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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 18.1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.5912#0278

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Nekrologe — Personalien — Denkmäler — Ausstellungen — Sammlungen

538

NEKROLOGE

Die Kunstwissenschaft hat den Verlust eines ange-
sehenen Vertreters der älteren Generation zu beklagen.
Am 13. August starb, nahezu 70 Jahre alt, der Geheime
Hofrat Dr. Hermann Lücke, Professor der Kunst-
geschichte an der technischen Hochschule in Dresden.
Ebendort war Lücke am 27. August 1837 geboren. Seine
öffentliche Laufbahn begann 1874, wo er als Nachfolger
von Max Jordan zum Direktor des Leipziger Museunis
berufen wurde. Hier wirkte er bis 1886, dozierte dann
kurze Zeit an der Düsseldorfer Kunstakademie, bis er 1888
den Dresdener Lehrstuhl einnahm; in dieser Stellung hat
er also fast zwanzig gewirkt. — In den älteren Jahrgängen
der »Zeitschrift für bildende Kunst« tritt Hermann Lücke
als häufiger und wichtiger Mitarbeiter auf. Auch an
Dohmes bekanntem Sammelwerk »Kunst und Künstler«
war er stark beteiligt.

Der Illustrator Josef Engl, als witzig derber Zeichner
des »Simplizissimus« allbekannt, ist am 25. August in
München gestorben.

Der Münchener Landschaftsmaler Albert von Bauer
ist in Unteraminergau im Alter von 56 Jahren unerwartet
verschieden. Er ist als ausübender Künstler weniger hervor-
getreten wie in seiner Eigenschaft als Präsident der
Münchener Künstlergenossenschaft und der Allgemeinen
Deutschen Kunstgenossenschaft, welches Ehrenamt er
gegenwärtig bekleidete.

PERSONALIEN

Zum Nachfolger Otto Benndorfs an der Wiener Uni-
versität ist Professor Dr. Emil Reisch ernannt worden;
die von dem Verstorbenen innegehabte Stellung des
Direktors des österreichischen archäologischen Institutes
hat Hofrat von Schneider übernommen.

DENKMÄLER

Ein künstlerisch bedeutsames Grabdenkmal, dem

im vorigen Jahre in Leipzig verstorbenen trefflichen Bariton
und Wagnersänger Otto Schelper von dankbaren Verehrern
gewidmet und von dem Leipziger Bildhauer Dr. Max Lange
ausgeführt, wurde kürzlich auf dem Leipziger Südfriedhofe
in aller Stille aufgestellt. Ist schon die Tatsache bemerkens-
wert, daß ein großstädtisches Publikum seinem Lieblings-
sänger die Treue und Verehrung über den Tod hinaus
bewahrt, so inteiessiert hier noch besonders die feine,
harmonische und echt künstlerische Lösung der Denkmals-
aufgabe. Wer die moderne Giabplastik unserer Groß-
städte kritisch mustert, weiß zur Genüge, welch unbegreif-
licher Tiefstand der Arbeiten da herrscht, und zwar nicht
etwa nur bei den billigen Ausführungen, sondern eher
wachsend mit den aufgewandten Mitteln.

Daher verdiente jedes tiefempfundene und stimmungs-
volle, echte Kunstwerk der Art weiten Kreisen bekannt
gegeben zu werden. Das Schelper-Grabmal ist eine trapez-
förmige, über drei Meter hohe Frontalanlage aus Kalkstein,
unmittelbar an einem Wege frei stehend, aber an der
Rückseite unzugänglich. In der Idee ist es eine wuchtige
tektonische Umrahmung für den Mittelpunkt des Ganzen,
das bronzene ReliefDild des Verstorbenen. Der Künstler
läßt die charakteristischen Züge des fast weiblich weichen,
ziemlich unregelmäßigen Antlitzes in Dreiviertelansicht in
flachem Relief vom Grunde sich abheben, während die
Linien des Halses unmerklich im Grunde verlaufen, wo-
durch eine feine visionäre Wirkung des Porträts erzielt ist.
Die Relieftafel sitzt in einer trapezförmigen, aus dem Grunde
der Steinwand sich erhebenden Steinplatte, auf die sich
zwei lebensgroße weibliche Relieffiguren in trauernd-ernster

