Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 18.1907

DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5912#0133

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
247

Denkmalpflege — Ausgrabungen und Funde — Ausstellungen

248

DENKMALPFLEGE

Die Frage des Wiederaufbaues der abgebrannten
St. Michaeliskirche in Hamburg, die in Fachkreisen
einen großen Streit der Meinungen veranlaßt hat, ist auch
in der letzten Sitzung der Vereinigung Berliner Architekten
behandelt worden, in der Baumeister Albert Hof mann mit
Entschiedenheit gegen die sklavische Nachahmung der
alten Form Front machte. Die Vereinigung nahm danach
fast einstimmig eine Entschließung an, daß es nicht er-
wünscht sei, für den Wiederaufbau der Kirche die alte
Form zur Bedingung zu machen, vielmehr müsse dieser
Wiederaufbau unter Benutzung der vorhandenen, in ihren
konstruktiven Eigenschaften unbeschädigten Teile und unter
Wiedergewinnung derjenigen Eigenschaften, welche die
Kirche für den protestantischen Gottesdienst so geeignet
machten, an einen hervorragenden Meister übertragen
werden unter völliger Freiheit der Gestaltung im ganzen
wie im einzelnen. Die neue Kirche würde dann ein
lebendiges Zeugnis unserer Zeit bieten, anstatt der toten
Kopie einer vergangenen Epoche.

Der Palazzetto neben dem Palazzo di Venezia in
Rom, in dem sich die österreichisch-ungarische Botschaft
beim päpstlichen Stuhl befindet, soll demoliert werden,
weil er einer Straßenregulierung im Wege steht. Indes
will man vor seiner Zerstörung durch genaue Lokalauf-
nahmen den derzeitigen Stand des großen historisch-denk-
würdigen und künstlerisch hervorragenden Gebäudekom-
plexes feststellen. Es soll unter Mitwirkung erster Fach-
leute ein Werk herausgegeben werden, in welchem der Pa-
lazzo di Venezia sowohl in seiner Geschichte als auch in
seinem jetzt noch ungeschmälerten Bestand eingehend
behandelt wird. Diesen Gedanken zu verwirklichen, hat sich
in Wien ein Komitee gebildet, dem einige der ersten Ver-
treter des Wiener Adels angehören.

Es scheint, als wenn alljährlich die deutschen Kunstfreunde
durch den Ruf erschreckt werden sollen, daß die Restau-
rierungsarbeiten an der Lorenzkirche in Nürnberg
unterbrochen werden müssen, da der Fonds für die Wieder-
herstellung des Bauwerkes erschöpft ist. Diesmal ist der
Mai für die Einstellung der Arbeiten in Aussicht genommen,
falls nicht bis dahin neue Geldmittel eingegangen sein
sollten. Nun, wir hoffen, daß dieser Schreckruf abermals
einem guten Deus ex machina auf die Beine hilft.

AUSGRABUNGEN UND FUNDE

Archäologische Entdeckungen im östlichen Zen-
tralasien. In der Sitzung der Akademie des inscriptions
et belles-lettres vom 4. Januar, in der der neugewählte
Präsident Solomon Reinach zum erstenmal den Vorsitz
führte, berichtete Senart über neue, sehr interessante Nach-
richten, die von der Mission Pelliot nach Turkestan ein-
getroffen sind. Pelliot, von der ecole francaise d'extreme
Orient, die in Hanoi ihren Sitz hat, hat in den Ruinen von
Toumchouq zwischen Rachgar und Aksu, die früher als
muhamedanisch angesehen wurden, Untersuchungen ange-
stellt und die Ruinen als Reste eines großen buddhistischen
Tempels erkannt, von dem noch zahlreiche graeco-indische
Skulpturen erhalten sind. Auch mehrere Manuskripte, wor-
unter ein sehr kostbares in der indischen Brahmischrift,
wurden gefunden.—Ähnliche, aber viel reichere Entdeckungen
meldet Dr. M. Aurel Stein in einem ausführlichen Briefe
an »The Geographical Journal« aus der Umgebung von
Khotan, wo er die große Stupa von Rayak, Tempel auf dem
Hanguya Tati und eine buddhistische Kapelle bei Domoko
untersucht und zahlreiche Manuskripte in der alten Khotan-
sprache, in chinesischer Sprache und Sanskrit gefunden hat.
Die Städte, die in den Gebieten östlich von Khotan be-

standen, sind alle im 8. Jahrhundert zugrunde gegangen,
die Funde stammen daher aus früherer Zeit. Dr. Stein
war zu Keriya, als er im Oktober seinen Brief absandte.
— Aber am reichsten sind die von Dr. von Lecoq bei
Turf an gemachten Funde: Reliefs, Wandmalereien und eine
Anzahl Manuskripte in zehn verschiedenen Sprachen. Die
Ergebnisse dieser erfolgreichsten Expedition sind in mehr
als 200 Kisten auf dem Wege nach Berlin M,

