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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 18.1907

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Schumann, Paul: Siebenter Tag für die Denkmalpflege, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5912#0011

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Siebenter Tag für Denkmalpflege

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Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler zu er-
wähnen, welches Professor Dehio-Straßburg bearbeitet.
Der erste Band ist erschienen, der zweite ist im Druck
und wird noch vor Weihnachten erscheinen; ver-
schiedene Wünsche, die nach dem Erscheinen des
ersten Bandes an den Ausschuß herantraten, sind im
zweiten berücksichtigt worden. Auch der Ausschuß
für die Aufnahme der kleinen Bürgerhäuser in Deutsch-
land hat seine vorbereitenden Arbeiten gefördert.
Professor S^AZ-Charlottenburg, der die Herausgabe
dieses Werkes seinerzeit beantragt hat, berichtete dar-
über. Der Tag für Denkmalpflege wird das Werk
gemeinsam mit dem Verband deutscher Architekten-
und Ingenieurvereine bearbeiten. Es dürfte darnach
ein Seitenstück zu dem bedeutsamen Werke des Ver-
bandes über das deutsche Bauernhaus werden. Der
Verband und der Tag werden gemeinsam den Arbeits-
ausschuß bilden, der Verband wird den Vorsitzenden
stellen. Die Bearbeitung der einzelnen Teile ist ver-
teilt wie folgt: Dr. UTö^-Hannover übernimmt Nieder-
sachsen, Holstein; Professor P7/cÄo/7-Darmstadt: Baden,
Württemberg, Hessen-Darmstadt; Freiherr v. Schmidt-
München: Bayern; Professor Stiehl-Charlottenburg:
Brandenburg, Schlesien, Obersachsen; Provinzial-
konservator Dethlefsen den äußersten Osten; Stadt-
baurat Schaumann - Frankfurt a. M.: Rheinland und
Westfalen; Professor Wolff-Straßburg: Elsaß-Loth-
ringen. Für einige Landesteile sind die Mitarbeiter
noch zu suchen. Eine glanzvolle Ausstellung von
Aufnahmen und Abbildungen deutscher Bürgerhäuser
aus Braunschweig, Halberstadt, Bremen, Lübeck,
Elsaß, Frankfurt a. M., Trier, Nürnberg usw. zeigte
der Versammlung, daß wir ein überaus gediegenes
Werk vornehmer Art zu erwarten haben. Die Sichtung
des reichen Stoffes wird offenbar eine Hauptaufgabe
des Ausschusses sein und der ursprüngliche Zweck
des Werkes, die kleinen Bürgerhäuser darzubieten,
wird sich von selbst erweitern. Bei dieser Gelegen-
heit sei noch bemerkt, daß zu Ehren des Tages noch
zwei andere Ausstellungen veranstaltet waren. Der
Direktor des Großherzoglichen Museums Professor
Dr. Meier hatte eine sehr interessante Sammlung von
alten Goldschmiedearbeiten aus dem Lande Braun-
schweig zusammengebracht, welche einzelne hervor-
ragende Stücke — namentlich aus romanischer und
gotischer Zeit — enthielt und im übrigen die Unter-
lagen zu einer Geschichte der Goldschmiedekunst in
Braunschweig gesichert hat. Eine zweite umfängliche
Ausstellung umfaßte braunschweigische Natur- und
Kunstdenkmäler. Im Anschluß an diese hielt Geh.
Baurat Pfeifer einen Vortrag mit Lichtbildern über
braunschweigische Stifts- und Klosterkirchen, der in
ausgezeichneter Weise über den großen Reichtum an
romanischen Bauten Braunschweigs und ihre Pflege
unterrichtete.