Geste stützen. Besonders reizvoll und technisch interessant
ist an diesen Figuren das schräge nach außen im Grunde
verlaufende Relief. Die Figuren sind offenbar nicht Selbst-
zweck, wie aus ihrer Gebundenheit mit dem Steingefüge
und der Formenvereinfachung hervorgeht, sondern figür-
liche Flächendekorationen und Stimmungsträger. Bei aller
Einfachheit des Motivs ist an ihnen in Anordnung und
Linienführung der Glieder und Falten auf dieselbe ernste,
stille, schon in der tektonischen Umrahmung erstrebte
Stimmung hingearbeitet. Eine wuchtige, in Hohlkehle
unterschnittene Deckplatte schließt schattend und schützend
das Denkmal nach oben ab, während unten einfache recht-
eckige Steinbalken die Grabstätte umfassen. Die Anlauf-
stellen dieser wagrechten Linien gegen die horizontale
Fläche der Denkmalswand hat der Künstler sehr originell
durch ein paar riesige und prächtig gearbeitete Masken,
die wohl als Sinnbilder der Tragödie und Komödie zu
denken sind, vermittelt. Sonst würde man Symbole und
dergleichen vergeblich suchen; das Grabmal wirkt allein
durch seine innere Harmonie, wie sie nur ein echter Künstler
zu schaffen vermag, wenn er sich ganz in seine Aufgabe
versenkt. F. Becker.

In Görlitz soll dem Lustspieldichter Gustav von
Moser im nächsten Jahre ein Denkmal errichtet werden,
dessen Ausführung Harro Magnussen übertragen wurde.

AUSSTELLUNGEN

Die Kunsthandlung Keller & Reiner in Berlin be-
reitet eine Berliner Porträtausstellung vor.

SAMMLUNGEN

Über den Verkauf der Galerie Six erfährt man
weiter, daß die Angelegenheit schon perfekt sein soll,
dergestalt, daß die ganze Galerie in den Besitz der hol-
ländischen Regierung für 750000 fl. übergeht, wovon
200000 fl. vom Verein Rembrandt, 550000 fl. aus Staats-
mitteln aufgebracht werden sollen. Die Sammlung würde
dann dem Rijksmuseum einverleibt werden. Ganz offen
scheinen sich die Beteiligten über diese Abmachungen
noch nicht zu äußern, denn es wird von anderer Seite
auch gesagt, daß die Sixschen Familienporträts nicht mit
verkauft worden wären.

Köln. Die Gläsersammlung des Wallraf-Richartz-
Museums ist in diesen Wochen um ihr bedeutendstes Stück
bereichert worden, zugleich das bedeutendste Stück der
ganzen römischen Sammlung. Es ist ein in einem Stein-
sarkophag in der westlichen Umgebung der Stadt gefun-
denes altchristliches Glas mit einem biblischen Bilderkreis:
Noah, Moses, Daniel, Jonas. Die Darstellungen sind auf
der tiefblauen Schale jetzt nur noch in schwacher Mattierung
vorhanden, während die Malerei verschwunden ist. Der
Einklang der Form und technischen Eigentümlichkeiten auf
die spezifisch kölnisch-römische Glasfabrikation ist augen-
fällig. Ein hervorragend feiner Geschmack für Flach-
dekoration wiegt die für die Spätantike charakteristischen
Mängel des Figürlichen reichlich auf. Analoge Stücke be-
sitzen auch der Vatikan und das britische Museum nicht.

St. Petersburg. Dem Bericht des Russischen Museums
Kaiser Alexander III. für 1906 entnehmen wir folgende
Daten. An der Spitze des Museums steht bekannt-
lich S. K. H. der Großfürst Georg Michailowitsch; sein
Adlatus ist Graf Dmitri Iwanowitsch Tolstoi, als Kon-
servatoren der Kunstsektion fungieren P. A. Brüllow und
K. W. Lemoch. Die Frequenz des Museums betrug an
307 Tagen 165436 Personen; im Laufe des Berichtsjahres
wurden von 557 Personen 1906 Kopien nach 269 Gemälden,
die 132 Meistern gehören, gemalt. Am meisten wurde
Endogürows Frühlingsanfang kopiert (44 mal). Eine tabel-
 
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