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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 4./​5.1922/​23

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1. Januarheft
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Naturforschung und Kunst: Epilog zur Berliner Ausstellung in Leipzig dargeboten von der Dokumentensammlung Darmstaedter der Preußischen Staatsbibliothek
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https://doi.org/10.11588/diglit.20303#0234

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Abb. 1. Otto Kleinschmidt, Oken-Plakettfc

gegen, und ersterer fand bei Eröffnung der Ausstellung
die wärmsten Worte für die ßedeutung der Geschichte
der Naturwissenschaften als einigendes Band zwischen
Geistes- und Naturwissenschaften, als wichtigen Teil
der Kulturgeschichte und der akademischen Lehre und
Forschung.

Der Ausstellung selbst war der äußere Eahmen ge-
geben durch die beiden vorausgeheuden Gruppen Leip-
zig und Dresden (letztere von Dr. Zaunick trefflich zu-
sammengestellt), sowie durch zusammenfassende Dar-
stellungen der übrigen Versammlungen. Die Leitung
der Ausstellung überließ der Berliner Gruppe zwei im
Mittelpunkt der Veranstaltung gelegene Räume, in wel-
che Dr. Schuster unter Mithilfe von Dr. Schulze alles
auf die beiden Berliner Versammlungen Bezügliche
einstellte.

Als Leitrnotiv schwebte vor, für die Berliner Ver-
sammlung 1828 Oken’s und A. v. Flumboldt’s Bestreben,
in der Natur das Gesetziiche aufzufinden, auf dem natur-
philosophischen, ästhetischen und naturhistorischen
Zeithintergrunde zu lebendigster Wirkung zu bringen,
und zu zeigen, wie die Berliner Versammlung 1886 auf
den Sehultern ihrer Vorgängerin steiit, wenn schon ihre
Erscheinungsform seit der Entdeckung des Gesetzes
von der Eehaltung der Kraft durch Robert Mayer und
seit dem Siege der Entwicklungslehre durch Charles
Darwin eine andere Ausprägung erfahren hatte: die
mechanische Auffassung der Natur stellte aucli in der
schönen Form mechanische Schönheit über Alles. Ver-
hallt war Oken’s Stimme, der in seiner Naturphilosophie
sagt: „Wer die Natur maschinenmäßig naclunalt, ist ein
Pfuscher; er ist ideenlos, und ahmt niclit besser nach
als ein Vogel den Gesang oder der Affe die Gebärden“.

Oken’s tannenbekränztes Bildnis, das ein direkter
Nachkomme, Major I3. Reuß, dargeliehen liatte, erfreute
jeden Besucher: das feurige Auge, das aus dem
schwarzgelockten, energischen Antlitz strahlt, verrät

auch äußerlich den Romantiker, der in der Reihe der
historischen Vorträge an erster Stelle gefeiert wurde.2)
Von der Mittelwand grtißte A. v. Humboldt, gemalt 1805
von der Meisterhand seines Pariser Freundes Gerard
(Abbildung 2). Dieses Bild verdankte die Ausstellung
dem besonderen Entgegenkommen des Geheimrats von
Heinz auf Schloß Tegel. „Vous savez“, hatte A. v.
Huinboldt 1807 an Gerard geschrieben, „que la recon-
naissance que vous m’avez inspiree est proportionnee
ä cet enthousiasme, avec lequel on doit embrasser tout
ce qui est beau, grand et simple ä la fois.“

In der Geschichte der Deutschen Naturforscher-
und Ärzte-Versammlungen glänzt stets in erster Reihe
A. v. Hnmboldt’s Name. Die Zurückhaltung, mit der
namhafte Naturforscher der ersten Versammlung be-
gegneten, war sehr bald gewichen. Sclion der Gründer-
Versammlung zu Leipzig hatte ein preußischer Geheim-
rat aus dem Kultusministerium, der Mediziner Joh.
Ludwig Samuel Formey beigewolmt, und er hatte das
Statut der Gesellschaft mitentworfen. Die zweite Ver-
samrnlung hatte auf preußischem Boden zu Halle statt-
gefunden und einen höchst befriedigenden Verlauf ge-
noinmen. Und am 26. August 1827 berichtete der Zoo-
loge Lichtenstein (dessen Ölporträt das Zoologische
Museum herlieh) von der Münchener Versammlung aus
an den Minister Altenstein, daß „die Zusammenkünfte
in den letzten Jahren eine Gestait angenommen, die
ilinen eine nicht unbedeutende Achtung gewinnen und
ihnen Einfluß auf die Behandlung der naturhistorischen
Studien verschaffen muß.“ Inzwischen liatte auch der
Graf Kaspar Maria v. Sternberg (Abbildung 3), der

2) Julius Schuster, Oken, Der Mann und sein Werk, Berlin
(W. Junk) 1922.

Abb. 2. Frangois Gerard, Alexander v. Humboldt
Nach dem bisher unveröffentlichten Original auf Schloß Tegel

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