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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 18.1907

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Jacobsen, Emil: Neues über Leonardo
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https://doi.org/10.11588/diglit.5912#0107

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195

Neues über Leonardo

LEONARDO, LANDSCHAFTSSTUDIE. UFFIZIEN

hand«. So schreibt Mackowsky sehr richtig in seinem
Buch über Verrocchio. Er deutet auch die Möglich-
keit an, daß Leonardo der Mitarbeiter gewesen sein
könnte, was um so wahrscheinlicher sei, als man sich,
wie er auch anführt, von seiner Beschäftigung in
jener Zeit keine rechte Rechenschaft geben könne.
Er läßt jedoch die Hypothese gleich fallen, denn —
sagt er — man weiß jetzt, daß Leonardo vom Jahre
1481 ab mit dem Trivulzio-Denkmal beschäftigt war.
Das Colleoni-Monument wurde aber schon im Jahre
1479 bestellt, die Vorbereitungen konnten schon am
Schluß desselben Jahres in Angriff genommen werden,
also hätte Leonardo doch Zeit genug gehabt, seinem
Meister beizustehen. Und wahrlich, der ins Ideale
gesteigerte Kopf des Kondottiere, der so hoch er-
haben über der vulgären und wenig bedeutenden
Physiognomie, die Mutter Natur ihm geschenkt hatte,
ist, deutet mehr auf den hohen Flug des Geistes
Leonardos, als auf die mehr an die Erde sich haltende
Natur des alten Verrocchio hinx).

1) Als eigentliches Bildnis des Bartol. Colleoni erwähnt
Mackowsky die in seinem Buch reproduzierte Medaille von
Quidizani im Münzkabinett zu Berlin, das jedoch nicht das
einzige Bildnis des wirklichen Colleoni ist, welches wir
besitzen. Im Durchgang zu dem Pittipalast hängt unter
Nr. 508 ein anderes Profilbildnis eines Kriegers in Harnisch
mit hoher roter Mütze. Es trägt die Inschrift BARTO
COLEONUS, und ist wohl eine Kopie nach einem viel
älteren Original. Während das Profil der Medaille (ab-
geb. Mackowsky S. 67) nach links gerichtet ist, sieht der
Gemalte nach rechts. Der Kondottiere ist hier in jüngerem
Alter dargestellt.

Ich möchte noch bemerken, daß in dem Relief an der
Altardossale in San Giovanni einer der Soldaten in seinen
wilden Gesichtszügen eine gewisse äußerliche Ähnlichkeit
mit dem Colleonikopf hat. Mit der Hoheit und Kraft des
Heldenhauptes kann er jedoch nicht verglichen werden.
Die Möglichkeit ist aber auch hier nicht ganz abzuweisen,
daß Leonardo nicht an diesem aus der Werkstatt Verrocchios
hervorgegangenen Werke seine Finger mit im Spiele ge-
habt haben konnte.

II.

Landschaftsstadie von Leonardo zu der
Auferstehung in Berlin.

Unter Nr. 8 p im Rahmen 97 befindet
sich in den Uffizien eine mit der Feder
gezeichnete Landschaftsstudie, zweifels-
ohne von Leonardo. In der Mitte gegen
links ein Fluß, der in die Landschaft
hineingeht, rechts ein schroff aufragender
Felsenblock; links im Vordergruude er-
blickt man dicht am Strome auf einer
Anhöhe ganz deutlich eine kleine Stadt.
Die Zeichnung hat so viel Ähnlichkeit
mit der Landschaft auf dem Berliner
Bild, daß man sie wohl als eine Studie
für dieses Bild betrachten kann. Auch
hier rechts eine steile Wand von stufen-
förmigen Felsen, auch hier ein Strom,
der links in der Landschaft sich verliert,
endlich auch hier eine kleine Stadt auf
einer Anhöhe.
Im Hintergrunde des Gemäldes hat der Meister
statt der niedrigen und mehr fließenden Linien der
Berge in der Nähe von Florenz, wie sie auf der
Zeichnung erscheinen, eine Perspektive von spitzigen
Gipfeln vorgezogen l).

Müller-Walde hat die Zeichnung reproduziert, die
Beziehung zum Gemälde jedoch nicht erkannt2).

Diese Studie, die einzige mir bekannte, welche
eine sichere Beziehung zu dem erwähnten Bilde hat3),
und als Beweis dafür dienen kann, daß das sehr um-

1) Ob nach der Bekanntschaft wirklicher Alpenland-
schaften?

2) Nur bemerkt er, daß die felsigen Teile des Berges
rechts ähnliche Bildungen aufweisen, wie das Aufer-
stehungsbild.

3) Die angebliche Beziehung einer ganz leichten Kopf-
skizze auf einem anderen Blatte in den Uffizien zu dem
hl. Leonardo scheint mir sehr unsicher.

LEONARDO, KOPF EINES GREISES (ANGEKLEBTES BRUCHSTÜCK
UNTEN RECHTS). UFFIZIEN
 
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