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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 4./​5.1922/​23

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1. Novemberheft
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Schnorr von Carolsfeld, Ludwig: Eine unbekannte Plauer Steinzeugvase
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https://doi.org/10.11588/diglit.20303#0118

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die Reliefs in den Feldern der achteckigen Vasen ge-
schaffen hat. Seine Begabung kommt hier recht eigent-
lich zur Geltung, da keine Teilung des Gefäßkörpers die
Entfaltung seiner Phantasie beengte. Die Sicherheit in
der Beherrschung des kindlichen Körpers, die schwung-
volle Bewegtheit der von bacchantischem Taumel er-
faßten Leiber, die Geschlossenheit der Komposition sind
erstaunlich. Wie achtunggebietend die freiplastischen
Arbeiten dieses Künstlers gewesen sind, beweist die
Figur des hockenden buckligen Gnomen mit Fiasko auf
dem Deckel der achteckigen Vase im Berliner Schloß-
museum. Man kann sich danach eine Vorstellung ma-
chen, wie die bei Sybel unter Nr. 6 genannten, glanzlos
versilberten, 7 und 10 Zoll hohen Steinzeugfiguren, ein
Narr und ein Prometheus, ausgesehen haben. Es müßte
möglich sein, diese beiden verschollenen Figuren zu
identifizieren, wenn sie durch einen Zufall wieder zum
Vorschein kommen sollten.

So gut wir über die Plauer Steinzeugfabrikate un-
terrichtet sind, so wenig kennen wir bis jetzt auch nur
ein einziges Fayencestück aus dieser Manufaktur. Und
doch geht aus den Schriften von Bekmann und Sybel
deutlich genug hervor, daß in der Plauer Fabrik neben
dem rotbraunen Steinzeug auch Fayence in Delfter Art
hergestellt wurde. Bekmann schreibt (a. a. 0. S. 891),
nach der Auflassung der Plauer Fabrik sei ,,das übrige
samt einer ansehnlichen Menge von weißen unächten
holländischen mit allerhand Farben bemahlten Porzel-

lan an aufsätzen, pajoden etc. bei der hochadeligen Fa-
milie geblieben“. Unter „holländischem Porzellan“ ist
nichts anderes als Fayence in der Art von Delft zu ver-
stehen. Sybel besaß, wie erwähnt, „Proben von grüner
(d. h. wohl tiirkisfarbig glasierter) und weißer Fayence,
die letztere mit blau verziert“. Die Pro-venienz dieser
Fayence war offenbar ebenso emwandfrei wie die der
Fabrikate aus Steinzeug, über deren Herkunft ja kein
Zweifel mehr besteht. In den 20 er Jahren wurde die
Fayencefabrikation in Plaue anscheinend mehr gepflegt
als vorher. 1724 soll der vielgewanderte Johann Caspar
Ripp von der Zerbster Fayencefabrik nach Plaue ge-
kommen sein. Ripp, ein geborener Hanauer, hatte nach
seiner Lehrzeit in Delft fünf Jahre in der Frankfurter
Fayencefabrik gearbeitet, war dann nach kurzem
Aufenthalt in Hanau, Ansbach, Nürnberg und Hanau in
die neugegründete Zerbster Fabrik eingetreten, die er
1724 verließ, um nach Plaue zu gehen. Dort ist er aber
wohl nur kurze Zeit geblieben. Er starb 1726 in Hanau
oder Frankfurt. Es wäre sehr merkwürdig, wenn sich
von den Plauer Fayencen nicht ein einziges Stück er-
halten haben sollte. Einstweilen fehlt der Forschung
jede Möglichkeit, an irgend einem Punkt einzusetzen.
In der Ausstellung märkischer Fayencen, die zur Zeit
im Berliner Schloßmuseum gezeigt wird, fällt daher die
Plauer Manufaktur als Fayencefabrik völlig aus. Die
Geschichte der märkischen Fayencefabriken bleibt aber
iückenhaft, solange es nicht gelungen ist, diese Frage
im positiven oder negativen Sinne zu entscheiden.

Plauer Vase aus rotem Steinzeug
mit mattem Relief auf poliertem
Grund. Höhe 108 cm

Besitzer: Edgar Worch in Fa.
Ludwig Glenk, Berlin

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