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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 18.1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.5912#0049

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79

Vermischtes

So

in Paris und London. Im Anschluß an frühere Unter-
suchungen von Dr. Gronau und anderen glaubte der Vor-
tragende die Entstehungszeit des Londoner Skizzenbuches
1 in die vierziger Jahre des Quattrocento ansetzen zu sollen,
während das Pariser Buch wahrscheinlich nach 1450 ent-
standen ist. Beide Bücher stehen in sehr naher Beziehung
zu Ferrara und Padua. Gewisse Stileigenheiten verleihen
den Zeichnungen ein eigenartiges Gepräge: das Bestreben,
die Studien vom Raum ausgehend zu gestalten, wobei öfters
auch Figuren, die inhaltlich nicht zusammengehören, durch
landschaftlichen Hintergrund oder Architektur bildartig ver-
bunden werden; ferner die weichen, sorgfältig gezogenen,
etwas schwer wirkenden Linien, die der Vorliebe für Silber-
stift entsprechen, im Gegensatz zu den scharfen, schnellen
Federstrichen Pisanellos. Das große Tafelbild in S. Tro-
vaso zu Venedig mit der Darstellung des hl. Crisogono
zu Pferd wurde vom Vortragenden für den Meister in
Anspruch genommen, unter Anschluß an die von Guido
Cagnola ausgesprochenen Beweise und Vorweis einiger
Skizzen, welche dieselben bestätigen und weiterführen.
Das Altarbild in S. Alessandro zu Brescia wurde im Zu-
sammenhang mit Zeichnungen, die sich im Pariser Skizzen-
buch befinden, erwähnt unter Hinweis auf die verwandt-
schaftlichen Beziehungen zu der Madonna in den Uffizien
und den S. Crisogono in Venedig. Es wurden Skizzen
vorgezeigt, in denen der Meister orientalische Schriftzüge
und Ornamentik nachzubilden suchte, wohl zu dem Zwecke
späterer Verwertung in Bildern, wie es die angeführten
drei Gemälde zeigen. Das kleine Predellenbild in Padua
wurde mit einer Zeichnung des Louvre verglichen, und auf
die Art aufmerksam gemacht, wie sich Jacopo bei end-
gültiger Ausführung seiner Entwürfe den gegebenen Dimen-
sionen anzupassen verstand und von ursprünglich phan-
tasievollsten Eingebungen teilweise absah. Die kleine
Kreuzigung im Museo Civico in Venedig ist wohl durch
viele Fäden mit dem Pariser Skizzenbuch verbunden, wenn
auch das schlecht erhaltene und übermalte Bildchen viel-
leicht nicht von Jacopos eigener Hand ausgeführt ward.
Zum Schluß wurde auf die große Bedeutung des Meisters
als Porträtmaler aufmerksam gemacht, Darüber sind uns
Nachrichten aus früheren Jahrhunderten erhalten; leider
kennt man keine Bilder. Eine Porträtzeichnung im Pariser
Skizzenbuch gibt aber Aufschluß über seine Auffassung
von Bildnissen und könnte daher noch zu wertvollen Er-
gebnissen führen. Eine Ausgabe zunächst des Pariser
Skizzenbuches durch den Vortragenden steht bevor.

Herr Dr. Gronau machte darauf aufmerksam, daß
Gentile da Fabrianos Altarbild aus S. Niccolö in Florenz,
von dem vier Tafeln in den Uffizien sind, nunmehr fast
in allen Teilen bekannt ist: das Mittelbild ist im Buckingham
Palace (veröffentlicht von Hörne im Burlington Maga-
zine 1905), vier Predellen sind im Museo Cristiano des
Vatikans (erkannt von Dr. Siren, s. L'Arte 1906, S. 332,
abgebildet in Schmarsows großem Masacciowerk). Zu
suchen bleibt noch ein Bildchen der Predella mit einer
Szene des hl. Nikolaus. h. b.

