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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 18.1907

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Personalien — Wettbewerbe — Denkmalpflege

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kannten Staatsrechtlehrers Hofrats Prof. Dr. Edmund Bernat-
zik, war er einer der treuesten Schilderer der Heimatsnatur.
Er hatte vor allem Begeisterung und die Brüder gehörten
zu den vielen jungen Wienern, die seinerzeit zu Fuße nach
Bayreuth pilgerten. Seine derbkräftige Anlage gestattete
ihm das; er war auch später immer zu physischer An-
strengung aufgelegt und insbesondere ein leidenschaftlicher
Radler, als solcher in etwas abenteuerlich grobem Dreß
eine bekannte Figur. Auch sein mächtiger Kopf, mit den
tiefgefurchten Zügen, ließ nicht ahnen, daß er ein fein
gestimmtes Gehirn barg. Sein Malen lernte er zuerst in
der Lichtenfelsschule der Wiener Akademie, floh aber
rechtzeitig nach Paris, zu Leon Bonnat. Wie andere
Wiener Moderne (Engelhart, L. F. Oraf, Germela, der
ältere Eugen fettel, der soeben in schwerem Siechtum und
geistesschwach verstorbene Franz Ruß, Bruder von Robert
Ruß) holte er sich von der Seine die neue Anregung und
das neue Handwerk. Im alten Stift Heiligenkreuz, dessen
Stimmung ihn sehr anzog, malte er im Jahre 1882
die »Vision des hl. Bernhard« (jetzt Moderne Galerie), die
ihn zuerst bekannt machte. Der Schauplatz ist der go-
tische Kreuzgang des Stiftes, das Naturstudium sehr ge-
nau, das »Wunder« allerdings nicht wundersam genug.
Auch sein »Klostermaler« (ein junger Mönch, der unter
sehr lyrischen Empfindungen eine liebliche Madonna kolo-
riert) ist aus Heiligenkreuz. Es folgten einige Landschaften
(»Abenddämmerung« aus der Aspanger Gegend, »Herbst«),
die mit Wucht gemalt, doch ein feines Luftgefühl ver-
rieten. Auch der Sinn des Wiener Biedermeier ging ihm
früh auf, als er damit noch ziemlich allein stand. Ein
Liebespärchen in solcher Tracht, auch noch mit einer
schier überschüssigen Wucht gegeben, aber zu vollem
malerischen Akkord gediehen, fand damals viel Beifall.
Als die Wiener Sezession gegründet wurde, war er einer
ihrer Grundpfeiler. Er widmete ihr seine volle Kraft, auch
als Organisator, und war im Jahre 1903 ihr Obmann. Da-
mals vollführte er mit Engelhart in Paris das Kraftstück,
in zwei Monaten das weitschichtige und kostbare Material
für die große Ausstellung des Impressionismus in der
Sezession zusammenzubringen, eine der genußreichsten,
welche die Verbindung veranstaltet hat. Seine eigene
Malerei vertiefte und beseelte sich in der Wechselwirkung
dieser Gemeinschaft von Jahr zu Jahr. Gleich seine ersten
Bilder ließen es erkennen und fanden sämtlich Käufer.
Meist grüne, durchfeuchtete Bilder, mit einem leuchtenden
Schwall von Wasser und purpurglühenden Blumen;
Märchenschauplätze gleichsam. Dann warf er sich ins
Gegenteil und malte in Neunkirchen am Steinfelde die
staubtrockenen, staubgrauen Dämmerungen dieser für
Wien sprichwörtlichen Einöde, aber auch die lauschige
Abendstille in den ländlichen Gäßchen mit ihren einsamen
Laternen, die ein irisfarbener Hof umgibt. Gelegentlich
stieg er sogar zu einem Weihnachtstableau mit geflügelten
Engeln auf. Und zuletzt sah man von ihm ein ganzes
Gemach, auf Gelb gestimmt, mit landschaftlichen Panelen
von rosig-violettem Farbenhauch, denen man übrigens den
Einfluß der Klimtschen Landschaften ansah. Er war ohne
Zweifel in steter Vertiefung und Vergeistigung begriffen,
man durfte da noch viel Gutes erwarten. Das Leiden
stand ihm allerdings schon lange im Gesicht geschrieben,
es führte zu schweren Anfällen, deren einer ein plötzliches
Ende machte, in jener idyllischen Villa an der Thalstraße
nach Gaaden, zwischen den Wäldern und Feldern, die er
so gern gemalt. Seinem Talent und Charakter ist in Wien
ein ehrenvolles Andenken gesichert. Ludwig- Hevcsi.

