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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 4./​5.1922/​23

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2. Januarheft
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Sauerlandt, Max: Catalonische Minnekästchen
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https://doi.org/10.11588/diglit.20303#0264

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ßildfeldern, wird von Gudiol nach dem Stiick im Mu-
seum in Barcelona abgebildet. Genau die gleichen
Szenen finden sich aber — wie bereits oben erwährit
als Deckclbelag auf den Kästen des Museums in Sig-
maringen und im Germanischen Nationalmuseum in
Nürnberg (Abb. 4). Letzteres ist noch besonders be-
merkenswert durch die alte, aber zienrlich riicksichts-
lose Aufheftung von zwölf vierpaßförmigen vergoldeten
Kupferplättchen mit zwei, je sechsmal wiederholten
Wappen in blauenr und rotem Grubenschmelz. Dieser
zehnfeldrige Typus weicht von den ersten beiden Typen
darin ab, daß liier der Bildstreifen, statt des Inschrift-
bandes unten, oben und unten von der gleichen orna-
mentalen Borte in Gestalt ineinander gesteckter zwei-
blättriger Blüten begleitet wird.

Die zehn in symmetrischer Beziehung auf die Mitte
komponierten Darstellungen dieses Bildstreifens stehen
offenbar nur in lockerem Zusammenhang. Die beiden
Mittelquadrate zeigen den mit dem Falken auf der Faust
knieenden Ritter vor seiner einen Blumenzweig halten-
den Dade; reclits schließen sich das ledige Pferd des
Reiters, zwei Drachentiere und ein Hirsch, links
— hinter der Damc — zwei einander mit Pfeil und
Bogen bekämpfende Kentauren und zwei einander zu-
gewandte Drachen an. Der von dünnen Ranken be-
lebte Grund der Bildfelder ist mit dichtgestellten Rund-
buckeln ähnlich wie der Schriftstreifen des zweiten
Typus gefüllt.

Von den zwei rein ornamentalen Modellen, zeigt
das eine, eine in schönen Rundungen laufende Ranke mit
Dreiblättern und Dreifrüchten. Das von Gudiol abge-
bildete Beispiel, das sich im Jahre 1908 auf der Ausstel-
lung F1 Rat-Penat in Valencia befand und alter Tradi-
tion nach von Papst Alexander VI. der Kirche von
Jätiva südlich Valencia geschenkt worden ist, findct ein
Gegenstück in einem leider wieder des charakteristi-
schen kupfernen Bügelgriffs entbehrenden Kasten, der
sich früher bei Prof. Apfelstedt in Münster i. W. befand
(Abb. 5), dessen gegenwärtiger Aufbewahrungsort aber
nicht mehr festzustellen ist.

Das zweite ornamentale Muster mit geometi ischcu
Knotenwerkstreifen, verwandt den eingepreßten Band-
ornamenten spanischer Azulejos, das in diesem Verzie-
rungsmuster noch einmal den spanischen Ursprung der
ganzen Gruppe bestätigt, scheint bisher nur in dem
einen von Gudiol a. a. 0. auf S. 43 abgebildeten Käst-
chen der Kathedrale von Gerona bekannt zu sein.

Gewiß hat C.udiol mit seiner Vermutung reclit, daß
es sicli bei dieser ganzen Gruppe um Arbeiten handelt,
die in größerer Zahl als Hrsatz für Arbeiten iu getriebe-
nein oder gestanztem Edelmetall hergestellt sind. In
diesem Zusammenhang muß auf das Kästchen gleicher
Form im Museum Czartoryski in Krakau hingewiesen
werden. Hier sind auf den Außenflächen des Kastens
und des Deckels in Model geschlagene S i 1 b e r blech-
streifen mittelst aufgenagelter Silberblechschienen mit
gravierten noch romanisch anmutenden Blattranken
und Dreiband-Flachstreifen auf gepunztem Grund be-
festigt. LTe hochrechteckigen symmetrisch komponier-
ten, durcli senkrechte Flechtbandstreifen eingefaßten
fünf Bildfelder zeigen auf der Vorderseite des Kastens
in der Mitte einen orientalisch stilisierten links gewand-
ten Pfau, ihm zugewandt links einen stehenden Hirsch,
rechts eine Hirschkuh vor Blattbäumen und zu äußerst
links und rechts Menschenvögel mit einwärts gedrehten
männlichen Köpfen, auf dem Deckel in der Mitte einen
nach rechts gewandt sitzenden Greiferi, ihm zugewandt
stehende Löwen (?) und — in die Dreieckform der
Deckelschrägen hineinkomponiert, wieder einwärts ge-
wandt, liegende Phantasietiere.

Der Kasten ist iin Jahrgang 1913 von Hirth’s For-
menschatz auf Tfl. 13 veröffentlicht und zwar als „by-
zantinische Arbeit des X. Jahrhunderts unter vorder-
asiatischem Einfluß“. Diese Bestimmung scheint mir
der Nachprüfung zu bedürfen; vielleicht handelt es sich
auch in diesem Falle um eine spanische Arbeit, was
stilistiseh durchaus möglich und im Hinblick auf die hier
behandelte Gruppe catalonischer Arbeiten sogar wahr-
scheinlich erscheint.

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