauungsweise von Seiten der Lehrer
an den meisten Kunstschulen habe ich als eine große
Schwierigkeit bei der Einsührung eines einheitlichen Lehr-
shstems angesehen. Jch will nur einfach das Zeichnen
nach dem Akt anführen, wie es auf den Akademien ge-
handhabt wird, wo die einzelnen Professoren abwechselnd
korrigiren. Jeder von ihnen verfolgt, seiner eigenen
künstlerischen Anschauung nach, oft ein dem anderen ganz
entgegengesetztes System." Uud weiter: „Jch glaube nun
nicht Gefahr zu laufen, durch dieses einheitliche Lehrver-
fahren in meiner Anstalt die künstige Selbständigkeit der
Schüler zu beeinträchtigen. Der feste Halt, den sie durch
diese eigentliche Sch ule bekommen, schützt sie später gegen
dilettantisches Hin- und Herirren." — Das ist die Sprache
eines Mannes, der sich klar seiner Sache und seines Zie-
les bewußt ist, und der die Kraft in sich fühlt, das Vorge-
setzte zu erreichen; und wie vieleKunstschulen dürften sich
jetzt einer solchen Oberleitnng rühmen? Was er gewollt
hat, das hat er durchgeführt und zwar in einer Weise, die
allgemein gerechtfertigtes Staunen erregt. Die weitere
Bewährung muß die Erfahrung bringen. Es muß und
wird sich bald zeigen, was für künstlerische Kräfte aus
dem Uuterricht der Anstalt hervorgehen und ob viele die
Uniform der Schule mit einem geschmackvolleu Rock nach
eignem Schnitt zu vertauschen wissen werden. Gegen die
obige Beweisführung aber sind doch wohl Einwendungen
erlaubt. Gewiß ist es schädlich, wenu Künstler von ganz
versdbiedenen Richtungen und Grundsätzen durcheinander
die Leitung und Korrektur einer Klasse, z. B. des Akt-
saales, in der Hand haben. Aber warum soll dies auch
geschehen? Wenn die Zahl der Schüler mehr als eine
Lehrkraft erfordert, können und müssen sie nicht in Ab-

theilungen unter je einem Lehrer unterrichtet werden?
Und giebt es nicht wirklich niehr Wege nach Rom?
Wenigstens iu den oberen Klassen müßte die Selbständig-
keit dcr Zöglinge eher künstlich hervorgelockt und aus den
Banden der Schüchternheit und des Schulzwanges befreit
als unter einer festen Norm befangen gehalten werden.
Jn der Malklasse hatten wir Gelegenheü, solche Ansätze
zu eigenartiger Entfaltung zu beobachten, nnd wie uns
scheint, nicht eben zum Nachtheile der schnlmäßigeu Sicher-
heit und Korrektheit. Mit Lehrern von wahrhaft bedeu-
tenden künstlerischen Qualitäten nnd wirklicher angebor-
ner Lehrbefähignng, wie sie dem Direktor von Kreliug in
eminentem Grade eigen ist, läßt sich ein streng metho-
discher Gang des Unterrichtes durch die verschiedenen Stu-
fen hindurch vereinbareu und durchführen, ohne daß es
nöthig wäre, an die Gefahr manieristischer Einseitigkeit
zn streifen oder andererseits den strengen methodischen
Zusammenhang und die Richtung auf ein unverrückbar
fest vorgestecktes Ziel zu verlieren. Eine Anstalt, die auf
so breitem Plane angelegt, mit so reichen Mitteln ans-
gestattet und einer so unvergleichlichen Leitung anver-
traut ist, fordert gewissermaßen dazu heraus, daß man an
sie die allerhöchsteu Anforderungen stellt und keinerlei
Bedenkeu unterdrückt, die dazu führen könnten, die Dis-
ziplin der Anstalt durch Widerlegung oder durch Berück-
sichtigung nur in immer hellerem Lichte leuchten zu lassen.
— Jnzwischen sind die gegenwärtigen Leistungen be-
reits so gänzlich llors ligms im Vergleich mit anderen
Kunst- und Kunstgewerbschulen, daß sie als Vorbilder
und Muster weiteste Verbreitung verdienen. Diesem
Zwecke dient die oben genannte Publikation ausgewählter
Arbeiten aus allen Gebieten des Kuustnnterrichtes und
der Kunsttechnik. Nach dem beigegebenen Blatt Text
wird beabsichtigt, diesePublikation zu einer shstematischen
Uebersicht der hervorragenden Erzeugnisse zu gestalten,
und es ist zu wünschen, daß dieses Vorhaben bald durch
das Erscheinen weiterer Lieferungen — vier liegen uns
vor — realisirt werden könute. Bielleichh wäre es auch
nicht ohne Jnteresse, wenn den Photographien ein Text
mit allen wüuschenswerthen Nachweisen über die Anstalt
und die publicirten Arbeiten beigegeben würde. Das bis-
her Erschienene enthält in jeder Lieferunz drei Studien-
köpfe nach dem lebenden Modell in Lebensgröße gezeich-
net, außerdem je eiue oder zwei plastische Arbeiten oder
Ornamentstudien und eben so viele ausgeführte kunstge-
werbliche Arbeiten, unter denen besouders der gothische
Stil reich, besser aber die Renaissauce vertreten ist. Wir
hehen hervor: das Mobiliar für die königlichen Zimmer
auf der Burg Hohenzollern; den Hohenzollern- und Jung-
frauen-Altar zu Kloster Heilsbronn (Architektur und Or-
namente original, das Figürliche zum Theil restaurirt, zum
Theil neu); und ein Bufset für den König von Bayern.
D>e letzte Lieferung enthält auch eine vortreffliche Ge-
wandstudie. — Die photographische Ausführung befrie-
digt alle Ansprüche, und die Maaßstäbe der Reproductionen
sind groß genug, um alle Details zur Geltnyg kommen
zu lassen und deutlich crkennhar zu machen. B. M.

Ueber Baustile. Ein Vortrag, gehalten auf dem
Rathhaus in Zürich von Gottfried Semper.
Zürich, Schultheß. 1869.

xl. Jn dem engen Rahmen eines Vortrages gicbt uns
der Verfasser eine anrcgende Darstellung der Baustile in
 
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