In Morat ist am 13. November der Schweizer Maler
Alfred Berthoud, 59 Jahre alt, gestorben. Er war Schüler
von Gleyr und hat sich als Porträt- und Landschaftsmaler

in der Schweiz einen bekannten Namen gemacht. Mehrere
Museen dieses Landes besitzen Werke seiner Hand.

Brüssel. Der Altmeister der belgischen Aquarellisten
und einer der geschicktesten Kenner dieser Kunst ist in
der Person von H. Staequet hierselbst verstorben. Staequet
übte eine fröhliche, lachende Kunst aus, die auch etwas
Zierliches, aber stets Lebenswahres hatte. Seine Bilder
waren sehr gesucht; er behandelte holländische und bel-
gische Interieurs, städtische und landschaftliche Eindrücke.
Seit fünf Jahren bekleidete er mit vielem Geschick die
Würde eines Präsidenten der Königlichen Gesellschaft der
belgischen Aquarellisten. Obgleich er als Regierungs-
inspektor der Nationalbank Staatsbeamter war, war er doch
in erster Linie mit Leib und Seele Künstler von unzweifel-
haftem Werte. A. R.

PERSONALIEN

Bruno Pauls Berufung als Direktor der Kgl. Kunst-
gewerbeschule zu Berlin ist vom Kaiser genehmigt worden.
Der Künstler, welcher in Seifhennersdorf in der Lausitz
geboren ist, steht im 34. Lebensjahre. Er gedenkt Anfang
nächsten Jahres in seine neue Stellung überzusiedeln.

Dem Direktor der Großherzoglichen keramischen Manu-
faktur zu Darmstadt, J. J. Scharvogel, ist der Charakter
als Professor verliehen worden.

WETTBEWERBE

Der Verband der österreichischen Kunstgewerbe-
museen hat unter allen im In- und Ausland wohnenden
österreichischen Künstlern einen Wettbewerb für den Ent-
wurf einer Plakette ausgeschrieben, welche anläßlich der
40jährigen Regierungsfeier des Fürsten Johann von und
zu Liechtenstein geprägt werden soll und eine Beziehung
auf die kunstfördernde Tätigkeit dieses Fürsten enthalten
muß. Näheres durch die Direktion des Mährischen Ge-
werbemuseums in Brünn, wohin auch bis zum 28. Februar
sämtliche Entwürfe einzusenden sind.

Berlin. Der Verein für religiöse Kunst hat ein Preis-
ausschreiben für geeignete Entwürfe zu Altargeräten wie
Kelch, Abendmahlskanne und Patene mit Preisen zu 125,
100 und 75 Mark erlassen. Einsendung der Zeichnungen
bis 15. Januar an den Verlagsbuchhändler W. E. Ernst,
Berlin W.

DENKMALPFLEGE

Madrid. Infolge einer Interpellation, die der Abge-
ordnete Saint-Aubin, ein Mitglied der Kommission zur
Erhaltung der historischen Denkmäler in Spanien, an den
Minister der Schönen Künste wegen des Verkaufs meh-
rerer Gemälde von Greco aus der Kapelle von San Jose in
Toledo gerichtet hat, ordnete die spanische Regierung eine
Enquete an. Der Minister hat daraufhin dem Erzbischof
von Toledo telegraphisch eine derartige Entwendung von
Kunstwerken, die übrigens nach dem Willen des Stifters
Eigentum des Staates sind, verboten.

In der »Tägl. Rundschau« wird energisch gegen den
Verfall des Domes in Soest protestiert und gleichzeitig
die Geschichte von dem Verkauf des Reliquienschreins
des heiligen Patroclus nach Berlin mitgeteilt. Derselbe ist
im Jahre 1840 von dem damaligen Kirchenvorstand um
etwas über 3000 Taler zum Einschmelzen veräußert wor-
den, und er wäre diesem Schicksal verfallen, wenn ihn
nicht König Friedrich Wilhelm IV. entdeckt und gerettet
hätte. Allem Anschein nach dürfte der Denkmalpflege in
Soest eine besonders dankbare Aufgabe harren.
 
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