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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 18.1907

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Doering, Oskar: Von der Jubiläums-Ausstellung zu Mannheim
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https://doi.org/10.11588/diglit.5912#0219

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Von der Jubiläums-Ausstellung zu Mannheim

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Ich habe über diese Punkte etwas ausführlicher ge-
sprochen, weil sie an dieser Ausstellung das wesent-
liche Neue sind. Im übrigen sehe ich es als ein Ver-
dienst an, daß nicht lauter Neues auf uns eindringt.
Was die Mannheimer Kunstausstellung bietet, haben
wir zum großen Teile schon an anderen Orten be-
wundern dürfen. Hier sehen wir eine Ausstellung
großer Kunstwerke, die um ihrer selbst willen da zu
sein scheint, keinen Markt. Eine Ausstellung, die aus
einer Auffassung, aus einem Willen hervorgegangen
ist. Denn Professor Ludwig Dill, der ehemalige
Dachauer, jetzige Karlsruher Meister, ist der gewesen,
dessen Urteil die Gestaltung des Ganzen überlassen
war. Keine Kommission, keine Jury neben ihm.
Nur für die badischen Künstler gab es eine solche.
So konnte gerade diese Ausstellung zustande kommen
mit ihren Schönheiten — ihren Einseitigkeiten! Nur
so ein Versuch unternommen werden, vom ganzen,
was moderne Kunst zu bieten vermag, eine Skizze
zu geben. Und doch sagt man sich, daß wichtigste
Linien in ihr fehlen. In Mannheims Ausstellung gibt
es keinen Segantini, keinen Corinth, keinen Klinger,
und so fehlen noch sehr viele andere allererste Mei-
ster. Neben allen ihren Vorzügen weist die Aus-
stellung Lücken auf, die nicht übersehen werden
dürfen.

Den Katalog der Kunstausstellung zu rühmen
liegt kein Anlaß vor. Er enthält eine recht reich-
liche Menge von Versehen, vieles ist ausgelassen,
und es wäre füglich zu wünschen, daß das übereilt
hergestellte Opus recht bald durch eine sorgfältige
neue Auflage ersetzt würde. Mit diesem Katalog in
den ersten Tagen die Ausstellung durchzuprüfen, als
in ihr noch kein einziges Kunstwerk eine Nummer
erhalten hatte — es war kein einfaches Stück Arbeit.
Einfach war die Sache nur mit den Erzeugnissen der
graphischen Künste — nämlich weil von diesen fast
noch nichts ausgestellt war. Sie warten auf einen
der bisher unvollendeten Räume.

Der Mangel wird sich ja hoffentlich bald be-
seitigen lassen, ist aber vorerst recht fühlbar. Nur
ein paar Stücke von dem Londoner Frank Brangwyn
und sehr wenige andere sind bis jetzt zu sehen.
Erstere zeigen die mächtige Auffassung und glän-
zende Technik des großen Radierers, so namentlich
der »Sturm«, der »Abbruch des Hannibal«, das
»Schleppseil«. Der Katalog verzeichnet weiter eine
Reihe von Werken /. M. Neil Whistlers, Radierungen
des Brüsselers Albert Baertsoen und des Londoners
Joseph Pennell. Unter den deutschen sind einige,
aber nach meiner Ansicht allzu wenige Namen von
Ruf, so Fritz Boehle-Frankfurt a. M., Cäcilie Graff-
Pfaff aus München, Georg Lebrecht aus Stuttgart und
von den Dachauern Olaf Lange und Alexander Lieb-
mann. Nicht recht zu erklären weiß ich das Fehlen
der Karlsruher Kunsteindrücke, die doch für jene
Schule gerade von so charakteristischer Bedeutung sind.