VERMISCHTES

Venedig. Zu unserer Notiz über das Verschwinden
eines Tizian aus dem Palazzo Reale in Venedig (Nr. 4 d.
Jahrg.) schreibt unser Mitarbeiter: Im Palazzo Reale in
Venedig befand und befindet sich nur ein einziges Bild von

Tizian, das heißt ein Deckengemälde im Vorsaale der ehe-
maligen Bibliothek. Dieses Deckengemälde stellt die alle-
gorische Figur der Gelehrsamkeit dar und hat niemals
seinen Platz verlassen, seit es mit den anderen Decken-
gemälden des anstoßenden Saales, welche im Jahre 1866
nach Wien entführt und dann zurückerstattet wurden, um ihre
rüheren Plätze wieder einzunehmen, zurückgekommen ist.
(Eine Kopie des Bildes ist angefertigt und befindet sich in
der Schackgalerie). Außer diesem Bilde gibt es kein dem
Tizian zugeschriebenes Bild im genannten Palazzo Reale.
Es ist aus demselben kein einziges Bild entfernt worden
und ist die betreffende Nachricht, welche die Zeitungen
durchlief, längst widerlegt.

Erlangen. Der Stadt ist das Gasteigersche «Brunnen-
buberl«, welches seinerzeit den Zorn der Münchener Sitten-
richter entfesselt hatte und das auf der diesjährigen Nürn-
berger Landesausstellung zu sehen war, von Privaten
geschenkt worden. Es soll in den Anlagen am Maximi-
liansplatz aufgestellt werden.

Fürst Alexander Berthier de Wagram, der bei der
französischen Armee als Leutnant steht und wegen seiner
Kunstliebe in Paris geschätzt wird, hat bei einem Aufent-
halt in Mailand das Mittelbild »Die Natur« von Segantinis
Triptychon für 200000 Francs erworben.

Der italienische Gelehrte Leandro Ozzola teilte kürz-
lich in der Zeitschrift »L'Arte« eine neue Deutung für
Tizians »Himmlische und irdische Liebe« mit. Er
erklärt das Bild als »Venus, die Helena zur Flucht mit
Paris überredet«. Das Pferd auf dem Bronzerand soll
das trojanische sein. Noch nähere Begründungen sind in
dem Aufsatz gegeben. Nur der Vollständigkeit halber
teilen wir die neue Taufe mit.

Pompeji. Die italienische Regierung hat für 30000
Mark ein Stück Land, das an das Haus der Vettier an-
stößt, angekauft, um daselbst neue Ausgrabungen vornehmen
zu lassen.

3. 0. Cotta'fctje ßudjbctndlung Dacbfolger
|K||Stl2 Stuttgart und ©erlin

\\7d. SximJ', Soeben erfcbienen!

Der Tiermaler

Ludolf Koller

1828—1905
Von Adolf Frey

HMt 13 Fieliograuüren und 2 Originalradierungen
Quartformat. 3n elegantem Leinenband <TX 8.—

SRubotf Söller, ber greunb airnotb SSikfünS unb (Sottfrieb
Selletg« ift etner ber bebeutenbften SKater ber ©djrocts unb einer
ber (jeroorragenbften 2termaler aller gelten. Slbolf SreriS SDJono-
arapbte über bieten Sliinfttec tft augfdjlleßttcG au3 MS jefct unbe-
fanntem Süaterlal ßefdiüpft. SJarunter befinben fid) etne ainjaht
unnebrutfter Briefe SBöctltnS.

Zu beziehen durch die meiften Suchhandlungen.

Inhalt: Florentiner Brief. — Die Leydener Rembrandtausstellung. Von Franz Dolberg. — e. Harburger f; F. Thaulow f; J- de Braekeleer f;

J. Flüggen t; Dr. K. F. Hartzer f; F. Chaigneau f; A. Wahlberg t; L. Jacottet f; J. Benner f; A. Lalauze t; ti. Dielmann f; W.
Stassow t; Dr. J. Helms f. — Personalnachrichten. — Nürnberg, Wettbewerb für ein Schillerdenkmal; Frankfurt a. M., Wettbewerb um
eine städtische Ausstellungshalle. — Denkmalpflege in Konstantinopel; Die ägyptischen Pyramiden. — Verdi-Denkmal in Mailand. — Funde
in S. Salvi bei Florenz, Gubbio und Schwerin i. M. — Ausstellungen in Brüssel, Braunsberg und Stuttgart. — München, Neue Pinakothek;
Ein neuer Holbein; Leipzig, Museum für bildende Kunst; Deutsches Museum. — Florenz, Kunsthistorisches Institut. — Vermischtes. —
Anzeigen.

Herausgeber und verantwortliche Redaktion: E. A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13
Druck von Ernst Hedrich Nachf., q.m. b.h„ Leipzig
 
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