Ein interessanter Fund ist von H. Roche in einem
belgischen Kloster gemacht worden: ein auferstandener
Christus, den verschiedene Gelehrte dem Rubens zuge-
schrieben haben. Im Jahre 1603 malte der vlämische —
aber, wie man jetzt mit Bestimmtheit annehmen darf, in
Köln a. Rh. geborene — Meister einen Christus, der den
Aposteln erscheint, für den Herzog von Lerma. Die zwölf
Apostel hat man schon längst im Prado wiedergefunden,
dazu tritt jetzt der in Belgien wiederentdeckte, seither
fehlende Christus. Eine Kopie des Christus will man in
einer Tafel im Palazzo Rospigliosi erkennen.

AUSSTELLUNGEN

Leipzig. Bei der Eröffnung der /. graphischen Aus-
stellung des Deutschen Künstlerbundes im Buchgewerbe-
museum wurde der ausgesetzte Villa-Romana-Preis nebst
2000 Mark Käthe Kollwitz zuerkannt. Über die Ausstellung
selbst wird Professor Graul im Märzheft der »Zeitschrift
für bildende Kunst« eingehend berichten.

Berlin. Im Künstlerhaus wird in der Zeit vom
g. März bis 5. April eine schwedische Kunstausstellung statt-
finden, an der sich die besten Vertreter der modernen
schwedischen Malerei beteiligen werden.

Düsseldorf. Die deutsche nationale Kunstausstellung
1907 dürfte einen wirklich bedeutenden Überblick über
das Schaffen der deutschen Kunst bieten. Auch Öster-
reich will sich stark an der Ausstellung beteiligen, zu
welchem Zweck der österreichische Kultusminister eine
staatliche Beihilfe bewilligt hat. Aus München werden
die Kunstgenossenschaft, Sezession, Luitpoldgruppe und
die Scholle vertreten sein. Aus Berlin kommen der Verein
Berliner Künstler und die Sezession. Dresden wird ge-
schlossen auftreten, aus Karlsruhe kommt der Künstler-
bund, der einen eigenen großen Saal belegt hat. Ebenfalls
aus den übrigen deutschen Kunstzentren ist lebhafte Be-
teiligung zugesagt.

Zürich. Im Kunstgemerbemuseum findet augenblick-
lich eine Ausstellung von Werken der Innenkunst nach
Entwürfen van de Veldes und architektonischen Entwürfen
Professor Rittmeyers-Winterthur statt. Außerdem sind in
der Abteilung Graphik Luden Pissarro, Henri Riviere,
farbige französische Radierungen und englische Wandbilder
von Heywood Summer, S. Image und andere vertreten.
Mit keramischen Arbeiten kommen Seidler-Konstanz, Amstel-
hoek und Beyer-Renans zu Worte.

Wien. Die Galerie Miethke hat zurzeit eine Ge-
dächtnisausstellung von Werken Wilhelm Bernatziks ver-
anstaltet, die den Lebensgang des Künstlers umfassend
veranschaulicht. Bernatziks Wertschätzung ist augenschein-
lich stark im Steigen begriffen, denn ein großer Teil der
bei Miethke ausgestellten Werke wurde gleich in den ersten
Tagen verkauft.

Paris. Im kommenden Frühjahr wird im Grand Palais
ein neuer Salon eröffnet werden, in dem ausschließlich
Werke von Offizieren der französischen Armee und Marine
ausgestellt werden sollen. Mehr als 150 Offiziere aller
Waffen haben dem Aufruf des Komitees Folge geleistet.

Kopenhagen. In Winkel & Magnussens Kunsthand-
lung ist (meistens aus ihrem eignen Besitz) eine Ausstellung
von Arbeiten des im Vorjahre verstorbenen dänischen
 
Annotationen