Von den Werken der Bildhauerkunst ist eine An-
zahl dazu verwandt worden, als Schmuck der Garten-
bauausstellung zu dienen. Einige davon, wie der
gewaltige Nimrod von Ebbinghaus, begrüßt der, wel-

cher im vergangenen Jahre beim Münchener deut-
schen Bundesschießen die Ausschmückung des Odeons-
platzes und der Ludwigstraße bewundern durfte, hier
als alte Bekannte wieder. Sehr schön, etwas streng
ist der von Professor Billing vor seiner Kunsthalle
aufgestellte Brunnen. Ein paar mächtige Kentauren-
gruppen von Professor Karl Hilgers-Berlln schmücken
die Anlagen auf dem Rondell des Friedrichsplatzes.
Ein reizender Zierbrunnen, »Blütenbestäubung« ge-
nannt, von Emil Stadelhofer-Rom ist in farbigem
Marmor und Gußbronze ausgeführt. Eine prächtige
Leistung ist auch der Brunnen mit Bronzefigur
»WeiPs mich freut«, vom Bildhauer Paul Jukoff in
Schkopau bei Merseburg.

Unter den Skulpturen, die die Kunsthalle be-
herbergt, überwiegt das Porträt und das Kleinwerk.
Ein paar Sondergruppen sind zu bemerken. Der
Münchener Knut Ackerberg hat mehrere Steinreliefs
und Bronzen ausgestellt; unter letzteren erwähne ich
einen sehr anmutigen Hirtenknaben. Fritz Behn-
München bringt Porträts, Tierstudien und Plaketten,
Cipri Adolf Bermann-München eine Kollektion, aus
der ich den schönen Akt »Erwachen zum V^eibe«,
eine Halbfigur Christi in Holz, und eine Büste Len-
bachs herausgreife. Friedolin Dietsche interessiert
durch lebensvolle Bildnisse. Eine Anzahl wertvoller
Tierfiguren lieferte August Gaul- Berlin. Eine be-
deutende Zahl von Werken stammt von Hermann
Hahn-München. Wir finden dabei antikisierende
Reliefs, Porträts, Brunnenfiguren, Tiere. Erwähnung
verdienen die Bildnisse von A. von Hildebrand-
München, A. Kraus -Grunewald, A. Lange -Dresden.
Von H. Volz-Karlsruhe ist eine herrliche anbetende
weibliche Figur in Bronze ausgestellt, eine bronzene
Thomabüste, eine kleine herbschöne Gruppe »Judas
und die Furie«; von Tuaillon das Reiterbild Kaiser
Friedrichs; von E. Wenk - Grunewald eine ernste
schöne Gruppe »Zwei Menschen«. Bei den Aus-
wärtigen sind unter anderen E. Bourdelle, B. Hoetger,
A. Marque, A. Oppler, P. Troubetzkoy, V. Valgren
vertreten.

Aus der Fülle ausgezeichneter Malwerke einzelne
hervorzuheben ist äußerst schwierig. München über-
wiegt weitaus, wie es auch bei der Skulptur der Fall
ist. Voran ist Lenbach zu nennen mit fünf Porträts,
darunter einem mir bisher nicht bekannten Bildnisse
Possarts als Richard III. Fritz Baer zeigt mehrere
seiner prachtvoll gestimmten Landschaften, worunter
»die Seeköpfe in Farwall« durch kühne Behandlung
der Lüfte besonders ausgezeichnet ist. Hans von
Bartels sandte die »Frau des Muschelfischers«, Cairati
eine Reihe geistreicher Landschaften, von denen »der
schwarze Ritter« besonders tiefstimmig ist. Sehr reich-
lich bedacht ist Schmoll von Eisenwerth. Defregger
ist nicht vergessen, er lieferte drei Stücke, einen
»Krückenmann«, eine »Witwe« und eine »Blondine«.
H. Eichfeld, R. Kaiser, R. Pietzsch glänzen durch
großzügige Landschaften; letzterer hat die seine von
der Küste von Livorno geholt. Von der Scholle
finden wir die beiden Erler, Ad. Münzer (weiblicher
Akt), Püttner, Putz (mit . einer Anzahl vorzüglicher
 
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