Dem Jahresbericht des Vorsitzenden entnehmen
wir endlich die beachtenswerte Tatsache, daß der
beabsichtigte Abbruch des alten Opernhauses in Berlin
unterbleibt, wofür sich der vorige Denkmalpflegetag
ausgesprochen hatte; das Haus soll in seinen alten
Zustand zurückversetzt, ein neues Opernhaus an an-

derer Stelle errichtet werden. Der Gedanke der
Denkmalpflege ist sogar bis nach Afrika gedrungen.
Die Stadtverwaltung von Tunis hat sich an das
bayrische Staatsministerium mit dem Ersuchen ge-
wendet, Mittel und Wege anzugeben, wie man der
Stadt das Gepräge einer alten arabischen Stadt erhalten
könne. Die Frage ist vom Vorstand des Tags für
Denkmalpflege beantwortet worden.

Von den Vorträgen waren zwei allgemeiner Art:
Provinzialkonservator Baurat Büttner- Steglitz sprach
über die Frage: Wie ist die öffentliche Meinung zu
gunsten der Denkmalpflege zu beeinflussen? Geh.
Oberbaurat Hoßfeld-Berlin über Denkmalpflege auf
dem Lande. Über die praktische Denkmalpflege und
zwar die Hildesheimer sprach Architekt Sandtrock-
Hildesheim, ebenso führte Professor Tsigara-Samurcas
einige Beispiele der Denkmalpflege in Rumänien an,
wie sie durch König Carol dort in die Tat umge-
setzt worden ist, weiter sprach Professor Stiehl-Chzr-
lottenburg über die Notwendigkeit, den modernen
Backsteinbau künstlerisch zu beeinflussen, während
vier weitere Vorträge ganz speziell die Technik der
Erhaltung alter Kunstdenkmäler behandelten. Professor
LiiMe-Braunschweig sprach über die Bemalung alter
Holzbauten, Provinzialkonservator Dr. Haupt- Eutin
und Konservator Dr. Häger-München besprachen die
Konservierung der mittelalterlichen Skulpturen in Holz
und Stein, Provinzialkonservator Dr. Reimann-Y\a.nno-
ver erläuterte die Restaurierung eines im Saale aus-
gestellten Antependiums aus der Kirche zu Wennigsten
am Deister. Endlich brachte Professor Dr. Meier-
Braunschweig einige Ergänzungen zu seinem vor-
jährigen Vortrag über die Erhaltung alter Straßen-
namen. Einige andere noch angekündigte Vorträge
wurden auf die nächste Tagung verschoben.

Unser Bericht über diese Vorträge kann nur Ein-
zelnes kurz wiedergeben.

Provinzkonservator Büttner-Steglitz bezeichnete
als sicherstes Mittel die öffentliche Meinung zugunsten
der Denkmalpflege zu beeinflussen, daß man das
Volk selbst zur tätigen Mitwirkung bei der Denkmal-
pflege veranlasse und es zum Verständnis erziehe.
Von zu weit gehender Bevormundung, die das Volk
der guten Sache entfremde, vor Doktrinarismus und
Schematismus müssen wir uns hüten, dagegen aus-
gehen von der Beobachtung der Eigenart des Volkes.
Die kunstgeschichtlichen Bücher vernachlässigten leider
bisher die dem Volke am nächsten stehenden Kunst-
werke, wie Bürger- und Bauernhäuser, die schlichten
Dorfkirchen, Taufgefäße, Altarbilder usw. Bei Neu-
bauten von Dorfkirchen, Pfarr- und Schulhäusern
soll man an die heimatliche Bauweise anknüpfen und
gute Beispiele zur Nachahmung hinstellen. Die Auf-
sichtsbehörde müßte hindernd eingreifen, wo Ver-
fehltes geplant wird, und gegebenenfalls sogar gute
Pläne zur Verfügung stellen. Dies geschieht im Kö-
nigreich Sachsen schon unter gewissen Umständen.
Ein künstlerischer Beirat sollte jeder Regierung, dem
Landrat, den Konsistorien zur Verfügung stehen.
Weiter sind Baubeamte, Pfarrer, Lehrer usw. für die
Denkmalpflege besser auszubilden.
 
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