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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 4./​5.1922/​23

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2. Januarheft
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Sauerlandt, Max: Catalonische Minnekästchen
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https://doi.org/10.11588/diglit.20303#0262

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wie das Vorkommen mehrerer mit den gleichen Relief-
platten belegter Stücke beweist, im XIV. und im begin-
nenden XV. Jahrhundert in großer Zahl, vermutlich
schon damals zu Ausfuhrzwecken beinahe fabrikmäßig
hergestellt worden sein. Darauf weist auch die Flauheit
der Reliefformen aller mir bekannt gewordenen Kästen-
beschläge hin, die die Vermutung aufkommen läßt, daß
die Stanzen für die Zierbleche nicht — nach Theophilus

Die einfachste und zugleich am häufigsten erhaltene
Form umfaßt drei je zweifigurige Darstellungen aus
dem ritterlichen Minneleben: unter flachen Dreipaß-
bogen mit Blättern oder Vögeln in den Bogenzwickeln,3)
Streuzweigen, einer wachsenden Blume und Sternroset-
ten im Raum des Bildfeldes erscheint zwischen seit-
wärts zusammengeschobenen Vorhängen jedesmal
rechts knieend der Ritter, dem die links stehende Dame

Abb. 1

Anweisung — in Eisen, sondern vielleicht in Hartholz
geschnitten worden sind.

Die catalonische Herkunft dieser metallbeschlage-
nen „Minnekästchen“ ergiebt sich nach Gudiols Fest-
stellung mit Sicherheit aus der dialektischen Färbung
der Inschriftstreifen, sie wird außerdem durch die Beob-
achtung gestützt, daß die Mehrzahl der erhaltenen

im rechten Bildfeld den Helm, un linken einen Kranz
reicht, während sie im mittleren Felde mit gespanntem
Bogen auf seine Brust zielt. Die drei Szenen unterläuft
die Inschrift AMÜR : SIVS : PLAV in gleicher Typen-
form wie bei dem Kasten des Hamburgischen Museums,
jedoch nicht auf glattem, sondern auf dicht gebuckeltem
Grunde. Zu den Gudiol bekannten fünf Exemplaren im

Abb. 2

Stücke sich nocli heute in Catalonien, der nordöstlichen
Randprovinz Spaniens befindet, und zwar niclit nur in
den Museen von Barcelona, Vicli und Gerona, sondern
auch in altem kirchlichem Besitz.

Die Anzahl der Typen ist nicht eben groß. Vier mit
figiirlichen Darstellungen und zwei mit rein ornamen-
taler Flächenverzierung scheinen den ganzen, heute
noch nachweisbaren Bestand zu bilden, die ersteren,
die in größerer Zahl erhalten sind, wirken stilistisch
älter, als die letzteren, doch werden die figiirlichen
Reliefs gewiß neben den rein ornamentalen auch noch
bis in das XV. Jahrhundert hinein gearbeitet sein.

bischöflichen Museum in Vich, in der Kirche de Musset
en el Rosellön, im Besitz von Don Francesco Merce y
Morant, von Franc. Miquel y Badia in Barcelona und
von Prof. Dr. Apfelstedt, letzterer als Leihgabe im
Landesmuseurn der Provinz Westfalen i. Münster i. W.
ausgestellt (Abb. 2), kommen noch drei weitere Bei-

3) Das von Gudiol auf S. 14 unten abgebildete, sonst wohl
erhaltene Beispiel aus dem bischöflichen Museum in Vich, hat einen
in der Form abweichenden rundgewölbten Deckel, ähnlich wie der
Kasten des Victoria und Albert-Museums in London — s. Anm. 1.
Der Bildstreifen ist oben in Höhe der Vorhangstange abgeschnitten,
so daß die Dreipaßbögen fehlen.

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