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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 18.1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.5912#0217

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Vermischtes — Anzeigen

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wertung keine irgendwie relativ gearteten Maßstäbe zur
Verwendung gekommen sind. Das Bild »Mutter mit
Kindern« ist schon in kompositioneller und zeichnerischer
Hinsicht von eigenartiger Größe und Vornehmheit der
Prägung; die ganze Art des Aufbaues und der Linien-
führung enthält eine Fülle großer, ja ewiger Gedanken,
die den Gegenstand seines genrehaften, zufälligen
Charakters völlig entkleidet. Der Hauptreiz des Bildes
liegt jedoch in seiner entzückenden Farbenrhythmik und
in der hervorragenden Feinheit der malerischen Be-
handlung. Von dunklem Braun über Orange, Gelb,
Weiß bis Blau und Grün entwickelt sich hier eine
erstaunlich reiche, vornehme Farbenskala, deren einzelne
Töne zu einem delikaten Akkord zusammenklingen, ohne
daß man das Gefühl idealistischer Willkür zu empfinden
brauchte. Die Art des Vortrages wird durch eine hervor-
ragend feine, differenzierte malerische Anschauung be-
stimmt, die an guten impressionistischen Vorbildern ge-
schult zu sein scheint, ohne daß man die Künstlerin irgend
einer bestimmten Richtung zuzuweisen vermöchte. Ihre
Farbe ist mürbe und locker und macht besonders in den
tieferen Schattenpartien eine sehr duftige Wirkung. Frei-
lich hat das Bild auch einige gelegentliche Härten, aber
man ist versucht zu glauben, daß sie die Wirkung des
Ganzen, in der sich eine eigenartige, großgeprägte Herb-
heit mit delikatester Zartheit verbindet, nur verstärken.
Wer eine Sache so sehen konnte, wie hier das blonde,
weißgekleidete Mädchen vor der blaugrauen, lichtflimmern-
den Wand gesehen ist, dem darf man einen etwas leblos
geratenen Arm und noch mehr wohl zugute halten. —
Marie von Brockhusen ist mit einem sehr flotten und far-
bigen Interieur und einem Porzellanstilleben »Der Glas-
schrank« vertreten, Arbeiten, die ganz auf der Höhe ihrer
in der Luitpoldgruppe mehrfach vorgeführten Stilleben
und Blumenstücke stehen. Zwei vortreffliche Aktstudien,
ganz in gelbes, heißes Sonnenlicht getaucht, bringt Ida
Stroever. Matt und kraftlos ist die Art der kürzlich ver-
storbenen Margarete v. Kurowski. Viktoria Zimmermann
ist am besten in ihren sehr brav und tüchtig gemalten
Studienköpfen; ihre größeren Gemälde (»Herberge zur
Heimat«, »Familienporträt«, »Mutter und Kind«), in denen
sie den Reiz der Häßlichkeit zu veranschaulichen sucht,

kommen infolge ihrer harten, trockenen, innerlich verarm-
ten Malerei nicht zu der gewünschten Wirkung. Sehr
wenig ist es auch, was uns Julie Wolfthorn in dem Bildnis
ihres Bruders oder gar in ihrem »Herbstabend« zu sagen
hat. Die Arbeiten von Dora Hitz, besonders das Damen-
bildnis, sind von profunder Härte und Reizlosigkeit. Die
Radierungen von Käthe Kollwitz (Weberaufstand, Bauern-
krieg, Carmagnole, Totes Kind usw.) sind mit all ihren Vor-
zügen und Mängeln bereits zu bekannt, um an dieser Stelle
von neuem gewürdigt zu werden. Abschließend sei bemerkt:
Es ist charakteristisch für diese Ausstellung, daß man ihr mit
allen anderen Vorwürfen eher kommen darf als mit dem
Vorwurf der »Damenmalerei«. Es scheint sogar, daß
manche der Mitglieder eine Art Verdienst darin suchen,
nicht nur dem Süßlichen und Zimperlichen, sondern auch
aller Weichheit und Liebenswürdigkeit geflissentlich aus
dem Wege zu gehen. Manche sind in diesem vielleicht
löblichen Bestreben entschieden übers Ziel hinausgegangen.
Ernste, ehrliche Arbeit macht sich überall bemerkbar.
Jedenfalls hat die Ausstellung das eine Verdienst, der
Öffentlichkeit in Anna v. Amira eine erstrangige künstle-
rische Kraft vorgestellt zu haben, die bei einigermaßen
angemessener Entwickelung zu den schönsten Hoffnungen
berechtigt.

Die deutsche Gesellschaft für Förderung ratio-
neller Malverfahren in München wird zweimal im Monat
öffentliche Diskussionsabende veranstalten, um-die zwang-
lose Teilnahme aller, die es angeht, für die Pflege der Mal-
technik zu gewinnen. Der erste derartige Abend, den
Professor Marr leitete, nahm einen sehr angeregten Verlauf.

VERMISCHTES

Am 28. April waren es hundert Jahre, daß Philipp
Hackert, dessen Andenken Goethe durch seinen biogra-
phischen Aufsatz verewigt hat, in Florenz gestorben ist.

Des Achilleion auf Corfu ist in den Besitz des deut-
schen Kaisers übergegangen. Unsere Leser werden sich
erinnern, daß wir vor einer längeren Reihe von Jahren in
der »Zeitschrift für bildende Kunst« dieser eigentümlichen
Schöpfung der verstorbenen österreichischen Kaiserin einen
ausführlichen Aufsatz gewidmet hatten.

Mai—Juni 1907

Sonder-A us Stellung

Ferdinand von Rayski 1806^1890
Karl Buchholz 1849 1889

in den neuen grossen Räumen der

Galerie Ernst Rrnold

DRESDEN, Schloss-Strasse 34

Katalog von Siegismund und H. Rosenhagen

Verlag E. A. Seemann, Leipzig

Soeben erschien:

Leichenverbrennung
u. Leichenbestattung
im Alten Hellas

nebst den verschiedenen
Formen der Gräber

von

Joseph Zehetmaier

(Beiträge zur Kunstgeschichte.
Neue Folge XXXV)

200 Seiten

M. 5.—

Inhalt: Zu der zeitgenössischen Notiz über Dürer. Von Gustav Wustmann. — Eine deutsche Kopie vom Jahre 1518 nach Michelangelos Pielä. Von Ernst
Heidrich. — Noch zu Simon Marinion. Von A. Bredius. — Der Salon des Champ de Mars. Von Karl Eugen Schmidt. — Kar! Alfred Lanz f.
— Ausgrabungen auf dem Palatin; Ein römisches Landhaus. — Ausstellungen in Graz und Brüssel. — Kunstsammlungen des bayerischen
Staates. — Verbindung bildender Künstlerinnen; Deutsche Gesellschaft für Förderung rationeller Malverfahren. —Vermischtes. — Anzeigen.

Herausgeber und verantwortliche Redaktion: E. A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13
Druck von Ernst Hedrich Nachf. g. m. b. h. Leipzig
 
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